3. Tod

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Der Hass schmerzte. Jemand zog mich hoch. Nein, ich will bei Mama bleiben! Ich streckte panisch die Pfoten nach ihr aus. Plötzlich ließ man mich fallen. Mir war, als würde ich in Eiswasser getaucht. Es war noch kälter als zuvor. Es war unerträglich. Ich schrie meine Qualen hinaus. Ich hörte wieder Mamas Stimme. Es kam mir vor, als sei ich ihr egal. Sie ließ mich weiter in der Kälte. Ich hatte das Gefühl, sterben zu müssen. Ich wurde erneut hochgehoben. Wärme umfing mich. Angenehme, gemütliche Wärme. Ich hielt mich an der Wärme fest, in der Angst, von ihr fortgerissen zu werden...

Ich sah etwas rotes im Schnee leuchten. Es war Blut. Ängstlich folgte ich der Spur. Irgendwann stieß ich gegen etwas und sah auf. Was ich sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Alle meine Clangefährten lagen auf einem blutigen Haufen. Ihre Bäuche waren aufgeschlitzt, die Mäuler zu qualvollen Schreien verzerrzt, die Augen glasig und blicklos. Lilienjunges war auch dabei, ihr Körper war über und über mit Blut beschmiert. Auf diesem Haufen stand meine Mutter, kalt lachend und auf mich herabblickend. "Ich habe doch gesagt, dass du dumm gehandelt hast, Rotstern." Sie begann zu lachen und stieß dabei gegen Rotsterns Schädel, der vom Haufen kullerte, vor mir stehen blieb und mich aus kalten, leeren Höhlen anstarrte.

Zitternd erwachte ich aus meinem Alptraum. Es war mitten in der Nacht. Der Mond schien durch den Eingang des Baus hinein. Lange saß ich da und versuchte meine Atmung und mein Zittern zu kontrollieren. Was beim SternenClan habe ich da bloß geträumt?! Es war so schrecklich gewesen!

Ich sah mich um. Mutter schlief zusammengerollt auf ihrem Nest. Regelmäßig hob und senkte sich ihre Flanke. Ich schaute sie lange an. Im Schlaf sah sie friedlicher aus, nicht so genervt und mürrisch wie am Tag. Ihr unheimliches Lachen aus dem Traum kam wieder hoch. Ich wandte den Blick schnell ab und sah zu den anderen Königinnen.

Birkenblüte, Mutter von Lilienjunges hatte ihren Schweif um ihre Tochter gelegt. Beide schliefen friedlich. Funkenblume, Mutter von Hirschjunges und Wolfjunges, dagegen ließ ihre Söhne dicht an ihrem weichem Pelz schlafen. Sogar sie sahen glücklich aus.

Jeder war glücklich. Jeder, außer mir. Den anderen fiel es so leicht, glücklich zu sein. Sie haben liebevolle Familien, die sich um sie kümmern und sie trösten, wenn sie traurig sind. Ich habe niemandem. Ich bin anscheinend dazu bestimmt alleine zu sein. Während ich die hellen Mondstrahlen betrachtete, die in den Bau fielen, fühlte ich mich so einsam wie noch nie.

"Sieg! Wir haben gesiegt!" Die Krieger des DonnerClans kehrten ins Lager zurück. Hektisch sah ich mich um, während die Krieger den anderen von ihrem Sieg erzählten. Niemand schien ernsthafte Verletzungen zu haben, was mich erleichterte. Wo war Rotstern? Ich musste mich bei ihm bedanken. Plötzlich wurde es still im Lager. Rotstern kam ins Lager. Er trug etwas auf dem Rücken.

Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass es eine Katze war. Nein! Das konnte nicht sein! Sicher war es nur eine Verletzte! Ich lief auf Rotstern zu. Seine Bernsteinaugen waren dunkel und auf den Boden gerichtet. "Rotstern, was ist mit ihr?" Fragte ich, aber er ignorierte mich und legte die Kriegerin in die Mitte der Lichtung. Alle Katzen sahen ihn an. Was er jetzt wohl sagen wird?

"Regenfarn war eine tapfere Kriegerin, die eines heldenhaften Todes starb, der SternenClan wird sie dafür ehren und wir haben es geschafft, Schattenjunges zu beschützen!" Rief der Anführer. Mir war, als würde der Boden unter mir weggezogen. Eine Kriegerin war wegen mir gestorben! Meine Befürchtungen sind wahr geworden.

"Wie kannst du das sagen?!", Rief ich Rotstern erbost zu" du hast jemanden sterben lassen und das nur für mich? Das Leben einer Kriegerin ist doch bei weiten mehr wert als meines! Du bist ein schlechter Anführer!" Mit diesen Worten rannte ich zur Kinderstube. Aber ich ging nicht hinein, sondern zwängte mich dahinter. Dort blieb ich lange Zeit liegen.

Ich konnte nicht fassen, was Rotstern getan hatte. Ich konnte es nicht. Jemand war wegen mir tot. Ich konnte mir schon vorstellen, was Mutter dazu sagen würde. Sie würde mich als dummes, respektloses Junges bezeichnen und mich dabei böse anfunkeln. Ich wollte das nicht. Ich wollte es einfach nicht.

Leise Schritte näherten sich mir. Lilienjunges? Was wollte sie bloß? Zu meiner Überraschung lehnte sie sich an mich. Ich schaute zu ihr hinauf. Ihre hellgrünen Augen sahen mich aufmunternd an. Es war das erste Mal, dass sich jemand an mich drückte.

"Ich möchte, dass du fröhlich bist" miaute sie leise. Ich sah zu Boden. "Wie soll ich das sein?"
"Einfach, indem du gewisse Dinge hinter dir lässt, du darfst nicht alles auf dein Gewissen laden, hörst du?"
Ich wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund besserte sich meine Stimmung.

"Du meinst ich soll weder mir noch Rotstern die Schuld für Regenfarns Tod geben?" Fragte ich leise. "Ja, darauf wollte ich hinaus" flüsterte sie. Irgendwie hatte sie recht. Was kann Rotstern schon dafür, dass Regenfarn gestorben war? Er wollte mich nur beschützen und ich war ihm dafür auch noch undankbar.

Lilienjunges hatte mir die Augen geöffnet. "Ich danke dir ..." meine Stimme war kaum hörbar. "Ich habe das getan um dir zu helfen, Schattenjunges, ich mag dich und ich will dich lächeln sehen" miaute Lilienjunges. Ich schaute sie an. "Gut wenn du das willst," ich erwiderte ihr Lächeln" und jetzt entschuldige mich, ich muss mit Rotstern sprechen!"

Ich tauchte auf der Lichtung auf. Die Totenwache für Regenfarn hatte noch nicht begonnen und deswegen nutzte ich die Gelegenheit, um ihn in seinem Bau zu besuchen. Mir war ein wenig mulmig, als ich vor den Ranken stand, die den Anführerbau schützen, aber ich musste es tun. "Rotstern?" Fragte ich zögerlich. "Komm herein" antwortete der Anführer nach einigen Herzschlägen.

Ich betrat seinen Bau. Der Boden war mit Sand bedeckt, die Wände aus Stein. Rotstern saß auf einem Nest, am Ende des Baus. Die Gefühle in seinen Bernsteinaugen waren unergründlich. "Worum geht es?" Fragte er. "Also ich wollte ... mich entschuldigen. Rotstern ich war so undankbar, dir gegenüber und das war ein großer Fehler von mir" stammelte ich und scharrte mit meinen Pfoten etwas im Sand.

Rotstern sah mich eine Weile an. Er schien zu überlegen. "Ich verstehe dich, Schattenjunges" miaute er zu meiner Überraschung. Wie meinte er das? "Wie kann das sein?" Fragte ich. "Ich weiß, dass du das Gefühl hast, wertlos zu sein, deine Mutter hat es dir oft genug gegenübergebracht, aber du kannst mir glauben, dass du das nicht bist, jeder ist auf seine Art wertvoll" sprach der Anführer.

"Ja, das weiß ich mittlerweile, Lilienjunges war es, die mir die Augen geöffnet hatte"
"Du kannst froh sein, sie als Freundin zu haben," Rotstern lächelte" ich würde jetzt gerne nach draußen gehen, um zur Totenwache anzutreten, kommst du mit?"

Ich nickte. "Ich werde mitmachen." Rotstern sah mich überrascht an. "Na gut, dann komm mit" er ging aus dem Bau. Als wir bei Regenfarn ankamen, saßen bereits einige bei ihr. Rotstern setzte sich vor Regenfarn und murmelte leise einige Worte, die ich nicht verstand. Ich setzte mich daneben und überlegte mir selber passende Worte.

"Ich danke dir dafür, dass du gekämpft hast und zwar nur für mich. Dein Tod war nicht umsonst, sondern diente einem ehrbarem Zweck. Du hast deinem Clan gut gedient und ich hoffe der SternenClan bietet dir ein gutes Zuhause," ich sah in den dunkler werdenden Himmel" ich werde nun aufhören, ständig niedergeschlagen zu sein und meinen Clan mit aller Macht beschützen, sobald ich gelernt habe, es selbst zu tun."

Die ersten Sterne funkelten am Himmel. Man sagte, immer wenn eine Katze stirbt, kommt ein neuer Stern hinzu. Bis eines Tages mein Stern dort leuchtet, werde ich alles für meinen Clan geben, das verspreche ich!

Warrior Cats - Finsteres HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt