Hey, ihr Lieben. Bitte vergisst nicht zu kommentieren, wäre spannend zu wissen, ob ihr selbst türkisch/kurdisch seid und ob ihr das aus eurer Kultur her kennt oder wie das bei euch läuft :) Danke 💖💖
Er.
Da war immer noch Wut in ihren Augen, aber unter dieser Oberfläche lag etwas anderes – ein Funken, den ich schon einmal gesehen hatte, damals, als wir uns das letzte Mal gestritten hatten. Es war, als würden all diese unausgesprochenen Emotionen wieder aufflammen, und ich konnte sehen, dass sie genauso verwirrt war wie ich.
Asia holte tief Luft und ich konnte sehen, wie sie sich innerlich zusammenriss. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und für einen Moment dachte ich, sie würde Rojilat einfach ausrasten lassen. Doch stattdessen entschied sie sich für den schwierigeren Weg – sie blieb ruhig.
„Rojilat," begann sie, und ihre Stimme war jetzt ruhig, aber fest, wie ein scharfer Schnitt in die Stille. „Ich habe wirklich genug von deinen Spielchen. Hör auf, mich zu provozieren. Es ist weder witzig noch cool, ständig Streit zu suchen." Sie verschränkte die Arme vor der Brust, als würde sie sich gegen seine nächste Attacke wappnen, doch dieses Mal schien sie die Kontrolle zu haben. „Lass mich einfach in Ruhe."
Rojilat grinste wieder, aber es war nicht mehr so überzeugend wie zuvor. Man konnte sehen, dass er nicht mit dieser Reaktion gerechnet hatte. Seine Augen blitzten kurz auf, als ob er sich eine neue Antwort zurechtlegte, aber er blieb still. Vielleicht spürte er, dass es diesmal zu weit gehen könnte, wenn er weitermachte.
Ich trat einen Schritt nach vorne, fixierte Rojilat mit meinem Blick und wusste, dass ich jetzt etwas sagen musste – auch wenn er mein Freund war. „Sie hat recht, Rojilat," sagte ich mit ruhiger, aber deutlicher Stimme. „Es reicht jetzt. Hör auf, sie zu ärgern."
Er drehte sich langsam zu mir um, als könnte er nicht glauben, was er da hörte. „Ernsthaft, Baran?" fragte er, seine Stimme leicht spöttisch. „Seit wann nimmst du ihre Seite?"
Ich atmete tief durch und hielt seinem Blick stand. „Das hier hat nichts mit Seiten zu tun. Du weißt genau, dass das, was du machst, einfach nicht cool ist. Ich will keinen weiteren Stress hier, und du solltest das auch nicht wollen." Ich fühlte die Spannung in der Luft, und obwohl es schwer war, gegen jemanden zu sprechen, den ich als Freund betrachtete, wusste ich, dass es der richtige Schritt war. Rojilat musste aufhören, bevor das Ganze komplett eskalierte.
Er schaute mich für einen Moment an, als wollte er noch mehr sagen, aber dann hob er die Hände und zuckte mit den Schultern. „Okay, okay. Wie ihr meint." Seine Stimme war leicht genervt, aber er gab nach. „Aber glaub nicht, dass das hier wegen dir ist, Baran. Sie genießt das Drama mehr, als ihr zugeben wollt."
Asia funkelte ihn an, hielt aber ihre Wut in Schach, sagte nichts weiter. Ich nickte nur kurz und sah Rojilat direkt in die Augen. „Lass es einfach."
Es folgte ein schweres Schweigen, in dem Rojilat uns beide noch einmal musterte. Schließlich drehte er sich um und ging mit einem leichten Kopfschütteln weg, als wäre ihm das Ganze plötzlich zu langweilig geworden. Aber ich wusste, dass es nicht das letzte Mal war, dass er versuchte, uns auf die Nerven zu gehen.
Nachdem Rojilat schließlich abgezogen war, blieb Asia still. Sie sagte kein Wort, sah mich nur an, ihre Augen suchten nach einer Antwort, die ich nicht geben konnte. Ich spürte, dass sie genau so erschöpft von all dem war wie ich. Aber an diesem Punkt, mit all dem Drama zwischen uns, wusste ich einfach nicht, was noch zu sagen war. Stattdessen nickte ich ihr kurz zu, fast wie ein stummer Abschied, und drehte mich dann um, um zu gehen.
Keine Worte. Keine Erklärungen. Nur diese unausgesprochene Spannung, die zwischen uns blieb, als ich die Cafeteria verließ und sie hinter mir stehen ließ.
#
Am nächsten Tag lief ich über den Campus, und die Sonne schien, als wäre alles ganz normal. Aber normal? Das war gerade das Letzte, was sich in meinem Leben so anfühlte. Ich hatte gehofft, der Stress mit Rojilat wäre vorbei, dass er sich beruhigt hätte – aber das war offensichtlich nicht der Fall.
Als ich über den Platz vor der Mensa ging, hörte ich plötzlich lautes Gelächter. Dieses verdammte Lachen kannte ich. Rojilat und seine Jungs. Und dann sah ich sie: Asia und ihre Freundinnen, die umringt waren. Sema, Merican, Mara – alle standen da, genervt und offensichtlich belästigt von Rojilat und seinen Kumpels. Schon wieder.
Meine Kiefermuskeln spannten sich an. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie oft wollte dieser Idiot es noch versuchen? Hatte er nichts Besseres zu tun?
„Das kann doch nicht sein Ernst sein," murmelte ich wütend vor mich hin, während ich auf die Szene starrte. Neben mir stand Azad, der mir einen Seitenblick zuwarf, als er merkte, dass meine Stimmung kippte.
„Was ist los?" fragte Azad ruhig, aber ich konnte sehen, dass er schon ahnte, was passieren würde.
Ich schnaubte, versuchte, ruhig zu bleiben, aber es kochte in mir hoch. „Schau dir das an. Die lassen nicht locker. Asia und ihre Freundinnen werden ständig von diesen Typen drangsaliert."
Azad folgte meinem Blick und sah, wie Rojilat seine typischen provokanten Sprüche abließ. „Das wird langsam echt krank. Aber... was willst du machen?"
Ich atmete tief durch, meine Fäuste ballten sich, und ich fühlte, wie meine Geduld endgültig riss. Nicht heute. Nicht nochmal. Ich drehte mich zu Azad, meine Stimme war ruhig, aber mit einer Schärfe, die ich selten benutzte. „Asia ist meine Verantwortung."
Azad zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Deine Verantwortung?" wiederholte er, und ich konnte den Zweifel in seiner Stimme hören.
„Ja," sagte ich, ohne Zögern. „Seit dem Moment, als das zwischen uns in der Mensa passiert ist, habe ich es zugelassen, dass Rojilat das ausnutzt. Aber das hier – das geht zu weit." Meine Worte wurden schneller, die Wut in mir brannte. „Ich werde nicht zusehen, wie er sie immer wieder in solche Situationen bringt. Das war's. Es reicht."
Azad schien einen Moment zu überlegen, dann nickte er langsam. „Okay, aber pass auf. Du weißt, wie Rojilat drauf ist."
Ich ignorierte die Warnung, zog an Azad vorbei und ging direkt auf die Gruppe zu, mein Blick fest auf Rojilat gerichtet. Der Typ hatte es echt geschafft, meine letzte Geduld zu testen. Als ich näherkam, merkte ich, dass seine Jungs merkten, dass irgendwas anders war. Die Atmosphäre veränderte sich.
„Rojilat!" rief ich, und meine Stimme war lauter, als ich erwartet hatte. Er drehte sich zu mir um, sein spöttisches Grinsen noch immer auf den Lippen, aber ich sah, wie es kurz zuckte, als er mich kommen sah.
„Na, Baran, kommst du auch noch dazu?" fragte er in seinem üblichen sarkastischen Ton. „Wir haben hier nur ein bisschen Spaß."
„Spaß?" knurrte ich, während ich direkt vor ihm stehen blieb. Ich konnte sehen, wie Asia und ihre Freundinnen mich überrascht ansahen, aber ich ignorierte das. Jetzt ging es nur um eines: Rojilat und das, was er ständig abgezogen hatte. „Das hier ist kein verdammter Spaß mehr, Rojilat. Du hörst jetzt auf, sie zu belästigen."
Sein Grinsen verschwand, und er sah mich herausfordernd an. „Was ist dein Problem, Baran? Seit wann bist du ihr Beschützer?" Er warf einen kurzen Blick zu Asia, die ihn nur schweigend anstarrte, und dann zurück zu mir. „Was, hast du was mit ihr am Laufen oder so?"
„Das geht dich einen Scheißdreck an," sagte ich kalt, meine Augen verengten sich. „Aber eins ist klar: Du lässt sie in Ruhe. Das ist keine Drohung, das ist eine Warnung."
Rojilat schnaubte, aber ich konnte sehen, dass er nicht mit so einer Reaktion gerechnet hatte. „Oh, jetzt auf einmal? Warum kümmert dich das überhaupt?"
Ich trat noch einen Schritt näher, sodass wir uns fast gegenüberstanden. „Weil ich es satt habe, dass du ständig Stress machst. Und vor allem, weil Asia hier meine Verantwortung ist."
Die Worte waren draußen, und ich sah, wie Rojilat kurz stutzte. Er wusste, dass ich es ernst meinte, dass ich nicht einfach nur redete. Das war kein Witz mehr, kein hin und her. Es reichte.
Rojilat blinzelte, als hätte er nicht richtig gehört. Dann schlich sich langsam ein spöttisches Lächeln auf seine Lippen. „Deine Verantwortung?" wiederholte er, als könne er es kaum glauben. Die anderen aus seiner Gruppe, allesamt Kurden, lachten leise. „Was genau meinst du damit, Baran? Seit wann sind Türkinnen deine Verantwortung? Hast du plötzlich einen Beschützerkomplex oder was?"
Die Stimmung kippte merklich. Die Jungs um Rojilat sahen mich gespannt an, als ob sie darauf warteten, dass ich mich in irgendeine Ecke drängen ließ. Sie dachten, das sei ein Spiel – aber das war es nicht. Nicht heute.
Ich schaute Rojilat an, ohne auch nur eine Miene zu verziehen, und dann glitt mein Blick zu Asia, die direkt neben ihm stand. Ihre Augen waren auf mich gerichtet, und ich spürte, dass sie nicht wusste, was ich als Nächstes sagen würde. Die Luft um uns herum war angespannt, aber in mir kochte eine Kälte, die mich klar denken ließ.
„Ja," sagte ich langsam, meine Stimme war ruhig und eiskalt, „Asia ist meine Verantwortung." Ich ließ die Worte wirken, und für einen kurzen Moment sah ich, wie Rojilat überrascht blinzelte, bevor er erneut ansetzte, irgendetwas zu sagen. Aber ich ließ ihm keine Chance. Ich sprach weiter.
„Weil jemand sich ja um sie kümmern muss, wenn sie ständig so dumm ist, sich in Situationen zu bringen, die sie nicht kontrollieren kann." Meine Stimme war schneidend, jedes Wort durchtränkt von einer absichtlichen Kälte. Es traf sie direkt.
Ich sah, wie Asia kurz zusammenzuckte, wie meine Worte sie hart trafen. Das war Absicht. Sie hatte mich so oft provoziert, mich in die Ecke gedrängt, und jetzt... jetzt war es meine Chance, ihr zu zeigen, dass sie nicht unantastbar war. Aber gleichzeitig – gleichzeitig beschützte ich sie vor Rojilat, indem ich sie erniedrigte, bevor er es tun konnte.
„Also ja, Rojilat," fuhr ich fort, mein Blick bohrte sich in ihn, „sie ist meine Verantwortung. Weil sie nicht mal die Intelligenz besitzt, sich aus Ärger rauszuhalten."
Ein murmelndes Lachen ging durch die Gruppe, aber es war kein echtes Lachen, mehr eine Mischung aus Nervosität und Verwirrung. Sie hatten das nicht kommen sehen.
Asia stand still da, ihr Gesicht war ausdruckslos, aber ihre Augen... Ihre Augen sagten alles. Wut, Enttäuschung – und irgendwo darunter, diese Verletzlichkeit, die ich jetzt bewusst ans Licht geholt hatte. Doch sie schwieg.
Rojilat zögerte einen Moment, bevor er schließlich den Kopf schüttelte und sich von der Szene abwandte. „Wie du meinst, Baran." Mit diesen Worten ging er, gefolgt von seinen Jungs.
Als sie außer Sicht waren, blieb ich noch einen Moment stehen, bevor ich mich zu Asia umdrehte. Sie sah mich an, ihre Augen funkelten vor Wut und Verletztheit. Sie sagte nichts, aber ich wusste, dass sie die Worte, die ich gesagt hatte, nicht so schnell vergessen würde. Aber das war der Punkt.
„Ich hab dich beschützt," murmelte ich leise, während ich an ihr vorbeiging, ohne sie noch einmal anzusehen. „Auch wenn es dir nicht gefällt."
Sie.
Ich stand da, wie erstarrt. Die Worte, die Baran gesagt hatte, hallten in meinem Kopf wider, und obwohl es um mich herum plötzlich still geworden war, hörte ich immer noch dieses eine Wort: dumm. Er hatte es so kalt, so absichtlich gesagt, und es fühlte sich an, als hätte er mir direkt ins Herz gestochen. Die anderen hatten gelacht, Rojilat war abgezogen, und doch blieb nur dieser eine Satz in meinem Kopf hängen.
"Weil sie nicht mal die Intelligenz besitzt, sich aus Ärger rauszuhalten."
Ich wollte etwas sagen, wollte ihm ins Gesicht schreien, dass er Unrecht hatte, dass er mich nicht kannte. Doch die Worte blieben in meiner Kehle stecken. Stattdessen starrte ich ihm nur nach, meine Fäuste ballten sich, aber die Wut fühlte sich in diesem Moment leer an. Baran, der mich einerseits beschützte und gleichzeitig vor allen erniedrigte. Was war das nur für ein Spiel?
Als er leise an mir vorbeiging, ohne mich anzusehen, murmelte er, „Ich hab dich beschützt. Auch wenn es dir nicht gefällt."
Beschützt? Ich spürte, wie Tränen in meine Augen stiegen, doch ich zwang mich, sie zurückzuhalten. Beschützt? Indem er mich so bloßstellte? Indem er mir das Gefühl gab, wertlos zu sein?
Ich wollte stark bleiben, aber in diesem Moment fühlte ich mich kleiner als je zuvor.
Merican kam sofort auf mich zu, nachdem Baran verschwunden war. Sie legte eine Hand auf meine Schulter und zog mich ein Stück beiseite, weg von den neugierigen Blicken. Ich sah ihr in die Augen, und obwohl ich versuchte, stark zu bleiben, konnte ich den Schmerz und die Wut nicht verbergen, die in mir brodelten.
„Asia, hör mir zu," begann sie leise, ihre Stimme war sanft, aber fest. „Ich weiß, das klang hart, was er gesagt hat, aber Baran hat das nicht gemacht, um dich zu verletzen. Ganz im Gegenteil."
Ich schüttelte den Kopf, konnte es einfach nicht begreifen. „Er hat mich vor allen erniedrigt, Merican. Wie soll das in irgendeiner Form ein Schutz sein?"
Merican zog die Augenbrauen zusammen, als ob sie nach den richtigen Worten suchte, um es mir zu erklären. „Er hat es gemacht, weil Rojilat dich nicht in Ruhe gelassen hätte. Du weißt, wie Rojilat ist – er liebt es, Leute zu provozieren und hätte nie aufgehört, wenn Baran sich nicht so in die Situation eingemischt hätte."
„Aber warum... warum musste er so etwas sagen? Warum musste er mich dumm nennen?" Meine Stimme zitterte, und ich kämpfte damit, die Tränen zurückzuhalten.
Merican seufzte und hielt kurz inne. „Weil er Rojilat das Signal geben musste, dass es vorbei ist. Wenn er dich vor Rojilat in Schutz genommen hätte, ohne irgendetwas zu sagen, was ihn zufriedenstellt, wäre das Ganze nur weiter eskaliert. Baran hat sich dafür entschieden, das Spiel mitzuspielen, damit Rojilat aufhört."
Ich wollte nicht glauben, dass das, was Baran gesagt hatte, aus gutem Grund passiert war. Es fühlte sich zu echt an, zu verletzend. Aber Merican kannte Baran gut, vielleicht besser als ich.
„Asia," fuhr sie fort und drückte meine Schulter leicht, „Baran würde dich nicht absichtlich verletzen. Er wollte, dass Rojilat keine Angriffsfläche mehr hat. Und dafür musste er dich scheinbar schwach dastehen lassen, weil er wusste, dass das der einzige Weg war, Rojilat zu stoppen."
Ich schluckte hart und sah sie an. „Warum hat er mir das nicht einfach gesagt?"
Merican lächelte traurig. „Baran ist kompliziert. Er spricht nicht immer aus, was er wirklich denkt oder fühlt. Aber glaub mir, tief in seinem Inneren hat er das Richtige für dich getan, auch wenn es falsch aussah."
Die Prüfungen standen vor der Tür, und der Stress lag wie ein dicker Nebel über mir. Jeder in meinem Umfeld war angespannt, aber für mich kam noch eine andere Herausforderung dazu – der Ramadan. Es war diese Zeit des Jahres, in der das Fasten eine zusätzliche Schicht von Disziplin und Hingabe in meinen Alltag brachte. Doch heute war es anders. Ich hatte meine Periode, und die Schmerzen waren so heftig, dass ich mich kaum auf etwas konzentrieren konnte.
Der erste und zweite Tag meiner Periode waren immer schlimm. Die Krämpfe kamen in Wellen, als ob jemand mir ständig mit einem Schraubenschlüssel den Magen zudrehen würde. Mein Outfit war komplett in Schwarz gehalten – eine lockere schwarze Hose und ein schwarzer Pullover, der ein wenig zu groß war und mir das Gefühl von Sicherheit gab. Niemand sollte merken, wie elend ich mich fühlte. Aber das Schwarz half, mich unsichtbar zu machen, zumindest für einen Moment.
Ich saß im Vorlesungssaal und versuchte, mich auf die Notizen vor mir zu konzentrieren. Die Wörter verschwammen gelegentlich vor meinen Augen, und ich musste tief durchatmen, um die Schmerzen wegzudrücken. Es war Ramadan, aber da ich während meiner Periode nicht fasten musste, war ich nicht gezwungen, mich auch noch mit Hunger auseinanderzusetzen. Trotzdem fühlte ich mich irgendwie schuldig, als ob ich mich erklären müsste, obwohl niemand etwas sagte.
Sema saß neben mir und warf mir hin und wieder besorgte Blicke zu. Sie wusste, wie schlimm es bei mir war, wenn diese Zeit des Monats kam. „Geht's dir gut?" flüsterte sie und lehnte sich leicht zu mir rüber.
Ich nickte nur stumm, zu erschöpft, um wirklich zu antworten. Die Krämpfe kamen wieder, und ich griff unwillkürlich nach meiner Tasche, in der ich Schmerztabletten hatte. Wenigstens halfen sie ein bisschen.
„Wenn du eine Pause brauchst, sag einfach Bescheid," murmelte Sema und legte ihre Hand kurz auf meinen Arm. Es war beruhigend zu wissen, dass sie da war, aber ich wollte nicht schwach wirken. Die Prüfungen waren bald, und ich konnte mir keine Lücken leisten. Der Druck, gut abzuschneiden, war enorm, besonders jetzt, wo alles so dicht aufeinander zu kam.
„Sollen wir ein bisschen frische Luft schnappen?" schlug Sema vor, als sie meinen erschöpften Gesichtsausdruck bemerkte.
Ich nickte und folgte ihr nach draußen, wo der frische Frühlingstag zumindest ein wenig Erleichterung brachte. Die Sonne schien, aber mir war es egal. Ich wollte nur, dass dieser Tag schneller vorbei ging, dass die Schmerzen nachließen, und dass ich mich endlich wieder auf die Prüfungen konzentrieren konnte. Manchmal fragte ich mich, wie ich das alles unter einen Hut bekommen sollte. Aber dann dachte ich daran, dass ich diese Phasen schon oft durchgestanden hatte – und irgendwie, egal wie schwer es war, kam ich immer wieder auf die Beine.
Nach der Vorlesung gingen Sema und ich in die Bibliothek, um weiter für die Prüfungen zu lernen. Mein Kopf schmerzte und mein Bauch zog sich immer wieder schmerzhaft zusammen. Die Krämpfe waren heute unerträglich, und der Gedanke, stundenlang still sitzen zu müssen, während ich mich auf den Stoff konzentrieren sollte, erschien mir fast unmöglich.
Wir fanden einen Platz an einem der langen Tische, und während Sema sich sofort in ihre Bücher vertiefte, warf ich einen flüchtigen Blick auf meine Notizen. Aber der Schmerz ließ mich kaum klar denken. Ich muss kurz auf die Toilette, dachte ich, und stand auf, bevor es schlimmer wurde.
„Ich geh kurz auf die WCs," murmelte ich zu Sema, die nur mit einem leichten Nicken reagierte, ohne von ihrem Text aufzuschaun. Der Weg durch die Bibliothek fühlte sich länger an als sonst, und mein ganzer Körper schien immer schwerer zu werden.
Als ich das Gebäude verließ und den Gang zu den Toiletten entlangging, begann mein Kopf zu schwirren. Schwarz. Alles fühlte sich schwarz an. Meine Sicht wurde verschwommen, und ich spürte, wie mir plötzlich übel wurde. Nein, nicht jetzt.
Der Boden unter meinen Füßen wankte, und ich griff nach der Wand, doch meine Hand verfehlte sie. Mein Körper kippte nach vorne, und die Welt um mich herum drehte sich. In meinem letzten klaren Moment sah ich einen Schatten vor mir – und dann spürte ich plötzlich starke Arme, die mich auffingen, bevor ich zu Boden fallen konnte. Ich war nicht allein.
„Asia!" hörte ich eine tiefe, vertraute Stimme, die wie aus der Ferne klang. Mein Kopf war schwer, und ich konnte kaum die Augen offenhalten, aber als ich sie leicht öffnete, sah ich sein Gesicht über mir. Baran. In seinen Armen.
„Baran..." flüsterte ich schwach, kaum mehr als ein Hauch von Stimme. Es war das Letzte, was ich sagen konnte, bevor alles um mich herum schwarz wurde und ich ohnmächtig in seinen Armen zusammensank.
Seine starken Arme hielten mich fest, und in diesem Moment, kurz bevor das Bewusstsein mich völlig verließ, war da dieses eigenartige Gefühl von Sicherheit.
Er.
Ich konnte kaum glauben, was gerade passierte. Eben noch war ich in der Bibliothek gewesen, konzentriert auf meine eigenen Prüfungen, als ich aus dem Augenwinkel Asia sah. Sie sah blass aus, als ob sie jeden Moment zusammenbrechen würde. Und dann tat sie es. Ohne nachzudenken, sprang ich auf und rannte auf sie zu, gerade rechtzeitig, um sie aufzufangen, bevor sie auf den Boden knallte.
„Asia..." flüsterte ich, aber sie war kaum noch bei Bewusstsein. Ihre Augen waren halb geschlossen, ihre Haut war erschreckend blass. Ich hob sie in meine Arme, ihre zarte Gestalt fühlte sich fast zerbrechlich an, während ich sie durch die Flure trug. Verdammt, was ist mit ihr?
Ich ignorierte die Blicke der anderen Studenten, die mir folgten, als ich mit Asia in meinen Armen durch den Campus eilte. Ihre reglose Gestalt ließ mein Herz schneller schlagen, und jede Sekunde zählte. Die Leute starrten uns an, tuschelten, aber ich hatte nur einen Fokus: Sie musste ins Krankenzimmer.
Dort angekommen, öffnete ein Student im Kittel die Tür und nickte mir knapp zu. „Leg sie auf die Liege," sagte er sachlich, als wäre das hier Routine. Ich zögerte keinen Moment und legte Asia vorsichtig auf die weiße Liege. Ihre Wimpern zuckten leicht, aber sie war immer noch ohnmächtig.
Der Typ beugte sich über sie und begann, ihren Kopf und ihr Gesicht zu betasten. Etwas in mir verkrampfte sich. Es war irrational, aber ich konnte nicht verhindern, dass Eifersucht in mir aufstieg, als ich seine Hände auf ihrem Gesicht sah. Sie war so verletzlich in diesem Moment, und ich konnte nichts tun, außer zusehen.
„Hat sie Fieber?" fragte ich knapp, um mich selbst abzulenken, aber er schüttelte den Kopf. „Nein, kein Fieber," sagte er ruhig. „Weißt du, was passiert ist?"
„Sie fastet," sagte ich, immer noch ein wenig angespannt. „Vielleicht hat sie zu wenig getrunken."
Der Typ schaute mich an und zuckte mit den Schultern, als wüsste er es auch nicht wirklich besser. „Hm, könnte sein. Wassermangel oder so."
Wassermangel? Das klang so unsicher, als hätte er keinen Plan. „Gibt es hier keine Ärztin?" fragte ich und fühlte, wie die Ungeduld in meiner Stimme mitschwang. Das hier war kein Spiel.
In dem Moment kam die Ärztin herein, ihre ernste Miene wirkte beruhigend. „Was haben wir hier?" fragte sie und ging direkt zu Asia. Ihre Augen wanderten kurz zu mir. „Ist das ihre Tasche?"
Ich nickte und reichte ihr die Tasche, froh, dass jetzt endlich jemand mit Ahnung da war. Die Ärztin zog eine Wasserflasche heraus, und der Student neben ihr runzelte die Stirn. „Also fastet sie doch nicht," meinte er, als wäre das irgendwie relevant.
Die Ärztin ignorierte ihn und konzentrierte sich wieder auf Asia. Sie tastete vorsichtig ihren Bauch ab, und ich konnte den besorgten Blick auf ihrem Gesicht sehen. „Es sieht aus, als hätte sie starke Periodenschmerzen," erklärte sie schließlich. „Das erklärt das Umkippen. Wahrscheinlich sind die Krämpfe zu stark."
Der Student nickte schnell, als hätte er es die ganze Zeit gewusst, aber ich sah nur die Ärztin an. „Was machen wir jetzt?" fragte ich, meine Stimme klang rauer, als ich beabsichtigt hatte.
„Sie braucht Ruhe. Wir geben ihr ein Schmerzmittel und eine Wärmeflasche," sagte die Ärztin ruhig. „Lassen Sie sie hier ein bisschen liegen, bis es ihr besser geht."
Eine Welle der Erleichterung durchströmte mich. Das war es also. Es waren die Schmerzen, die sie außer Gefecht gesetzt hatten. Ich sah hinüber zu Asia, die immer noch bewusstlos auf der Liege lag. Ihr Gesicht war entspannt, und ich konnte nicht anders, als sie zu mustern. Sie hatte ihre Periode. Ich hätte es mir denken können, aber der Gedanke, dass sie so stark litt und ich nichts hatte tun können, machte mich fertig.
Während der Student nach dem Schmerzmittel und der Wärmeflasche suchte, blieb ich neben der Liege stehen, beobachtete Asia für einen Moment. Dieses Mädchen. Sie machte es einem nicht leicht, aber selbst in ihren schwächsten Momenten war da etwas an ihr, das mich anzog – etwas, das ich nicht loslassen konnte, egal wie kompliziert es zwischen uns war.
Ich saß neben Asia, die reglos auf der Liege lag. Ihr Gesicht war blass, aber ihre Atmung schien sich beruhigt zu haben. Die Ärztin hatte sie mit einer Wärmeflasche versorgt und ihr ein Schmerzmittel gegeben. Ich hatte mich auf den Stuhl daneben fallen lassen und beobachtete sie, als ob ich durch meine bloße Anwesenheit verhindern könnte, dass es ihr wieder schlecht ging. Aber was hätte ich sonst tun sollen?
Mein Handy vibrierte in meiner Tasche. Ich zog es heraus und sah die Benachrichtigung: Merican. Natürlich. Sie war mit Azad in der Bibliothek gewesen, als das alles passiert war. Wahrscheinlich wusste sie schon längst Bescheid. Ich entsperrte das Handy und las ihre Nachricht.
Merican: „Wo seid ihr? Was ist mit Asia los? Die ganze Uni redet drüber, wie du sie in deinen Armen durch den Campus getragen hast..."
Ich spürte, wie sich meine Kiefermuskeln anspannten. Natürlich redeten sie darüber. Nichts blieb lange unbemerkt, und vor allem bei uns wurde immer sofort alles zum Thema gemacht. Es war nervig, wie schnell sich so etwas verbreitete. Leute brauchten wohl immer etwas, um darüber zu reden. Ich tippte schnell eine Antwort ein, bevor mich der Gedanke noch weiter aufregte.
Ich: „Sie ist in Ohnmacht gefallen. Krämpfe, Periode, zu viel Stress. Was hätte ich machen sollen? Sie auf dem Boden liegen lassen?"
Ich drückte auf Senden und lehnte mich zurück, mein Blick wanderte wieder zu Asia. Warum machte mich das so wütend? War es wirklich nur der Klatsch und Tratsch? Oder war da mehr? Die Art, wie alle gleich etwas reininterpretieren mussten, als hätten sie keine Ahnung, wie ernst die Situation war.
Mein Handy vibrierte erneut.
Merican: „Nein, nein, das war natürlich richtig! Aber du weißt doch, wie die Leute hier sind. Alle reden drüber. Es sieht halt nach... na ja, nach was anderem aus. Und jetzt drehen alle durch. Azad meinte, es wäre besser, wenn du dich erklärst, bevor die Gerüchte abgehen."
Ich schnaubte leise und rieb mir genervt die Stirn. Erklären? Was zum Teufel sollte ich denn erklären? Dass ich sie vor dem Umkippen bewahrt hatte? Dass ich keine Lust hatte, zuzusehen, wie sie auf den Boden knallt?
Ich schrieb zurück, mein Daumen schnell über das Display gleitend.
Ich: „Die sollen mal den Ball flachhalten. Es war nichts anderes als das, was man in der Situation macht. Asia ist umgekippt, Punkt. Was genau soll ich tun, wenn sie fast vor mir zusammenbricht? Nichts?"
Ich ließ das Handy sinken und atmete tief durch. Das Drama konnte ich jetzt echt nicht gebrauchen. Natürlich, Asia und ich hatten unsere Differenzen, aber so war ich nicht. Ich ließ niemanden einfach so hängen, schon gar nicht in so einer Situation.
Mein Blick glitt wieder zu ihr hinüber. Ihr Gesicht war entspannt, ihre Atmung ruhig, aber ich fragte mich, was sie wohl denken würde, wenn sie wach wäre und wüsste, dass jetzt die ganze Uni darüber sprach.
Nach etwa zwanzig Minuten, in denen ich neben ihr auf dem Stuhl saß und die Stille des Krankenzimmers nur von den gelegentlichen Geräuschen der Ärztin und des Studenten unterbrochen wurde, sah ich plötzlich, wie sich Asias Finger leicht bewegten. Ihre Atmung änderte sich, wurde bewusster. Ich lehnte mich vor, gespannt darauf, ob sie endlich zu sich kommen würde.
Ihre Augenlider flackerten, und dann öffneten sich ihre Augen langsam. Sie sah mich an, und für einen Moment schien sie verwirrt, bis sich ihre Blicke mit meinen kreuzten.
„Baran..." flüsterte sie, genauso wie kurz bevor sie ohnmächtig geworden war. Ihre Stimme war schwach, fast ein Hauch, aber in diesem Augenblick war es, als wäre der Raum nur für uns zwei da.
Ich drehte mich sofort zu ihr um, konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, als ich sah, dass sie wieder bei Bewusstsein war. Mit sanften Bewegungen strich ich ihr durch das Gesicht, mein Daumen glitt über ihre Stirn und wischte eine Strähne aus ihrem Gesicht. „Hey... geht's dir besser?" Meine Stimme war ruhig, aber irgendwo darunter lag immer noch die Besorgnis, die mich seit dem Moment, als sie zusammengebrochen war, nicht losgelassen hatte.
Asia nickte schwach, schloss kurz die Augen und öffnete sie dann wieder, als sie etwas klarer wurde. „Ja..." Sie atmete tief ein und versuchte, sich aufzurichten, aber ich drückte sie sanft zurück. „Es war... es war wahrscheinlich wegen dem Fasten." Sie versuchte, es locker klingen zu lassen, als wäre das alles keine große Sache, aber ich sah sofort, wie sie mich nicht ansah, als sie das sagte. Sie log.
Ich schnaubte leise und warf einen kurzen Blick auf ihren Arm, wo die Infusionsnadel hing, die die Ärztin ihr für die Schmerzmittel gesetzt hatte. Fasten, ja klar. Meine Augen glitten zurück zu ihrem Gesicht, und ich hob eine Augenbraue.
„Fasten, ja?" sagte ich, meine Stimme ruhig, aber unmissverständlich. „Ich weiß schon, was los ist, Asia." Mein Blick wanderte wieder zur Infusionsnadel. „Du musst mir nichts vormachen."
Ihre Augen folgten meinem Blick und landeten auf der Nadel. Sie biss sich auf die Lippe, und ich konnte sehen, wie sie für einen Moment versuchte, irgendeine Erklärung zu finden. Aber dann ließ sie es wohl bleiben. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, weiter so zu tun, als wäre alles in Ordnung.
„Es ist..." Sie stockte kurz, und ich sah, wie sie kurz mit sich rang. „Ich habe meine Periode." Die Worte kamen leise und etwas zögernd, als ob sie sich dafür schämen würde, aber ich konnte den Schmerz in ihrer Stimme hören.
„Ja, das dachte ich mir," sagte ich sanft, ohne sie in Verlegenheit zu bringen. „Du musst nicht so tun, als wäre alles in Ordnung. Krämpfe wie deine bringen jeden um."
Sie sah mich für einen Moment an, ihre Augen noch immer müde, aber vielleicht auch ein wenig erleichtert, dass sie nicht länger lügen musste. „Es war nur... zu viel auf einmal. Die Prüfungen, der Stress, und dann noch die Schmerzen."
Ich sah, wie Asia versuchte, stark zu bleiben, während sie dort auf der Liege lag, immer noch erschöpft, aber zumindest bei Bewusstsein. Ihre Augen wirkten müde, aber auch erleichtert, dass die Lüge mit dem Fasten nicht mehr im Raum stand. Doch ich wusste, dass sie sich noch länger erholen musste, und die letzte Sache, die ich wollte, war, dass die Leute weiter über uns redeten.
Ich seufzte leise, als ich aufstand und die Schultern straffte. „Ich werde Merican informieren," sagte ich und sah sie dabei direkt an. „Sie kann hier bei dir bleiben, okay? Bevor noch mehr Leute anfangen, Gerüchte zu verbreiten." Mein Tonfall war ruhig, aber ernst. Die Gerüchteküche kochte schon genug. Asia brauchte nicht noch mehr Stress.
Ich sah, wie sie leicht die Stirn runzelte, als ob sie protestieren wollte, aber bevor sie etwas sagen konnte, ging ich zur Tür. Doch als meine Hand die Klinke berührte, hielt ich inne. Etwas in mir hielt mich zurück.
Langsam drehte ich mich um, mein Blick fixierte sie. Asia lag immer noch auf der Liege, ihre Augen groß und unsicher, als ich ein paar Schritte zurückging. Ich wusste, dass sie mich misstrauisch beobachtete, aber ich konnte mir das hier nicht verkneifen.
„Du schuldest mir was," sagte ich ruhig, meine Stimme ein wenig rauer als zuvor. „Und du wirst diese Gefälligkeit wieder gutmachen."
Asia blinzelte verwirrt. „Was...?" fing sie an, aber ich ließ sie nicht ausreden.
„Diesen Samstag. Du wirst 24 Stunden mit mir verbringen." Mein Tonfall ließ keinen Raum für Verhandlungen. Es war keine Bitte, es war eine Feststellung. Sie sah mich an, als könnte sie nicht glauben, was ich da gerade gesagt hatte, aber bevor sie antworten konnte, zog ich die Tür auf.
„Wir sehen uns," fügte ich hinzu, drehte mich um und verließ den Raum, ohne ihr eine Chance zu geben, zu protestieren.
DU LIEST GERADE
Über Grenzen hinaus [eine türkisch-kurdische Liebesgeschichte]
RomanceAsia über Baran: "Baran ist wie ein magnetisches Feld, das mich unwiderstehlich anzieht. Seine Ausstrahlung und seine faszinierende Andersartigkeit ziehen mich magisch in seinen Bann. Er ist ein Rätsel, das ich unbedingt lösen möchte, und gleichzeit...