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Da! Ein prächtiger Hirsch! Jetzt
nur kein Geräusch, sonst hab ich
wieder nichts zu essen.

Dachte ich und legte vorsichtig einen meiner selbstgeschnitzten Pfeile auf die Sehne des selbstgebauten Bogens.

Ganz ruhig, es ist gleich vorbei!

Doch gerade als ich die Sehne loslassen wollte, nahm ich ein Knacken im nahen Gebüsch wahr. Jemand rannte durch den Wald. Kurz überflog ich das Gelände mit den Augen, doch ich sah niemanden. Blitzschnell schaute ich daher wieder zu dem Hirsch. Dieser hatte das Geräusch auch gehört und war im Begriff wegzulaufen. Verzweifelt schoss ich meinen Pfeil ab, doch es war zu spät, der Hirsch war zu schnell verschwunden.

Oh nein, jetzt hab ich wieder nichts Nahrhaftes
          zu essen, was soll ich jetzt nur tun? Wenn das so
         weitergeht, werde ich bald verhungern. Das
         Jagdglück hat mich seit 3 Wochen verlassen.
         So werde ich den kommenden Winter nicht
         überstehen. Und dabei habe ich doch jetzt schon
         solch großen Hunger!!!

Ich war tief in Gedanken versunken und merkte daher nicht, dass der Störenfried auf den Baum zulief, auf dem ich mich versteckt hatte. Dies fiel mir erst auf, als dieser nach oben rief:

"Was machst du da oben und warum schießt du auf arme Tiere?"

Vor Schreck verlor ich das Gleichgewicht und fiel vom Baum aus etwa 5 Metern Höhe. Das Gebüsch, das darunter wuchs, fing glücklicherweise meinen Sturz ab, doch ich landete so ungeschickt, dass mein Bein total verdreht war. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Körper und ließ Sterne vor meinen Augen tanzen. Ich wusste sofort, dass mein Bein gebrochen war. Der Schmerz war so überwältigend, dass ich beinahe Ohnmächtig wurde, doch ich durfte nicht! Ich konnte hier nicht liegen bleiben. Es war zu gefährlich! Ich biss die Zähne zusammen, holte tief Luft und blinzelte ein paar Mal. So langsam hörten auch meine Ohren auf zu dröhnen. Da erst merkte ich, dass das Fremde Mädchen mich besorgt ansah und mir etwas zu sagen schien. Doch ihre Worte drangen nur langsam, gedämpft und leicht verzerrt an mein Ohr, so als würde sie aus weiter Ferne und durch Watte hindurch zu mir sprechen. Zuerst verstand ich nicht was sie sagte, doch nach und nach wurde es klarer und ich konnte wieder normal hören.

"...as passiert?!", fragte sie gerade.

"Wie bitte?", fragte ich noch immer benommen.

"Ich habe gefragt, ob dir etwas passiert ist? Der Sturz sah ja übel aus!"

"Mir geht es gut!"

Presste ich durch zusammengebissene Zähne heraus.
Vorsichtig versuchte ich aufzustehen, doch sofort brach ich wieder zusammen und sah wieder Sterne, nein so ging es nicht. Ich sah an mir herunter ob ich sonst noch irgendwo verletzt war, doch ich hatte nur ein paar Kratzer und Schrammen von den Ästen, die meinen Sturz abgefangen hatten und die würden schnell verheilen. Mehr Sorgen machte ich mir um mein Bein. Vorsichtig hob ich den Saum meines braunen Lederkleides an, welches ich mir vor einem halben Jahr Anfang Frühling selbst genäht hatte, da mir mein altes zu klein geworden war und es zudem schon sehr alt, verschlissen und voller Löcher gewesen ist. Auch dieses Kleid war an manchen Stellen schon sehr abgetragen und hatte nun durch den Sturz auch noch ein paar kleine Löcher bekommen, aber die konnte man flicken.

Mein Bein, welches jetzt, da das Kleid nicht mehr darüber lag, sichtbar wurde, war in einem unnatürlichen Winkel abgeknickt und verdreht. Doch es war nicht so schlimm wie ich befürchtet hatte. Es war nur ein innerer Bruch und der Knochen hatte die Haut nicht durchstoßen, sodass keine Gefahr bestand, dass es sich auch noch entzündete.

AtlantaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt