Kapitel 2:

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Zu Fuß sind es fünfzehn Minuten, aber die gehen schnell um, denn Laila hört einfach nicht auf zu reden. Sie redet über ihre Pläne, die sie machen will, wenn sie genug Geld zusammen hat. Sie will ja mit Austin zusammenziehen, sich ein eigenes Auto kaufen und nach Thailand reisen. Aber sie hat ihre Arbeit und sie verdient ihr eigenes Geld. Deswegen glaube ich, dass ihr nichts im Weg steht. Als wir über den Parking des Stadions gehen, sieht man nur junge Menschen in Trikots ihrer Lieblingsmannschaft, die bereits angetrunken herumbrüllen.

„Kommst du morgen mit auf die Party? Ich weiß, es ist Sonntag, aber Montag hab' ich auch frei und du sowieso."

„Ach, ich weiß nicht. Ich denke nicht."

Laila sieht mich an, ohne jene Reaktion. „Ich verstehe es einfach nicht."

„Was?"

„Seit du... seit du... als Held gefeiert wirst, bist du nicht mehr die Alte."

„Ich mochte Partys nie so gerne."

„Das meine ich nicht."

„Was meinst du dann, Laila?"

Währendem wir gehen, sehen wir uns lange an und Laila weiß nichts dazu zu sagen. Einige Menschen erkennen mich, als wir an der Schlange der Kasse ankommen und die Blicke sehen entweder verwirrt, fröhlich oder ängstlich aus. Ich sage zu dem Gespräch mit Laila nichts mehr und sie bleibt auch stumm. Sie weiß, was ich alles durchgemacht habe, ohne, dass ich ihr wirklich alles erzähle. Sie fragt mich sonst über alles aus, aber wenn es um diese Kriege geht, tut sie so, als würde sie es nicht interessieren, obwohl ich mir denken kann, dass sie vor Neugierde fast platzt. Sie tut es für mich, damit ich wenigstens eine Chance habe, es zu vergessen. Dafür liebe ich sie so. Jetzt will sie nur ihrem Freund beim Spiel zusehen, das war das Einzige, was ihr heute am Wichtigsten ist. Nachdem wir durch die Kasse und Sicherheitsmaßnahme wie bei einem Flughafen durch sind, geht sie zu Austin, der irgendwo in den Umkleideräumen mit seinem Team ist und ich mich schon auf unseren Plätzen setze. Das kleine Stadion ist randvoll, man verkauft überall Erdnüssen. Ich sitze direkt bei der Treppe in der Mitte der Tribüne und neben mir sitzt eine Gruppe von vier Mädchen, die mich alle anstarren. Ihnen ist es wohl nicht richtig bekommen, dass gerade jemand wie ich in einer so unbekannten Kleinstadt sich ein Baseballspiel ansieht. Nach wenigen Minuten kommt Laila mit drei Tüten von Erdnüssen und ich bin erleichtert, dass ich mir keine gekauft habe.

„Ich habe das Stadion noch nie so voll gesehen.", murmelt sie und reißt die erste Tüte auf. „Ist bestimmt wegen seinem Team."

„Daran liegt es wohl."

Als das Spiel anfängt, jubelt die Menge und mir fällt auf, dass die Gruppe der Mädchen für das Gegnerteam ist. Als die zwei Teams auf das Feld kommen, erblicke ich Austin, der sich seit unserem ersten Treffen kein Stück verändert hat, nur, dass seine Haare etwas länger sind. Laila schreit mir förmlich ins Ohr und ich will fast für einen Moment zu tun, als würde ich nicht zu ihr gehören. Es geht relativ schnell. Austin hat den ersten Aufschlag, macht einen sauberen Treffer und legt sofort einen Home Run hin, wobei Laila und gleich mehrere auf unserer Seite der Tribüne jubeln.

„Ich habe dir doch gesagt, dass er der Beste ist!"

„Du hast mir nie 'was von seinen Baseballfähigkeiten erzählen, Laila!"

„Ja, schon klar! Aber er ist der Beste!", lacht sie.

In den nächsten zehn Minuten ist der Spielstand bei 9:4. Austins Team scheint zu gewinnen, aber es sieht wohl danach aus, als würde das Gegnerteam nachholen. Das Gegnerteam besteht eher aus Muskelprotzen, die so aussehen, als können sie einen Überflieger schießen, der den Ball über ganz Cooperstown werfen könnte. Aber ich übertreibe womöglich und soll etwas mehr Vertrauen in Austins Team haben. Doch es sieht knapp aus, als nach einiger Zeit gleich drei Home Runs geschlagen wurden und das Gegnerteam mit 9:11 vorne steht.

„KOMM SCHON, AUSTIN! MACH SIE FERTIG! DEN ARSCH SCHLÄGST DU DOCH MIT LINKS!", brüllt Laila durchs halbe Stadion und macht sich somit auf die Mädchengruppe neben uns aufmerksam.

„Laila!", stamme ich.

„Was?"

„He, du da, Blondie!", ruft plötzlich ein Mädchen der Gruppe und ich verdrehe die Augen, denn ich weiß, dass sie sich damit angegriffen fühlen.

Laila schaut hinter meinem Rücken zu der Gruppe und starrt sie ausdruckslos an. „Redest du mit mir?"

„Ja, ich rede mit dir! Du hast gerade da meinen Freund beleidigt, ist das klar?"

„Und?", brummt Laila.

Ich drehe mich zu ihr um, drehe ihren Kopf zu mir und flüstere. „Wir haben jetzt keine Zeit noch eine Prügelei anzufangen. Lass es einfach." Nach meinen Worten zu Laila schaut ich zu der Gruppe. „Tut mir leid, sie ist eben etwas... neben der Spur. Sie meint es nicht so."

„Das hoffe ich doch, sonst muss du die Avengers rufen.", sagt das Mädchen grimmig und ihre Freundinnen lachen.

Gerade, als ich den Blick von den Mädchen entfernt habe, wird es Halbzeit und Laila rennt die Tribüne runter, um mit Austin zu reden. Gerade in diesem Moment vibriert mein Handy in meiner Jackentasche.

Mom: Ich bin zu Hause. Komm nicht zu spät.

Ich schreibe ihr nicht zurück, denn sonst würde sie so lange mit mir schreiben, bis ich wieder Zuhause bin. Nach der Halbzeit geht das Spiel wieder weiter und ich schnappe mir eine Tüte mit Erdnüssen, die ich ganz aufesse, da ich plötzlich schrecklichen Kohldampf in mir verspüre.

„Ich glaube, sie verlieren heute.", murmelt Laila.

„Und wenn schon, sie sind echt gut."

In den letzten fünfzehn Minuten konzentriere ich mich eher an meine Tüte mit Erdnüssen, als an das Spiel. Und dann steht das Endspiel auch schon fest, was ich erst mitbekommen habe, als Laila mich wachrüttelt. Die Gruppe der Mädchen gehen sauer davon, als sie es mit ihren eigenen Augen erfahren, dass ihre Mannschaft 24:20 verloren haben. Das Stadion leert sich immer mehr und wir warten auf Austin vor der Eingangshalle. Als er kommt, küssen sie sich zur Begrüßung.

„Na, wie war ich?", fragt er und schaut dabei mich an.

Ich knabbere nach wie vor an der dritten Tüte und murmele mit vollem Mund. „Gar nicht mal so übel."

„Ich hoffe, das war ein Kompliment.", lacht er und umarmt mich zur Begrüßung.

„Ich steh' nicht so auf Baseball, aber dein Team war wirklich gut."

Als wir nach draußen gehen und es langsam dunkel wird, gehen wir neben den Holzhäusern vorbei auf dem Weg nach Hause. Ich fühle mich wieder so an, als wäre ich siebzehn Jahre alt, denn diesen Weg habe ich immer genommen, als ich noch zur Schule ging.

„He, Freya. Heute Abend steigt 'ne Party bei mir als Feier. Ich lade dich ein."

„Und ich lehne ab. Meine Mutter will nicht, dass ich auf Partys gehe und – ehrlich gesagt – mag ich keine Partys."

„Hmm... Ich wiederspreche wohl einem Halbgott ungern, also okay."

Als wir an meinem Haus ankommen, kreuzen sich unsere Wege und ich verabschiede mich von den beiden.

Freya: Age of UltronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt