10 Kapitel

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beim Graf


Im Raum waren der Graf, Lord Brompton und Rakoczy.

Ich verneigte mich vor dem Grafen, wenn auch nicht so tief wie der Lakai.

>>Ich hatte nicht gedacht, Euch so schnell wieder zutreffen, junger Freund.<< Er strahlte mich an. >>Lord Brompton, darf ich Euch den Urururenkel meines Urururenkels vorstellen? Gideon de Villiers.<<

>>Lord Brompton!<< Ich verneigte mich wieder.

>>Ich finde, meine Linie hat sich zumindest optisch ganz prächtig entwickelt.<< sagte der Graf zu dem Lord. Was soll das heißen, optisch? Ist ja nicht so, dass ich keine anderen Talente hätte. Schon mal was von inneren Werten gehört?

>>Offenbar hatte ich bei der Wahl meiner Herzensdame doch ein glückliches Händchen. Das übertrieben Hakennasige hat sich vollständig ausgewachsen.<< fuhr der Graf fort, während ich einfach nur nett lächelte.

>>Ach, werter Graf! Ihr versucht wieder mal, mich mit Euren unglaublichen Geschichten zu beeindrucken.<< sagte der Lord. Wie kann man nur so dumm sein? Ihm wird hier gerade ein Phänomen gezeigt. Das ist wie, wenn man den Stein der Weisen findet und wieder ins Flussbett wirft.

Außerdem war er extrem Fett!

>>Aber ich habe nicht dagegen. Es ist immer sehr unterhaltsam mit Euch. Alle paar Sekunden gibt es eine Überraschung.<< Noch dummer als Gwendolyn.

Der Graf musste lachen und redete zu Rakoczy. >>Lord Brompton ist und bleibt ein Ungläubiger, mein lieber Miro! Wir müssen uns schon etwas mehr überlegen, um ihn von unserer Sache zu überzeugen.<<

Rokoczy antwortete in einer Sprache, die selbst ich nicht verstand. Der Graf lachte erneut. >>Das, mein lieber Enkel, ist mein guter Freund und Seelenbruder Miro Rakoczy, in den Annalen der Wächter besser bekannt als der schwarze Leopard.<< Haaallloooo, das weiß ich. Ich bin ja nicht völlig bescheuert.

>>Sehr erfreut.<< sagte ich. Wieder verbäugte ich mich und er tat es mir gleich.

Der Graf lächelte, als er Gwendolyn erblickte.

Woraufhin er ins Französische wechselte. >>Ein zauberhafter Anblick dieses Weib.<< Dann wand er sich an Gwendolyn. >>Und wer sind sie Junge Dame?<<

>>Sie versteht kein Französisch.<< Obwohl sie gerade so aussah, als würde sie mich verstehen. >>Und sie ist nicht das Mädchen, das Ihr erwartet habt.<<

>>Wie kann das sein? Das ist alles höchst Verwirrend.<<

>>Leider wurde das falsche Mädchen auf die Mission vorbereitet.<<

>>Ein Irrtum? Das Ganze scheint mir ohnehin ein einziger Irrtum zu sein.<<

>>Das ist Gwendolyn Shepherd, sie ist eine Cousine besagter Charlotte Montrose, von der ich Euch gestern erzählte.<<

>>Also auch eine Enkelin von Lord Montrose, dem letzten Großmeister. Und damit eine Cousine der letzten Zeitreisenden?<< Er überlegte kurz. >>Das übertragen des Zeitreisegens ist es, was ich einfach nicht verstehen will.<<

>>Unsere Wissenschaftler sagen, dass es durchaus möglich ist, genetische Überbrückungen über ...<< versuchte ich zu erklären.

Der Graf hob eine Hand und ich verstummte. >>Ich weiß, ich weiß! Nach den Gesetzen der Wissenschaft mag das ja auch zutreffen. Aber ein ungutes Gefühl habe ich trotzdem.<<

>>Also kein Französisch?<< fragte er Graf auf Deutsch. Deutsch war nicht ganz meine Sprache, doch Gwendolyn verstand ihn offensichtlich auch.

Ich hatte mich eben noch gefragt, welche Sprachen sie wohl konnte. Offensichtlich Französisch und Deutsch.

>>Warum ist sie so schlecht vorbereitet?<<

>>Sie ist überhaupt nicht vorbereitet, Marquis. Sie spricht keine Fremdsprachen.<< sagte ich ebenfalls auf Deutsch. >>Und sie ist auch sonst in jeder Hinsicht vollkommen Unbrauchbar. Charlotte und Gwendolyn wurden am selben Tag geboren. Man war irrtümlicherweise davon ausgegangen, dass Gwendolyn einen Tag später Geburtstag hat.<<

>>Aber wie konnte das übersehen werden?<< Der Graf hatte wieder ins Englische gewechselt. >>Warum habe ich nur das Gefühl, dass die Wächter in deiner Zeit ihre Arbeit nicht mehr richtig ernst nehmen?<< Das war ja wohl kaum Onkel Falks schuld.

>>Ich denke, die Antwort steht in diesem Brief.<< Ich überreichte dem Grafen den Brief.

Der Graf öffnete ihn und las leise.

Er brauchte nicht lange, bis er fertig war und wand sich dann an Gwendolyn. >>Deine Mutter, mein Kind, scheint eine ungewöhnlich halsstarrige Person zu sein, richtig?<< Na ja, Grace ist einfach wie alle anderen Montroses. Liegt an den Genen. Was soll man da machen?

>>Über ihre Motive kann man nur spekulieren.<< Der Graf trat näher auf Gwendolyn zu und ich bemerkte, wie sie sich entspannte. Gerade war sie doch noch nervös und ängstlich. Aber jetzt, da er näher bei ihr war, hatte sie keine Angst mehr. Was stimmte bloß nicht mit ihr? Irgendwas an ihrem Gehirn musste kaputt sein. Etwas anderes ergab gar keinen sinn!

bevor Gwendolyn irgendetwas - vermutlich etwas dummes - sagen konnte meinte ich: >>Gwendolyn ist weder über die Motive ihrer Mutter informiert noch über die Ereignisse im Bilde, die zu dieser Situation geführt haben. Sie ist vollkommen ahnungslos.<< In Gedanken ergänzte ich <In jederlei Hinsicht<.

>>Seltsam, sehr seltsam.<< Der Graf ging einmal um Gwendolyn herum und ich machte mir ernsthaft Sorgen, dass sie im eine Reinhaut, oder gar schlimmer, ihm den Mittelfinger zeigt. Gott, wie mich dieses Mädchen stresste!

>>Wir sind uns tatsächlich noch nie begegnet.<< redete der Graf weiter. War das jetzt eine Frage, oder eine Aussage? Natürlich waren sie sich noch nie begegnet, sonst hätte er es ja bereits gewusst.

>>Aber du wärst nicht hier, wenn du nicht der Rubin wärst. Rubinrot begraben mit der Magie des Raben, schließt G-Dur den Kreis, den zwölf gebildet haben.<< Er stellte sich genau vor Gwendolyn. <<Was ist deine Madie, Mädchen?<<

Ich musste mich zurückhalten, nicht sofort in schallendes Gelächter aus zu brechen.

>>Ich weiß es nicht, Sir.<<

>>Was ist an dir besonders? Verrat es mir.<<


Rubinrot - Gideons SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt