Kapitel 8

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Kapitel 8:

Die Autotüren wurden mit einem lauten Krach zugeschlagen. Mit vollem Bauch saß ich auf dem Beifahrersitz und sah Gabi zu wie sie versucht unseren alten VW zu starten. Inzwischen nannten wir ihn 'Schrotthaufen', da er schon über 19 Jahre alt ist und nichts mehr mit dem damals wunderschönen, neuen und modernen Auto zu tun hat.

"Komm schon", murmelte Gabi verzweifelt.

Beim vierten Versuch sprang er an und unsere Reise konnte fortgesetzt werden.

Mit Hilfe des Navigationssystems bogen wir nach 20 Minuten in die Straße ein, in der Ferdinand wohnt.

Es war eine lebhafte und sehr bewohnte Gegend mit vielen kleinen Eigentumswohnungen wo jeder einen kleinen Garten zu Verfügung hatte. Kleine Kinder spielten an einem für sie gebauten Kinderspielplatz, der noch ziemlich neu aussah, und ihre kleinen Kinderlächeln weckten den Gedanken an seine eigene Kindheit.

Ein wohliges Gefühl trat in mir auf. Meine Kindheit war ein buchstäblicher Traum. Ich war schon immer ein fröhliches Kind gewesen, verspielt, frech, aber dennoch geliebt. Ich hatte viele Freunde und wurde auf fast alle Geburtstagsfeiern eingeladen. Alle Erzieherinnen lobten mich vor Gabi und meinten, dass aus mir mal etwas ganz großes werden kann. Naja, dazu ist es wohl nicht gekommen, aber ich bin glücklich und gesund und das ist doch das Wichtigste.

Mein Herz machte einen Sprung, als es hieß 'Sie haben ihren Bestimmungsort erreicht.'

Unser Auto stand nun vor einer etwas größeren Doppelhaushälfte, die sehr familienfreundlich drein blickte und einen friedlichen Eindruck machte.

Da sind wir nun. Vor dem Haus meines Vaters, den ich noch nie gesehen hatte. Mist, was soll ich denn jetzt nur tun?

"Wir sind da", sagte meine Adoptivmutter erleichtert und brachte das Auto zum Stillstand.

"Ja, jetzt... sind wir... da..."

Ich musste mich etwas verzweifelt angehört haben, da Gabi mir eine Hand auf die Schulter gelegt hatte um mich zu beruhigen.

"Du schaffst das schon!", ermutigte sie mich.

Na wenn das mal so leicht wäre...

"Was soll ich denn jetzt tun?", bat ich sie um Rat.

"Mandy, das ist deine Angelegenheit, nicht meine. Ich kann dir nicht sagen was du tun sollst und was nicht, das musst du selber entscheiden. Hör auf dein Herz!"

"Leichter gesagt, als getan."

Ich schloss für ein paar Sekunden meine Augen um in mich hinein zu hören. Mein Verstand sagt mir, ich solle es nicht tun, vielleicht wird er mich abweisen oder er kennt mich nicht oder er will mich nicht. Es ist alles möglich. Doch mein Herz sagt mir, dass ich es tun soll. Wenn ich mich jetzt nicht aufraffe, dann sind wir den ganzen weiten Weg umsonst gefahren und ich werde mir immer Vorwürfe machen, wieso ich mich nicht getraut habe.

Für einen kurzen Moment fühlte ich mich gezwungen meinem Herz keine Aufmerksamkeit zu schenken. Mir lief es kalt über den Rücken, doch mein Entschluss stand fest.

Meine Hand suchte den Türgriff und bevor ich anzog, um die Türe zu öffnen, sah ich noch einmal zu Gabi. Mit ihrem liebevollen Blick und ihrem Nicken, das sagen wollte 'du tust das Richtige', sprang ich über meine Hürde und stieg mit einem Lächeln aus dem Auto und schlug die Tür hinter mir zu.

Fest entschlossen ging ich geradewegs zur Tür. Ich war mir noch nie so sicher bei dem was ich tat, doch das, was ich gerade tat, bei dem war ich mir sicher. Meine Finger drückten auf die Türklingel und von draußen hörte man wie im inneren des Hauses die Klingel ertönte.

Strich und StrickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt