Er.
Es war einer dieser Morgen, an denen man das Unheil schon in der Luft riechen konnte. Die Universität war normalerweise ein Ort des Lernens, des Diskutierens – na ja, meistens auch ein Ort, wo man einfach versuchte, die nächste Klausur nicht zu verkacken. Doch heute? Heute lag eine seltsame Spannung in der Luft. Und sie entlud sich in der Cafeteria.
Türken und Kurden. Mal wieder. Als ob die Welt nicht schon genug Probleme hätte, mussten sich auch noch hier zwei Gruppen an die Kehle gehen. Die Tische wurden wild beiseite geschoben, Stühle knallten zu Boden, Geschrei erfüllte den Raum. Die Luft war so geladen, dass ich das Gefühl hatte, der kleinste Funke könnte die ganze Uni in die Luft jagen.
Mein bester Freund, Azad, ein Typ, der normalerweise nie die Fassung verliert, stand neben mir und beobachtete die Szenerie mit einem Stirnrunzeln. „Sollen wir dazwischengehen?", fragte er und seine Stimme war ruhig, aber da war dieser Unterton, dieser subtile Hauch von Besorgnis.
Ich schüttelte nur den Kopf. „Lass sie. Die haben's nicht kapiert. Die denken immer noch, dass man Menschen nach ihrer Herkunft beurteilen muss, statt nach dem, was sie wirklich sind."
„Ja, aber—"
„Wenn wir uns da jetzt reinwerfen, kommen wir zu spät zur Vorlesung", erinnerte ich ihn und klopfte ihm leicht auf die Schulter. Das war nicht unser Kampf. Nicht heute.
Mit zusammengekniffenen Augen durchkämmte ich das Chaos vor uns. Eine aufgebrachte Menge hatte sich um den Kern des Konflikts geschart, wie ein Schwarm Raubvögel, die auf ihre Beute herabsinken. Es gab Schreie, Flüche – die hässlichen Seiten der Nation, die sich mal wieder ungeniert zur Schau stellten.
„Mann, das ist doch alles so bescheuert", murmelte ich, als wir uns durch die Masse zwängten. Ich hatte absolut keinen Bock auf diese Dramen, aber irgendwas hielt mich zurück. Irgendwas in mir sagte, dass ich nicht einfach weggehen konnte.
Und dann sah ich ihn.
Rojilat.
Mit zusammengepressten Lippen und einem finsteren Blick stand er da, ein Messer in der Hand, umgeben von einem kleinen Haufen Typen, die ihn anstachelten, auf ihn einredeten, als wäre er ein verdammter Gladiator in der Arena.
„Fuck", zischte ich und ohne groß nachzudenken, stürzte ich mich in die Menge. Meine Hand schnellte nach vorn und umklammerte sein Handgelenk, fest genug, dass er keine Chance hatte, das Messer zu heben.
„Was zur Hölle machst du da, Mann? Pack das Messer weg!" Meine Worte kamen leise, aber scharf wie Klingen. Rojilat starrte mich für einen Moment an, als würde er abwägen, ob er mir gehorchen sollte. Seine Augen flackerten vor Unsicherheit, doch schließlich nickte er hektisch. Ich spürte, wie sich die Anspannung in seiner Hand löste, die ich fest umklammert hatte, bis meine Knöchel weiß hervortraten. Mit einem scharfen Zug ließ ich ihn los.
Ich drehte mich sofort zu dem Mädchen um, das gerade noch mit dem Rücken zu mir gestanden hatte. Ihre Augen, groß und weit aufgerissen, bohrten sich in meine. Diese Augen... klein, aber so klar und tief, als würden sie alles erzählen wollen, als läge ein ungelöstes Geheimnis darin, das nur ich erkennen konnte. Sie sah aus wie jemand, der zwischen Flucht und Vertrauen schwankte, als hätte sie gehofft, aber nie erwartet, dass jemand eingreifen würde. Ihre Lippen öffneten sich, als wollte sie etwas sagen, aber stattdessen nickte sie nur, stumm, mit einem Hauch von Dankbarkeit.
Bevor ich reagieren konnte, wirbelte sie herum und verschwand in der Menge. Ihre langen, pechschwarzen Haare flogen hinter ihr her, und sie versuchte verzweifelt, sie mit ihren Händen zu bändigen, während sie sich einen Weg durch die wirbelnde Masse von Schülern bahnte.
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Über Grenzen hinaus [eine türkisch-kurdische Liebesgeschichte]
RomanceAsia über Baran: "Baran ist wie ein magnetisches Feld, das mich unwiderstehlich anzieht. Seine Ausstrahlung und seine faszinierende Andersartigkeit ziehen mich magisch in seinen Bann. Er ist ein Rätsel, das ich unbedingt lösen möchte, und gleichzeit...