17. September 2005

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Es war kurz vor siebzehn Uhr, als das Telefon klingelte. Hermine nahm ab und klemmte es sich unters Ohr, während sie Rain die Schuhe zuband. Um siebzehn Uhr hatte sie sich mit Nadia und gezwungenermaßen auch Malfoy verabredet.

"Hermine Granger?", fragte sie.

"Hey, Hermine.", hörte sie Harrys Stimme am anderen Ende der Leitung. "Störe ich?"

Er hatte offenbar gemerkt, dass sie nicht viel Zeit zum reden hatte.

"Tut mir Leid, Harry, aber ich hab nicht viel Zeit.", erklärte sie dennoch.

"Ich wollte auch gar nicht stören, sondern dir nur Bescheid geben, dass du dir Montagnachmittag und -abend nichts vornimmst." Sie hörte, dass er grinste.

"Warum?", fragte sie verdutzt.

"Es ist der 19.?", fragte Harry und versuchte offenbar, ihr auf die Sprünge zu helfen.

"Oh.", machte sie, immer noch ratlos, was sie vergessen hatte. Dann fiel es ihr siedend heiß ein. "Oh!", wiederholte sie, diesmal echt gemeint und fragte sich kurz, wie zur Hölle sie ihren Geburtstag vergessen konnte. "Natürlich nehme ich mir nichts vor."

"Hat immer alles auf dem Plan, außer sich selbst.", murmelte Harry und fügte dann etwas lauter hinzu: "Bis dann, Mine!"

"Ja, tschüss!" Hermine legte auf und beeilte sich, Rains Schuh zuzubinden ohne ihr jeden einzelnen Schritt, den sie machte, zu erklären (sie wollte es unbedingt lernen), da sie einfach keine Zeit dafür hatte, was Rains Laune deutlich verschlechterte. Dass Hermine ihr sagte, dass sie Nadia besuchen würden, half auch nicht viel, da sich ihre Tochter nicht mehr an Nadia erinnern konnte.

Fünf Minuten zu spät klingelte sie an der Wohnungstür zwei Stockwerke höher und Nadia öffnete schwungvoll die Tür. Entweder hatte sie am Donnerstag die Haare geglättet oder sie hatte heute einen Lockenstab benutzt, auf jeden Fall kräuselten sich ihre vorgestern glatten Haare zu einer wilden Lockenpracht.

"Hermine! Rain! Kommt rein!" Sie führte die beiden durch den großen Flur in die Wohnküche, wo Malfoy an der Anrichte lehnte. Einen großen Bogen um Nadia machend, lief Rain zu Malfoy.

"Wie heißt du?", fragte sie.

Hermine fiel zum ersten Mal die Ähnlichkeit zwischen den beiden auf, die Ginny von Anfang an bemerkt hatte und zum allerersten Mal zog sie die Möglichkeit in Betracht, dass Rain Malfoys Tochter sein könnte. Gespannt beobachtete sie Malfoys Reaktion.

Er kniete sich hin, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein und sein Blick wurde ganz weich und warm.

"Draco.", erklärte er.

"Draco.", wiederholte sie und kicherte. "Der Name ist witzig."

Mit Sicherheit hatte in seinem ganzen Leben seinen Namen noch niemand als witzig empfunden.

"Das ist meine Mommy.", erklärte Rain und deutete auf Hermine.

"Ich kenne deine Mommy.", erzählte er.

"Findest du, dass sie lieb ist?", fragte Rain weiter. Er zögerte kurz, dann flüsterte er etwas in ihr Ohr und legte einen Finger auf die Lippen, zum Zeichen, dass sie es nicht erzählen sollte.

"Wusstest du, dass meine Mommy ein Geheimdetektiv ist?", fragte Rain mit leuchtenden Augen. Hermine grinste. Harrys Geheimhaltungsmethode funktionierte ja super! Draco zog die Augenbrauen hoch und sah zu Hermine, die mit ihren Lippen das Wort "Auror" formte. Er grinste.

"Ich bin auch ein Geheimdetektiv und ich helfe deiner Mommy.", erzählte er ihr.

"Hast du schon mal einen bösen Zauberer gefangen?", fragte sie begeistert. "Weil meine Mommy macht immer nur so langweilige Sachen..."

Er lachte und begann, eine Haarsträubende Geschichte über einen bösen Magier zu erzählen, den er ohne Zauberstab besiegt hatte.

"Was machst du beruflich, Nadia?", fragte Hermine, als sie sich sicher war, dass Rain bei Draco bestens aufgehoben war.

"Ich arbeite im Ministerium.", erklärte die dunkelhäutige Frau und setzte Tee auf. "In der Abteilung für Auslandssachen und Fernstudien."

"Wie kommt man zu so einem Job?", erkundigte sich Hermine und griff wie selbstverständlich nach einem Stapel Teller, um sie auf dem Tisch zu verteilen.

"Er wurde mir angeboten. Der Abteilungsleiter ist ein Bekannter meines Vaters und Dad hat wohl mal in einem Gespräch fallen gelassen, dass ich vier Sprachen fließend spreche. Tee?"

"Vier?" Hermine drehte sich zu ihr um. Sie selbst sprach ausschließlich englisch und ein wenig französisch aus den Urlauben, was allerdings keine drei Meter reichte und nicht über Drei-Wort-Sätze hinaus ging. "Welche?"

"Ich bin in Ägypten geboren, habe also im täglichen Umfeld immer arabisch gesprochen, obwohl meine Eltern beide Franzosen waren. Dann mussten wir wegen des Kriegs fliehen und ich habe meine Schule in England fertig gemacht. Und dank meiner ehrgeizigen Mutter durfte ich mit einem Privatlehrer noch spanisch lernen.", erzählte sie. "Und du, wie bist du zu deinem Job gekommen?"

"Ich bin nach der Schule nach New York gegangen und habe da eine Ausbildung zum Auror begonnen und jetzt bin ich hier und mache das immer noch.", grinste Hermine.

"Aber ist Auror nicht ein sehr begehrter Job?", fragte Nadia und sah auf. "Wie bist du an den Job gekommen?"

"Ich habe meinen Namen gesagt." Hermine nahm die Tasse mit Tee entgegen. "Und Namen und Kontakte öffnen ja bekanntlich Türen."

Hermine sah, dass Nadia nachdachte. Dann schien ihr etwas einzufallen.

"Ach ja, sicher.", murmelte sie. "Hermine Granger."


Als Hermine später am Abend Rain ins Bett brachte und mit vorlesen fertig war, fragte sie, wie jeden Abend, was das schönste am Tag gewesen sei. Und wie jeden Abend dachte Rain kurz nach, dann strahlte sie:

"Draco!"


Puh, das Kapitel war um einiges länger, als das letzte und ich bin froh, dass ich noch eins geschafft habe. Es kommen jetzt auch nur noch zwei oder drei, bis die Handlung richtig in Gange kommt und ihr vor lauter Dramione gar nicht mehr wisst, wo euch der Kopf steht. (Wobei die Kombi aus Draco und Rain auch recht niedlich ist, oder nicht?)

Rain (Dramione)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt