Kapitel 17

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Es war dunkel und der Regen trommelte leise gegen die Fenster meines Zimmers. Ich liebte es wenn es nachts regnete. Da mein Zimmer direkt unterm Dach war und es schräge Fenster hatte, hörte man den Regen um so lauter. Wenn ich die Augen schloss erinnerte ich mich: ich lag in einem Zelt und der Regen prasselte gegen die Zeltwände man hörte sogar, wie das Meer rauschte und eine Welle nach der anderen gegen die Brandung schlug. Ich hatte mich tief in meinem Schlafsack verkrochen, während mein Bruder mir mithilfe einer Taschenlampe, die er unter sein Gesicht hielt und dabei komische Grimassen schnitt, Gruselgeschichten erzählte.

"Pèr ich werde dich holen kommen", flüsterte Fion leise, dabei verzog er das Gesicht und hielt die Taschenlampe in den Mund sein ganzer Kopf leuchtete in einem gruseligen orange-rot. Ich kreischte und versteckte mich im Schlafsack nur um kurz darauf kichernd meinen Kopf bis zur Nase rauszustrecken: "Und dann, was passierte dann? Los erzähl weiter!" Er zuckte mit den Schultern: "Na was wohl das Typische halt". Langsam streckte er die Hände nach mir aus um mich dann plötzlich zu packen. Quiekend ging ich in meinem Schlafsack in Deckung. Fion hielt seinen Kopf ganz nah an meinen und lachte krächzend ich spürte wie ich anfing zu zittern und eine Gänsehaut sich auf meinem Körper ausbreitete doch meine Neugier siegte mal wieder und ich zog den Reisverschluss gerade so weit herunter, dass ich ihm in die Augen sehen konnte: "Was ist das Typische?" Mein Bruder drehte sich um so, dass er mit dem Rücken zu mir lag: "Als erstes riss er ihr Arme und Beine aus und dann brachte er sie um.", sagte er gelangweilt. Ich schrie auf und zog den Reißverschluss wieder zu. Fion lachte er hatte es mal wieder geschafft mich zu Tode zu gruseln. Den Rest der Nacht verbrachte ich im Zelt meiner Eltern in der Ritze zwischen den beiden Isomatten liegend.

Das Klopfen des Regens wurde lauter, vermutlich hatte ich eines der Fenster aufgelassen. Also stand ich auf und lief zu dem Fenster, an dem es klopfte. Ich schrie auf und fiel zurück als ich erkannte das eine dunkle Silhouette auf meinem Fenster hockte. War das ein Einbrecher? Sollte ich wohlmöglich die Polizei holen? In dem Moment war die Silhouette auch schon in meinem Zimmer.

"Hey Pèr" er hielt mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen ich nahm sie dankbar und schon stand ich vor ihm. "Todt! Wieso bist du nicht einfach reingekommen, so wie die letzten Male?" Ihm stieg die Röte ins Gesicht: "Na ja, ich wusste nicht ob ich vielleicht störe tut mir leid falls ich dich erschrocken habe." Ich schüttelte den Kopf: "Schon gut war halb so wild." Da standen wir nun ein paar Zentimeter von einander entfernt in der Mitte meines Zimmers und doch kam ich mir so verloren vor. Meine Augen huschten von einer Ecke des Zimmers zur anderen, ein verzweifelter Versuch ihm nicht in die Augen schauen zu müssen. Mein Mund öffnete sich ein paarmal, nur um gleich wieder zuzufallen. Ich wollte etwas sagen aber was? Die typischen Fragen über das Wetter oder sein Wohlbefinden waren wohl mehr als unangebracht. Beide waren mit einem kurzen Wort zu beantworten: scheiße. Auch wenn er das vermutlich niemals so sagen würde. Ich murmelte vor mich hin: "Einer von uns muss sterben damit der andere leben kann, wenn du durch deine Prüfung fällst lebe ich und du stirbst. Aber wenn du mich küsst", ich hielt den Atem an, "dann lebst du und ich sterbe." Ich blickte nach oben. Er sah weg. Betreten senkte ich meinen Blick wieder. "Also das klingt ja schlimmer als Romeo und Julia." Ich fuhr herum: "Fion!", keuchte ich erschrocken. Ich sah hinter mich aber Todt war verschwunden. Mein Herz fiel wieder in seinen alten Rhytmus zurück. Argwöhnisch betrat Fion das Zimmer und sah sich um: "Ist hier jemand?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf: "Nein ich konnte nicht schlafen und da ist mir eine neue Buchidee in den Kopf gekommen." Was für eine beschissene Ausrede! Aber Fion schien mir zu glauben. Er lachte: "Ohje, das klingt nach Kitsch." Ich schnaubte. Fion lachte abermals: "Ich glaube das mit dem Schreiben solltest du lassen, Malen liegt dir deutlich besser." Ich verdrehte die Augen und äffte ihn nach: "Malen liegt dir deutlich besser." Dabei verstellte ich meine Stimme und stellte mich übertrieben breitbeinig, mit überkreuzten Armen hin. Jetzt war mein Bruder derjenige, der die Augen verdrehte entschuldigend warf er die Arme nach oben: "Ok, ok dann geh ich jetzt halt wieder und lass dich den Kitsch in Ruhe weiter schreiben. Aber ich geb dir einen Tipp: wenn es ne richtige Liebesgeschichte werden soll, dann lass sie beide überleben. Romeo und Julia ist out." Dann ging er die Treppe runter. Auf der Hälfte hielt er inne: "Ich glaub ich sollte Mum und Dad sagen, dass sie dir Schnulzen zum Geburtstag schenken sollen, da kannst du dir bestimmt tolle Inspirationen holen." Jetzt reichte es mir endgültig. Ich rannte zu meinem Bett und schnappte mir ein Kissen, das ich auf ihn warf. Geschickt fing er es auf: "Na, na, na jetzt kommt sogar noch die klassische Kissenschlacht dazu was Schwesterchen? Also für mehr als einen Euro wirst du den Kitsch ganz sicher nicht verkaufen können!" Und dann bekam ich das Kissen mitten ins Gesicht.

Das Mädchen, das sich in den Tod verliebteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt