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Der dritte (und letzte) Teil des Kampfes: Leya

Ich habe gestern unglaublich viel getrunken. Immer wieder aus diesen kleinen Gläsern. Dieser Alkohol der nicht mehr nach Getränk schmeckt, sondern viel mehr nach Medizin. Aber nach drei davon schmecke ich sowieso nichts mehr und dann hat mich dieses Brennen im Hals auch nicht mehr gestört.

Ich habe an gestern allerdings nur noch wenig Erinnerung. Ich weiß noch ganz genau, wie wir tatsächlich Maik getroffen haben. Er wollte mich alleine sprechen und hat gesagt, dass ich aufhören soll, mit Leya befreundet zu sein. Er meinte, sie wäre gefährlich. Ich habe nur gelacht.
Wieso sollte ich Leya nicht mehr treffen?
Seit sie da ist, macht mein Leben wieder Spaß.
Seit sie da ist, bin ich nicht mehr so alleine.
Und seit sie da ist, habe ich vorallem eine Freundin.
Aber Maik versteht das nicht. Er hat ja Freunde. Er ist nie allein. Leya versteht mich.
Irgendeiner von den älteren Typen, von denen Leya auch vorher erzählt hat, hat mir irgendwann eine komische kleine Tablette angeboten. Ja klar, ich bin ja auch nicht dumm und hab schon von so einem Zeug gehört, aber in dem Moment war mein Körper scheinbar schon so sehr vom Alkohol benebelt, dass ich sie genommen habe. Ich schäme mich ein bisschen dafür. Aber im Nachhinein bereue ich es nicht, denn es war ein unglaublich toller Abend.
Seit dem Moment habe ich allerdings auch keine Erinnerungen an gestern Nacht mehr. Wahrscheinlich habe ich noch mehr Pillen geschluckt, noch mehr getrunken und vielleicht, mit ein bisschen Glück, auch mit Maik geküsst.
Leya habe ich seit gestern Nacht nicht mehr gesehen. Vielleicht kann sie mir ja mehr erzählen.
Ich hatte heute morgen, als ich um zehn Uhr unter meinem eigenen Schreibtisch in der Embryonalstellung aufgewacht bin, unglaubliche Kopfschmerzen und habe sie immernoch.
Diese Erinnerungslücke, nein, dieses Erinnerungsloch, dieser Erinnerungskrater macht mich schier verrückt und ich habe, seit ich wieder vernünftig denken kann, die verschiedensten Internetforen durchforstet, aus Angst, jemand könnte ein Bild von mir vom Abend hochgeladen haben.
Wenn meine Mutter wüsste, was passiert ist, würde sie weinen. Sie würde mich anschreien. Sie würde in sich zusammenfallen. Sie würde mich hassen. Nein. Sie würde sich hassen.

Trotzdem genieße ich das alles in vollsten Zügen. Diese Freiheit, dieses Dazugehörigkeitsgefühl, die neuen Menschen. All das habe ich nur Leya zu verdanken.
Leya.
Leya.
Leya.
Das Mädchen mit der porzellanweißem Haut.
Das Mädchen mit den blutroten Lippen.
Das Mädchen mit dem nachtschwarzen Haar.
Die böse Königin im Körper von Schneewittchen.
Stolz, wunderschön und klug.
Ich fahre mit meinem Kugelschreiber ganz vorsichtig über meinen Unterarm.
Würde es sehr wehtun, wenn ich mit die drei blutroten "L"s in meine Haut ritzen würde? Oder sie tätowieren würde? Eine Lebensweisheit für die Ewigkeit. Für alle Zeiten. Für immer.

Ich habe Angst, dass dieses "für immer" irgendwann vorbei ist.

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