Kapitel 7

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Ich zupfe ein letztes mal an dem dunkelblauen Stoffs meines Kleides herum und versuche Falten zu glätten die gar nicht da sind. Wieso bin ich bloß so nervös? Es ist nur ein Abendessen und selbst wenn Frau Cameron mich nicht ausstehen kann, wird Liv nicht zulassen das sie mich rausschmeißt. Hoffe ich zumindest. "Amalia bist du fertig?" ruft Jason durch meine Zimmertür. "Sofort" erwidere ich und höre wie er aufseufzt. "Wieso brauchen Frauen bloß immer nur so lange?" nörgelt er herum und ich unterdrücke ein Lachen.

Als wir endlich fertig die Treppe herunter kommen höre ich schon wie Liv sich mit jemanden unterhält. "Du wirst sie lieben Mum." Haha das glaubst du ja wohl selbst nicht Liv oder? Jason zieht mich mit ins Wohnzimmer wo ein wunderschöner gedeckter Tisch steht. Ok Liv hat sich sehr viel Mühe für dieses Essen gegeben. Es muss ihr wohl sehr wichtig sein das ihre Mutter mich mag...oder verbirgt sich etwas anderes dahinter? Nervös trete ich hinter Jason ins Zimmer und sofort fällt der Blick von Frau Cameron auf mich. Wow also eins muss man ihr lassen sie hat ein makelloses Gesicht. So makellos das selbst Luisa umfallen würde vor blankem Neid. "Das ist sie." sagt Liv und winkt mich zu ihnen. "Ich hab es dir ja gesagt eine Naturschönheit." fügt Liv noch dazu und ich werde rot. Sie hat was bitte gesagt? Ich bin doch nicht mal ansatzweise hübsch. Ok so übel nun auch wieder nicht aber trotzdem ganz bestimmt nicht so wie Liv mich darstellt. "Komm wir setzen uns an den Tisch. Bruderherz könntest du bitte die Kartoffeln aus dem Ofen holen?" sagt Liv und führt uns zum Tisch. "Zu Befehl Boss." erwidert Jason sarkastisch und schenkt mir ein kleines Lächeln bevor er in die Küche verschwindet. Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten? Ich werde einfach nicht schlau aus Jason. Ach was solls jetzt hab ich erstmal wichtigeres zu tun. Ich setze mich neben Liv und damit gegenüber von Frau Cameron. "Also du bist Amalia?" fragt sie und ich nicke schnell. "Ich bin Sandra." stellt sie sich vor und reicht mir die Hand genauso wie Jason es bei unserer ersten Begegnung getan hat. Ok also vor mir sitzt Sandra Cameron. Gar nicht mal so übel bis jetzt. Zum Glück kommt Jason genau in diesem Moment mit einer Schüssel voller Kartoffeln ins Zimmer. Er stellt sie ab, dann setzt er sich neben Frau Cam...Sandra. Das ist definitiv leichter auszusprechen.

Völlig erschöpft wache ich am nächsten Morgen auf. Zum Glück ist heute Samstag und ich muss nicht zur Schule, denn das hätte ich heute echt nicht überlebt. Aber es gibt statt der Schule Liv die herein platzt. "Hey wollen wir uns heute mal einen richtigen Mädelstag machen?" fragt sie mich begeistert. Anscheinend ist das Abendessen gestern zu ihrer Zufriedenheit verlaufen. Kein Wunder Frau Cameron hat es mir auch nicht wirklich schwer gemacht. Sie ist echt ziemlich nett und sympatisch und überhaupt nicht so wie ich sie mir vorgestellt hatte. "Ok ich mach mich noch schnell fertig." erwidere ich und sie nickt und lässt mich wieder allein.

Als ich nach unten komme sitzen Jason und ein Junge den ich nicht kenne auf der Couch und gucken irgendeinen Film. "Hey" sagt Jason als er mich sieht und winkt mich zu ihnen. "Das hier ist mein Kumpel Ryan. Ryan das ist Amalia." stellt er uns gegenseitig vor und Ryan sagt kurz "Hi" und lächelt mich an bevor er sich wieder dem Film zuwendet. Woher kennt Jason den Typen? Er geht nicht auf unsere Schule, zumindest habe ich ihn da noch nie gesehen. Ich beschließe nachher Liv zu fragen die gerade die Treppe herunter kommt. "Können wir los oder willst du dir diesen sinnlosen Film reinziehen?" sagt sie in Richtung von Jason und Ryan. "Ey er ist gar nicht mal so schlecht." erwidert Jason was Liv nur mit einem Lächeln ab tut und mich zur Tür zieht.

Liv ist wirklich das perfekte Beispiel für sehr freundliche Mädchen mit einem Nachteil: Shoppingwahn! Man könnte es sogar als Sucht bezeichnen. Wir sind gerade mal im ersten Laden und ich bin schon jetzt überfordert. "Wie wäre es mit dem hier?" fragt sie mich andauernd, aber nie gefallen mir die Klamotten die sie vorschlägt. Bis sie auf einmal mit einem wunderschönen Kleid ankommt. Es ist ein hellblaues Sommerkleid. "Wie findest du das?" fragt sie mich. Naja es ist schon ganz schön aber- "Es geht mir gerade mal bis zu meinen Knien." sage ich zweifelnd. So etwas ist gar nicht gut. Es macht mich angreifbarer. "Ach komm schon. Probiere es wenigstens an." sagt sie und zögerlich willige ich ein. Dann mach ich es eben, aber es wird mir sowieso nicht gefallen. Liv stellt sich vor die Umkleidekabine bis ich fertig umgezogen bin. Als ich soweit bin reißt sie den Vorhang auf. "Du siehst fantastisch aus!" sagt sie begeistert und ich verdrehe die Augen. War ja klar das sie das sagt. Sie muss meine Zweifel bemerkt haben denn sie sagt: "Überzeuge dich selber." Und ehe ich mich versehe stehe ich vor einem großen Spiegel. Ich muss ein paar Mal blinzeln bis ich fest davon überzeugt bin das die Person vor mir wirklich Ich ist. Das Kleid sitzt wie angegossen so als sei es extra für mich entworfen worden. Und es ist einfach wunderschön. Staunend drehe ich mich zu einer lächelnden Liv um. "Ich hab es ja gesagt! Komm das nehmen wir mit." sagt sie und ich nicke.

Ein paar Stunden später sitzen wir in einem kleinen Cafe. Ich trinke eine heiße Schokolade während sich Liv einen Cappuccino bestellt hat. Es ist so schön ruhig hier. "Sag mal woher kennt Jason eigentlich diesen Ryan?" frage ich sie. Liv guckt mich verwirrt an. Wahrscheinlich fragt sie sich warum mich das interessiert. "Er geht nicht auf unsere Schule deshalb frage ich." füge ich hinzu und sie lacht auf. "Achso. Ryan ist ein alter guter Freund von ihm und nur zu Besuch hier." stellt sie klar und ich nicke. Daher kennen sie sich also.

Als wir auf dem Heimweg sind springt mir ein kleiner Laden ins Auge. Im Schaufenster liegt allerhand Schmuck aus. "Ich will noch kurz in den Laden hier." sage ich zu Liv und sie stimmt ohne lange zu zögern zu. Ich weiß selbst nicht was ich mir erhoffe zu finden. Liv schaut sich ein paar Ketten an während ich die Armbänder durchsuche. Sie sind schon ganz schön, aber es fehlt irgendwie was. "Entschuldigung?" spreche ich eine Mitarbeiterin an die gerade ein Regal einräumt. Sie stellt eine Kiste ab bevor sie sich fragend mir zuwendet. "Ich ähm suche ein Armband aber ein ganz bestimmtes." sage ich und sie nickt. "Wonach suchst du den genau?" fragt sie mich. Ja wonach suche ich verdammt? Wieso bin ich überhaupt in diesen Laden gegangen? Damit muss es doch irgendwas auf sich haben! "Ich suche eins mit einem Anhänger. Es soll ein Vogel sein." sprudelt es aus mir heraus. Hä ein Vogel? Wie bin ich denn jetzt darauf gekommen? "Ok wie wäre es denn mit dem hier?" holt mich die Verkäufern aus meiner Verwirrung zurück und hält ein Armband hoch. Es ist es ist weiß und geflochten. In der Mitte ist ein kleiner goldener Vogel eingearbeitet. Er hat die Flügel ausgebreitet, so als würde er gleich abheben wollen. "Es ist perfekt!" flüstere ich und plötzlich schießt mir eine Erinnerung durch den Kopf. Vögel waren früher meine Lieblingstiere und einmal hat Alex gesagt: "Wenn ich nicht mehr da bin dann werden die Vögel deine Beschützer sein." Ich starre auf den kleinen goldenen Vogel. Es hört sich zwar komisch an aber ist das vielleicht der Grund weshalb ich so ein Armband möchte? Weil ich hoffe das die Vögel mich anstatt Alex beschützen genauso wie er es gesagt hat? Auch wenn sie das gar nicht können? Und selbst wenn nicht ich finde dieses Armband viel zu schön um es hier zu lassen.

The fear in your eyes *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt