„Freya!", höre ich Thor nach mir rufen, welcher ich vorhin nur kurz erblickt habe. Er kommt auf mich zu, umschlingt mich in seine Arme und er drückt mich fest an sich. „Schön dich wieder zu sehen."
Aus Thor kann man durch den Körperkontakt und seine Stimme nur die Freude so spüren. Ich habe ihn wirklich vermisst. Immerhin ist er einer meiner besten Freunde. Als er mich loslässt, fällt mir auf, dass ich ihn schon seit einigen Monaten nicht mehr zu Gesicht bekommen habe, seit dem Geschehen in London. Es ist ein ziemlich seltsames Gefühl ihn wieder in Fleisch und Blut vor mir zu sehen.
„Freya.", höre ich eine andere Stimme, und hinter Thor erblicke ich Clint und Natascha, welche mich etwas schief angrinsen.
„Hey.", murmele ich und bringe ein Lächeln hervor. „Das hat sich alles hier ziemlich verändert, nehme ich an."
„Ja, aber das ist schon eine ganze Weile so. Hast dich lange nicht blicken gelassen." Clint habe ich anders in Erinnerung. Ich weiß, dass er mich anfangs falsch eingeschätzt hat und seit der Schlacht von New York sieht er mich endlich als einer von ihnen, wie auffallend.
„Sie hatte auch viel mehr zu tun, als du, Clint.", lächelt Natascha und zeigt mit einer Handbewegung, dass ich ihr folgen soll.
Wir gehen die Treppen hoch, die zum Labor führen. Ich schaue mich immer mehr um und erblicke in der Mitte des riesen Raumes ein richtiges Wohnzimmer, mit Glastisch, Alkohol (natürlich Stark), und ziemlich räumlichen Möbeln, die eine sonderbare Atmosphäre freigeben, sodass ich mich hier richtig wohl fühle. Als ich ins Labor eintrete, erblicke ich nicht nur Bruce, sondern auch Steve und Ton, wobei ich mir ein Lächeln nicht verkneifen kann.
„Freya, schön dich wieder zu sehen, altes Haus.", grinst Tony, geht durch ein Hologramm auf mich zu und schüttelt meine Hand. „Was hast du so getrieben?" Ich will gerade antworten und versuchen das Thema zu lassen, als er einleuchtend seine Hand hebt. „Oh, lass mich raten. Du hast mit Thor 'ne tolle Universität in England ruiniert und dann hast du noch eine ganze S.H.I.E.L.D-Basis mit Cap zerstört, dabei drei Helicarrier, bei denen ich mitgearbeitet habe. Wusstest du eigentlich, wieviel Arbeit darin..."
„Tony, lass mal gut sein.", sagt Steve dazwischen und ich danke ihm im Inneren so sehr.
Tony ist nicht wirklich wütend, er versucht mir bloß ein schlechtes Gewissen einzureden. Er lässt von mir ab, lächelte und geht wieder auf seinem Platz zurück. Ich bin umrundet von meinen alten Freunden, obwohl ich an dieses Wort Zweifel. Eigentlich sehe ich nur Thor und Steve als meine Freunde, deswegen bin ich mir bei den anderen noch nicht so sicher.
„Du hast etwas gesehen, Freya. Was?", beginnt Bruce das Gespräch.
Clint und Natascha setzen sich auf zwei Rollstühle die nebeneinander vor einer Reihe Computer stehen.
„I-ich weiß es nicht genau, doch ich weiß, dass es Hydra war. Sie haben aus einem Grund Lokis Zepter. Die zwei Männer, die..."
Tony unterbricht mich. „Beschreibung."
„Was?"
„Beschreibung der Männer. Wie waren sie bekleidet? Wie heißen sie? Waren sie außergewöhnlich, egozentrisch?"
„So wie du?", fragt Thor und verdreht die Augen.
„Dass ich außergewöhnlich bin, habe ich gewusst."
„Okay!", sagt Steve laut, damit dieses Thema auch mal beendet werden kann und ich Zeit habe, irgendwelche Worte zu befinden, die diese zwei Männer beschreiben können.
„Beide waren zwischen vierzig und sechzig Jahre alt, nehme ich an. Einer von ihnen war völlig schwarz gekleidet, trug ein Monokel, Glatze."
„Und der Andere?", fragt Tony weiter, reibt sich nachdenklich an seinem Kinn und geht hin und her.
„Eher kleiner, als der Andere. Modern gekleidet, Hemd, Krawatte. Graubraune Haare." Ich schnappe nach Luft. „Wirklich viel darüber zu erzählen gibt es nicht."
„Über was haben sie denn gesprochen?" Jetzt macht sich Natascha auffällig.
„Dass Hydra nicht ganz zerstört sei. Es geben immer noch Handlanger von ihnen, die Wiederstand leisten. Sie..." Mir fallen keine Worte mehr ein und meine Augen führen mich hin und her.
„Wo?", fragt Steve. „Wo waren sie?"
„Keine Ahnung. Ich habe sie nur in dunklen Räumen gesehen, in Labore. Es war bestimmt unterirdisch oder irgendwo, wo es keine Fenster gibt."
Dann wird es still und ich fühle mich schon nutzlos, obwohl ich erst angefangen habe.
„Kannst du sie nochmal sehen?", fragt Steve.
„Nein!", sagt Thor sofort dazwischen. „Es verbraucht viel Zeit, wenn sie wirklich herausfinden will, wo sie sich befinden. Und vor allem verbraucht es viel Kraft."
„Thor! Ja, es kostet Kraft, aber mit den Jahren hat sich alles verändert."
„Da geb' ich der Halbgöttin Recht.", stimmt Tony mir zu und deutet mit dem Zeigefinger auf mich.
Niemand lässt von mir ab und ich wünsche, dass nur einer es tun würde, damit der Druck in mir noch Stand halten kann.
„Ich kann es versuchen."
„Dann kannst du mal Da Vinci spielen.", grinst Tony, drückt mir einen schwarzen Stift in die Hand und deutet auf das weiße Blatt, das er aus der Schublade geholt hat.
Ich will das nicht verbocken. Ich will etwas sehen, was uns dabei hilft den Zepter von Loki zu finden. Wenn nicht, stehen wir genauso wie am Anfang und wir bleiben nur mit der Gewissheit, dass Hydra etwas im Schilde führt. Ich schließe die Augen, halte den Stift in meiner Hand so bereit, damit ich direkt malen kann, wenn ich auch nur irgendetwas sehe. Dass meine Malkunst so atemberaubend wird, wenn ich meine Visionen genauso aufzeichne, wie ich sie sehe, hätte ich niemals gedacht. Es ist ja nicht das Erste Mal, dass ich so etwas tue. Und dann erblicke ich es. Eine Art Schloss oder Palast, aus altem, sehr altem Stein. Groß, etwas höher auf einem Berg gebaut und kleine Fenstern in denen ihr Inneren dunkel wie die Farbe Schwarz ist. Tore, die das Gebäude umrunden, unten drunter eine Stadt und Kilometer weiter Berge, die die ganze Stadt umrunden. Die Stadt könnte mit einem Augenblick vielleicht eine hundert Tausend-Stadt sein, vielleicht auch etwas weniger. Aber ich konzentriere mich so sehr auf das Gebäude, denn von dort aus höre ich dasselbe Gespräch, von dem ich geträumt habe und damit war mein Entschluss sicher: von dort aus lebt Hydra weiter. Ich male so schnell das Gebäude und den Hintergrund auf, als hänge mein Leben davon ab. Mein Herz klopft schneller, da ich immer mehr Kraft verbrauche. Mir wird klar, dass ich deutlich weniger Kraft verbrauche, wenn eine Vision ohne meinen Willen kommt, unkontrolliert. Aber wenn ich etwas unbedingt sehen will und mein kleines Köpfchen dafür anstrengen muss, werde ich so schlapp, müde und habe ein Durstgefühl im Mund, das sich in meinem ganzen Körper ausbreitet. Wie Schmerz. Und als ich von der Vision gekommen bin und die sechs Gesichter der Avengers sehe, kommt mir ein Gefühl hoch, welches sich 'unwohl' nennt. Ich fühle mich irgendwie fehl am Platz.
DU LIEST GERADE
Freya: Age of Ultron
ActionMilliardär, Lebemann und Genie Tony Stark aka Iron Man will ein inaktives Friedensprogramm in Gang bringen, doch dabei geht etwas schief. So taucht der niederträchtige Roboter Ultron auf und verfolgt Pläne zur Ausrottung der Menschheit. Nun ist es a...