Kapitel 32

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Reiß dich zusammen Amalia! Weinen bringt dich nicht weiter.

Ich weiß aber-

Aber? Du willst hier raus? Nach Hause? Dann musst du nachdenken und es schaffen hier raus zu kommen. Ich glaub nämlich nicht das Luisa sich nochmal die Mühe macht her zu kommen.

Stimmt es hat schon längst geklingelt. Das heißt das die Stunde vorbei ist.

Was soll ich jetzt machen?

Doch ausgerechnet jetzt antwortet mir die Stimme, nicht mehr. Ich werfe mich ein paar Mal an die Tür, in der Hoffnung das jemand mich hört. Doch niemand scheint auf den Gängen unterwegs zu sein. Na toll und jetzt?

Gib doch nicht so schnell auf!

Ach toll du bist wieder da... Vorschläge?

Tja ähm...

Meine innere Stimme hat selbst keinen Plan. Was soll ich nur machen? Ich will nicht bis morgen hier drin sitzen! Hier ist es dunkel, kalt und man kriegt schwer Luft.

"Hilfe! Hilfe hört mich jemand? Hilfe!" Zumindest will ich das rufen, heraus kommen nur ein paar gedämpfte Schreie. Also beschließe ich mich weiter an die Tür zu werfen, solange bis mir meine Schulter weh tut. Wird mich überhaupt jemand finden? Jason wird sich bestimmt furchtbare Sorgen machen.

Ich sitze vor der Tür, wo ich meinen Kopf angelehnt habe. Ich habe es aufgegeben mich bemerkbar zu machen, niemand kommt hierher. Wars das jetzt? Ich werde hier ersticken, weil ein krankes Mädchen mich hier eingesperrt hat, die früher mal meine beste Freundin war?

Sie ist sowas von gestört.Wer tut sowas?

Ich höre mein Handy im Hintergrund ein paar Mal klingeln. Das ist bestimmt Jason und ich kann ihm nicht sagen wo ich bin. Mittlerweile halte ich es für unwahrscheinlich das ich hier je wieder raus kommen werde. Der Sauerstoff wird immer weniger. Das ist das Ende. Alex es tut mir leid denke ich und fange wieder an zu weinen. Du hast mir noch eine Chance gegeben zu leben und ich habe versagt. Ich habe einfach versagt, aber wenigstens komme ich jetzt zu dir. Du hast mir so gefehlt.

Jason ich werde dich vermissen. Es tut mir so leid, das du mich nie wiedersehen wirst. Clarissa und Liv ihr werdet mir auch so sehr fehlen und- Plötzlich höre ich Schritte, ganz in meiner Nähe. Sofort werfe ich mich wieder an die Tür und schreie so laut ich kann. Bitte! Wer auch immer da ist, bitte hilf mir!

Im nächsten Moment wird die Tür aufgerissen und ich falle nach vorne auf den Boden. "Amalia?" Jemand kniet sich neben mich. Ryan! Es ist Ryan! Ich habe ihn sofort erkannt. Sofort rappel ich mich auf und falle ihm weinend um den Hals. Ich kenne ihn eigentlich nicht richtig, aber ich bin ihm in diesem Moment einfach so dankbar. Er schiebt mich sanft von sich und mustert mich besorgt. Als allererstes entfernt er den Knebel aus meinem Mund und ich hole schluchzend Luft. Es dauert ein paar Minuten bis ich wieder normal weiter atmen kann. Währenddessen hat er auch meine Arme befreit und ich streiche ein paar Mal über meine roten angeschwollenen Handgelenke. "Wie lange warst du da drinnen?" fragt Ryan geschockt und zeigt zur Abstellkammer. "Keine Ahnung. Ich wurde in der Mittagspause da eingesperrt." antworte ich stockend. Jetzt verwandelt sich sein Gesichtsausdruck von besorgt zu wütend. "5 Stunden? Du warst 5 Stunden da drinnen?!" Sieht wohl so aus. Warum hat mir denn niemand geholfen, außer Ryan? Habe ich es wirklich verdient in einer Abstellkammer zu ersticken? Schon wieder schießen mir Tränen in die Augen. Schluchzend schlage ich meine Hände vor meine Gesicht und weine einfach. Ich lasse alles raus, was ich die letzten Stunden versucht habe zu verdrängen. Angefangen mit der Spind Geschichte bis hin zu der Abstellkammer. Den ganzen Tag ist fast jeder mir nur mit Hass begegnet. Was hab ich denn nur falsch gemacht?

"Hey" Ryan ist wieder neben mir und legt seinen Arm um mich. "Alles wird wieder gut. Weder ich, noch die anderen werden zulassen das dir das nochmal angetan wird." versucht er mich zu beruhigen. Doch es klappt nicht wirklich. Trotzdem versuche ich mich zusammen zu reißen. Ich will vor ihm keine Schwäche zeigen. Er soll mich nicht so kennen lernen.

Irgendwann als ich mich schließlich ein bisschen beruhigt habe, führt er mich aus der Schule raus, zu seinem Auto. "Steig ein." ruft er mir zu und das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich will hier einfach nur noch weg.

Als wir Zuhause ankommen, bietet mir Ryan an noch mit rein zu kommen, doch ich lehne dankend ab. "Danke das du mir geholfen hast." murmele ich und schaue ihn schüchtern an. "Das war doch selbstverständlich. Wenn du nochmal Hilfe brauchst, du kannst mich jederzeit anrufen." sagt er und schreibt mir seine Handynummer auf. Danach fährt er weg und verschwindet aus meinem Blickfeld als er um eine Ecke biegt. 

Jasons Sicht

Gut gelaunt komme ich langsam zur Tür hinein. "Hi" lächelt Liv mich an und fragt mich ob ich was mit essen will. Ich bejahe nur und verschwinde in mein Zimmer, wo ich meine verschwitzten Sportsachen erstmal gegen neue eintausche. Ich glaub einfach nicht das wir doch noch gewonnen haben. Am Anfang sah es nicht wirklich gut aus, doch auf einmal hat sich das Blatt gewendet. Ich kann es gar nicht erwarten Ryan davon zu erzählen, aber der ist heute ganz mit dem Umzug beschäftigt. Sein Anmeldeformular muss er auch noch abgeben.

"Ich werde nie verstehen was an Fußball so toll ist." sagt Liv und schaut mich leicht genervt an, als ich ihr alles haargenau erzähle. Sie sollte sich lieber bedanken, nicht jedem erzähle ich das so ausführlich. Außerdem ist Fußball eine tolle Sportart und macht außerdem noch sehr viel Spaß. Schon seit ich klein bin spiele ich Fußball. Damals ist Dad noch zu jedem meiner Spiele gekommen. Wieso haben wir uns nur so aus den Augen verloren?

"Liv hast du zufällig etwas von-" "Nein Jason. Nein hab ich nicht." Sie beginnt den Tisch ab zu räumen, ich weiß das sie das nur macht um sich selbst von diesem Thema abzulenken. Von uns dreien hat Liv es echt am schwersten verarbeitet oder vielleicht ist sie noch nicht mal drüber hinweg? "Du weißt genau wie ich zu diesem Thema stehe. Ich will ihn nicht sehen, ich will nicht über ihn reden-" Ich will etwas erwidern, doch sie schüttelt nur leicht den Kopf, zum Zeichen das ich es nicht mal versuchen soll. Ich und Mum haben versucht sie die letzten Monate über zu trösten, aber damit haben wir nichts erreicht. Letztendlich haben wir es irgendwann aufgegeben. Dabei muss es für meine Mum am schlimmsten gewesen sein, aber nicht mal das hat Liv mit bekommen. Sie hat begonnen sich in ihrer eigenen Welt zu verkriechen und das hat sie endgültig damit besiegelt als sie sich an der Uni beworben hat und hierher gezogen ist. Seitdem lernt sie, immer wenn ich sie sehe hängt sie über einem Schulbuch. Sie versucht überall perfekt zu sein und allen Anforderungen gerecht zu werden. Doch das macht sie noch mehr kaputt denke ich. Manchmal höre ich sie weinen. Sie wollte noch nicht einmal Medizin studieren. Das hat sie nur wegen Mum gemacht. Alles macht sie immer für die anderen, nie für sich selbst. "Wie gesagt ich will ihn einfach vergessen, aber leider ist das viel schwieriger als ich dachte." Ich möchte ihr so gerne wieder sprechen, ihr das Gegenteil beweisen, aber selbst das kann ich nicht. "Wieso ist er einfach in die USA gegangen?" kommt es wieder von Liv und ich schaue sie an. "Wieso sind wir ihm so egal, das er sich seit den letzten 3 Jahren nicht mehr gemeldet hat? Wieso hat er kein einziges Mal angerufen obwohl er es versprochen hat?" Sie lacht bitter und ein schwaches Lächeln umspielt ihre Mundwinkel. "Ich weiß es nicht. Und es ist mir egal weißt du? Solche Menschen können mir einfach gestohlen bleiben." Das gesagt dreht sie sich um und verlässt mit schnellen Schritten die Küche. Wie erstarrt sitze ich da. Sie hat Recht er hat sich nicht gemeldet und man merkt das es immer noch täglich an ihr nagt.

Plötzlich höre ich wie die Tür aufgeht und kurz darauf ein leises Schluchzen. Oh Nein das ist doch nicht etwa Liv oder? Habe ich sie mit meiner Frage zum Weinen gebracht? Schnell springe ich auf und laufe in den Flur. Doch der Anblick der mir begegnet ist noch viel schlimmer, als das was ich mir ausgemalt habe. Dort einige Meter vor mir steht Amalia, die ihre Arme schützend vor ihrem Körper verschränkt hat. Als sie langsam ihren Kopf hebt, um zu sehen wer da vor ihr steht, packt mich das Entsetzen. Ihr ganzes Gesicht ist voller blauer Hämatome. Doch das verblasst, als ich in ihre Augen schaue die mich verängstigt und voller Schmerz anstarren. Ihre Schultern fangen leicht an zu beben und schon entweicht ihr ein neues Schluchzen. Gequält sieht sie mich an. Ihre rehbraunen Augen füllen sich langsam mit Tränen, die wie Sturzbäche über ihre Wangen fließen. Was wurde ihr schon wieder angetan? Wer hat ihr schon wieder so weh getan, das sie so aufgelöst vor mir steht? Behutsam nähere ich mich ihr langsam, doch da kommt sie mir plötzlich entgegen und schlingt ihre Arme um mich. Als ihr wieder ein lautes Schluchzen entweicht lege ich fest meine Arme um sie. "Oh Jason" schluchzt sie leise an meiner Brust und bricht erneut in Tränen aus.

The fear in your eyes *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt