# 7

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Sie.

Der Raum schien plötzlich viel zu klein zu sein, die Luft zu dick. Ich konnte kaum atmen. Meine Beine zitterten, und mein Rücken war immer noch fest an die Wand gedrückt, als ob mein Körper sich weigerte, sich von dem loszureißen, was gerade passiert war. Baran war so nah gewesen, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte, sein Körper hatte mich komplett vereinnahmt. Für einen Moment... nur einen winzigen Moment hatte ich geglaubt, er würde mich küssen. Alles in mir schrie danach, obwohl ich es nicht wollte, nicht zulassen wollte, aber es war stärker als ich. Meine Augen hatten sich fast automatisch geschlossen, meine Lippen hatten gezittert – ich war bereit gewesen, mich ihm hinzugeben.

Doch dann war da nichts.

Plötzlich war seine Nähe verschwunden, und mit einem Ruck hatte er mich in die Realität zurückgeworfen. Die Kälte, die durch den Raum zog, als er von mir zurücktrat, war schlimmer als die schlimmste Erniedrigung, die ich je erlebt hatte. Er hatte mich nicht nur physisch losgelassen – er hatte mich seelisch fallengelassen. Ich spürte, wie mein Stolz zerbrach, wie das, was ich zu schützen versucht hatte, in sich zusammenstürzte. Baran hatte mich so leicht durchschaut, hatte mich manipuliert, mit seiner Nähe gespielt... und mich dann eiskalt stehen gelassen.

Die Worte, die er zuletzt gesagt hatte, hallten in meinem Kopf wider. „Du hast mich enttäuscht." Sie brannten sich ein, wie ein Messer, das sich tief in mein Herz grub. Enttäuscht. Er, der Kurde, derjenige, den ich so sehr bekämpfen sollte, hatte mich enttäuscht. Und ich? Ich war schwach. Zu schwach, um mich gegen diese Anziehung zu wehren, zu schwach, um zu erkennen, wie sehr ich in meinem Hass gefangen war.

Tränen stiegen in meine Augen, heiß und schwer, und ich versuchte, sie zurückzuhalten. Ich konnte nicht weinen. Nicht jetzt. Nicht nach dem, was gerade passiert war. Aber es war zwecklos. Meine Sicht verschwamm, und ich konnte nicht mehr klar denken. Wie hatte ich mich so schnell in diese Situation bringen lassen? Wie war ich hier gelandet, gegen die Wand gedrückt, von ihm niedergerungen – nicht mit Gewalt, sondern mit Worten, mit dieser unerträglichen Nähe, die ich so sehr gehasst hatte und doch so sehr gewollt hatte?

Baran ging zur Tür, und alles in mir wollte etwas sagen, etwas tun, ihn aufhalten – aber ich brachte keinen Laut heraus. Ich sah nur zu, wie er fest an die Tür klopfte, ohne mich auch nur noch eines Blickes zu würdigen.

„Azad, öffne die Tür."

Seine Stimme war so kalt, so gefühllos, als ob alles, was zwischen uns gewesen war, nichts bedeutete. Als ob ich nichts bedeutete. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, und ich konnte das Brennen in meiner Brust nicht ignorieren. Die Tränen, die ich so sehr zurückzuhalten versuchte, begannen leise über meine Wangen zu rollen. Ich hatte verloren. Nicht nur gegen Baran, sondern gegen mich selbst.

Die Tür öffnete sich, und Azad stand dort, den Schlüssel in der Hand, sein Blick wanderte kurz zu mir, aber ich konnte nicht erkennen, was er dachte. Es spielte keine Rolle. Baran trat hinaus, ohne ein weiteres Wort, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen. Ich stand einfach da, gefangen in meiner eigenen Hilflosigkeit, und sah ihm nach, während die Tür sich hinter ihm schloss. Das leise Klicken des Schlosses war wie ein endgültiger Abschied.

Und dann war ich allein.

Ich spürte die Einsamkeit wie eine kalte Hand, die sich um mein Herz legte und es zudrückte. Meine Beine gaben nach, und ich ließ mich langsam an der Wand hinabgleiten, bis ich am Boden saß, mein Gesicht in meinen Händen vergraben, die Tränen strömten jetzt frei. Alles, wofür ich gekämpft hatte, schien in diesem Moment bedeutungslos. Der Stolz, den ich so sehr verteidigen wollte, war in tausend Scherben zerbrochen.

Wie konnte ich nur so dumm sein? Die Frage hallte in meinem Kopf wider. Warum hatte ich mich von ihm so manipulieren lassen? Ich war diejenige, die ihn hätte verletzen sollen, diejenige, die stark bleiben musste. Aber in dem Moment, als er mir näher gekommen war, hatte ich alles vergessen. Die Worte, die er gesagt hatte, hatten mich getroffen, aber die Art, wie er mich berührt hatte, die Nähe, die Spannung zwischen uns – das hatte mich zerstört.

Über Grenzen hinaus [eine türkisch-kurdische Liebesgeschichte]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt