Kapitel 6: Rückfall

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Als er verschwand,lief ich ins Badezimmer. Ich sah in den Spiegel. Mein Make-up war durch all die Tränen verwischt. Ich sah so fertig aus und so fühlte ich mich auch.

Ich fühle mich wie eine Schlampe. Wie ein elendes Dreckstück. Ich muss meinen Körper reinigen. Und das kann ich nur mit Blut tun. So wie früher...

Vor ein paar Jahren habe ich mich regelmäßig selbst verletzt. Mit allen möglichen Utensilien,aber am häufigsten mit Rasierklingen,da diese am schärfsten waren. Dadurch sind nun meine beiden Oberschenkel vernarbt. An den Armen sieht man keine Rückstände mehr. Nur durch Ann's Hilfe bin ich davon so gut wie weggekommen.

Im Badezimmerschränkchen befanden sich Einwegrasierer. Einen davon baute ich auseinander. Beide Klingen vielen ins Waschbecken und ich nahm eine von ihnen. Zwei Stimmen meldeten sich in meinem Kopf.

Tu es. Es wird dir helfen,so wie damals. Dir ging es doch danach immer viel besser und siehst du,an den Armen sind nicht einmal Narben entstanden. Also,warum solltest du es dann nicht tun?

Nein! Tu es nicht! Du willst doch nicht in die Klinik gehen mit frischen Schnitten! Was soll Dr. Sproots denn von dir denken?! Lass es sein. Spüle die Klingen in der Toilette runter.

Zitternd näherte ich mich mit der Klinge meinem rechten Arm:"Ich kann das nicht,doch ich muss es dennoch tun. Ich fühle mich so schlecht...",die Klinge befand sich an meinem Arm. Ich drückte so doll es ging in meine Haut und zog sich ruckartig meinen Arm entlang. Der Schnitt fing an zu bluten und klaffte auseinander. Dieser Schnitt reichte mir nicht aus. Ich wiederholte diesen Vorgang immer und immer wieder.

Mittlerweile befand sich eine Blutlache unter mir und das Blut floss immer weiter aus meinem Arm. Ich saß auf dem Badewannenrand und weinte.

Plötzlich klopfte es an der Tür:"Liz,ist alles okay bei dir?"

Ich nahm ein paar Pflaster und einen Verband aus dem Badezimmerschränkchen und verarztete meinen Arm. Danach zog ich meinen Pyjama-Ärmel runter,wischte die Tränen aus meinem Gesicht und versteckte die Klingen. Ich machte den Duschhahn an:"Ich bin nur kurz duschen!" Ann sagte:"Achso,ich habe mir schon Sorgen gemacht. Ich gehe dann wieder ins Bett. Gute Nacht,Liz." "Nacht!",erleichtert atmete ich aus. Ich nahm ein Handtuch und wischte das Blut weg. Dieses schmiss ich direkt in die Waschmaschine und machte sie an.

Als alles erledigt war schleppte ich mich zurück in mein Zimmer und legte mich in mein Bett es. Es war mittlerweile halb 2 nachts. Und halb 8 musste ich schon in der Tagesklinik sein.

Sie werden bestimmt Blut abnehmen. Ich halte einfach meinen linken Arm hin. Hoffentlich wird niemand von ihnen meine Schnitte entdecken,vor allem nicht Dr. Sproots...

Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker halb 7. Ich stand auf und erledigte meine Morgenroutine,duschen,Zähne putzen,Haare machen,anziehen und schminken. Ich nahm meine Handtasche mit in der sich nur mein Handy und mein Portmonee befanden und lief zur Straßenbahn-Haltestelle um die Ecke. Keine 15 Minuten später war ich schon vor der Eingangstür der Tagesklinik.

Jetzt geht es los. Ein besseres Leben wird bald beginnen. Endlich bekomme ich die Hilfe,die ich schon vor Jahren gebraucht hätte. Und ich sehe IHN wieder.

In love with my therapistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt