7. Entscheidung

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Panisch versuchte ich einen Aufschrei zu unterdrücken, als die Kätzin auf mich zukam. Zu meiner Überraschung setzte sie sich in meine Nähe. "Ich wusste doch, dass sich Nachtherz hier herumgetrieben hat und er hat jemanden mitgebracht. Ist dem nicht so?" Sie schaute auf mich herab, als könne sie mich sehen.

Ich spürte, dass mir von dieser Kätzin keine Gefahr drohte und richtete mich auf. Ich erwiderte den Blick ihrer klugen, grünen Augen. "Also ich warte ehrlich gesagt auf Nachtherz. Ich habe ihn nämlich um etwas gebeten" stammelte ich leise. Die Kriegerin nickte, während sie mir zuhörte. "Um was hast du ihn denn gebeten, Schattenpfote?" Fragte sie.

"Du kennst mich?" Ich sah zu ihr auf. Sie nickte erneut. "Ja, die Geschichte mit deinen Eltern hat sich weit verbreitet, jeder kennt dich." Ich blickte düster zu Boden. Natürlich. Meine Eltern und ihr ~Fehler~. "Einige sagen, ich dürfte eigentlich gar nicht existieren" ich merkte gar nicht, dass ich meine Gedanken laut aussprach.

"Oh nein, das stimmt nicht," erwiderte die Kriegerin" jede Katze, sei sie gut oder böse, hat das Recht, existieren zu dürfen." Ich wägte ihre Worte ab. Diese Kriegerin erinnerte mich immer mehr an Lilienpfote, obwohl sie mich in ihrer Gutmütigkeit und ihrer Weisheit auch ein wenig an Rotstern erinnerte.

"Wie auch immer, du scheinst mit Nachtherz befreundet zu sein?" murmelte ich. Sie nickte und ihre grünen Augen wurden noch eine Spur sanfter. "Ja, wir sind schon seit wir Junge sind, befreundet und haben uns auch oft gegenseitig geholfen und gerettet, ohne Nachtherz wäre ich jetzt nicht hier" erzählte sie.

Erneut raschelte es und Nachtherz trat zusammen mit Distelherz aus dem Tunnel auf. Die dunkelblauen Augen des schwarzen Kriegers blickten überrascht zu der Kätzin. Distelherz dagegen fixierte vollkommen mich und bekam große Augen. "Du hast dich also anders entschieden..." flüsterte er.

Nachtherz setzte sich zu der Kriegerin und sprach leise mit ihr, während Distelherz auf mich zuging. "Ja, ich werde dem SchattenClan nicht beitreten, aber ich möchte dich besser kennenlernen" ich sah zu meinem Vater auf, der glücklich schnurrte.

"Das freut mich sehr," er folgte meinem Blick zu den beiden Kriegern, die leise miteinander sprachen" und keine Sorge Rosenteich und Nachtherz werden uns nicht verraten." Rosenteich. So hieß die schöne Kriegerin also. Ich muss gestehen, dass ich den Beiden schon ziemlich vertraute. Hing das damit zusammen, dass ich ein wenig zu ihnen gehörte?

Und Distelherz vertraute ich ebenfalls. Und das obwohl ich ihn erst seit wenigen Sonennaufgängen kannte. Muss wohl damit zusammenhängen, dass er mein Vater ist. "Also wir lassen euch dann mal allein" miaute Nachtherz, der neben Rosenteich stand. "Ich werde niemanden etwas erzählen, versprochen" fügte er, mit den Augen auf meinen ruhend, hinzu. Rosenteichs grüne Augen funkelten und zusammen tauchten beide Krieger in den Tunnel ein.

"Also," begann Distelherz" worüber möchtest du mit mir reden?" Der graue Krieger setzte sich mir gegenüber. "Über alles. Den SchattenClan. Dich. Aber bitte nicht über meine Mutter" miaute ich aufgeregt. Distelherz dunkelblaue Augen funkelten belustigt. "Nein, wir reden natürlich nur über Dinge, die wir beide angenehm finden."

Müde folgte ich der Morgenpatrouille zu den Sonnenfelsen. Die Nächte bei Distelherz machten sich mit jedem Tag bemerkbarer. Ich war beim Training unkonzentriert und nickte ständig ein, was Rotstern natürlich nicht entging. Immerhin äußerte er sich nicht dazu. Aber das war es mir wert! Es war sehr aufregend, sich Nacht für Nacht mit meinem Vater zu unterhalten. Die Patrouille hielt an den Sonnenfelsen. Sofort fiel mir auf, dass alles voll mit den Gerüchen vom FlussClan war, was den anderen ebenfalls nicht entging. "Sie waren eindeutig öfter hier," Rotstern klang ernst" wir sollten neue Markierungen setzten."

Nachdem das erledigt war, blieben wir noch eine Weile bei den Felsen stehen. Ich spürte, wie eine riesige Müdigkeitswelle über mich kam und lehnte sich an einen Felsen. Erschöpft schloss ich die Augen und vernahm die leisen Stimmen um mich herum kaum noch.

"Schattenpfote?" Rotsterns Stimme weckte mich. "Hmh?"
"Du bist wieder eingenickt. Sobald wir im Lager sind, legst du dich erst mal in den Schülerbau und holst etwas Schlaf nach. In letzter Zeit bist du ständig übermüdet" Rotstern klang leicht besorgt. Ich nickte leicht und rappelte mich auf.

"Du unnützes Mäusehirn!" Ich bekam einen festen Schlag. Krallen fuhren mir durchs Gesicht und brannten, an den Stellen, an denen sie mich trafen.  "Warum versagst du bloß bei allem, was du tust!?" Fauchte Finsterblüte, während ich zitternd auf dem Boden lag. Wir waren alleine im Wald. Rotstern war nicht in der Nähe. Ich wollte nicht, dass sie mich anschrie. Ich wollte es nicht mehr. Und es machte mir zudem Angst.

"Das nächste Mal machst du es gefälligst richtig!," Keifte Mutter und deutete mit der Schweifspitze auf die Elster, die ich ihr gebracht hatte. Weiße Maden krochen darin herum" und bringst mir keinen Krähenfraß mehr! Du dummes unnützes Halbblut!" Urplötzlich spürte ich Wut in mir aufsteigen. Riesige Wut. Ich hob den Kopf und erwiderte ihren hasserfüllten Blick.

Finsterblüte knurrte und warf die Elster in meine Richtung. Sie prallte von mir ab und fiel zu Boden. Ich schüttelte einige Maden von mir runter und richtete mich zu voller Größe auf. "Ganz ehrlich, Mutter, wenn du deine Beute haben willst, dann fang sie dir gefälligst selber und noch etwas, von diesem Moment an wirst du mich nie wieder sehen, macht dich das glücklich?!" Fauchte ich und rannte davon, bevor ich ihre Antwort hören konnte.

Es reichte mir endgültig! Ich würde zum SchattenClan gehen! Ganz gleich was der DonnerClan für mich getan hat! Zielstrebig rannte ich zu ihrem Territorium. Ich würde den nächstbesten SchattenClankrieger ansprechen und ihn darum bitten, mich zu Dunkelstern zu bringen!

Der Geruch des Donnerwegs schlug mir emtgegen. Ich rannte weiter und weiter. Endlich sah ich den grauen Weg. Zu meiner Überraschung stand Distelherz auf der anderen Seite, als würde er auf mich warten. Ich blieb kurz vor dem Weg stehen, um zu Atem zu kommen. "Schattenpfote, ich habe gespürt, dass du kommen würdest, komm, der SchattenClan wartet auf dich" Distelherz klang glücklich. Ja! Ich würde zu ihm gehen! Zu meinem Vater, der mich von ganzem Herzen liebt.

Genau in dem Moment, in dem ich eine Pfote auf den Donnerweg setzte, hielt mich jemand von hinten fest. Ich drehte mich um. Lilienpfotes grüne Augen blickten mich direkt an. Schienen in mein Innerstes zu sehen. "Du darfst nicht gehen, Schattenpfote!" Rief sie. Ich schaute sie an.

"Doch Lilienpfote ich werde gehen, der DonnerClan bietet mir kein Zuhause mehr, ich habe mich bereits verabschiedet" murmelte ich verbittert. "Nein, du irrst dich gewaltig," Lilienpfotes Stimme blieb ruhig" der DonnerClan wird dir immer ein Zuhause sein."

"Und wie kommst du darauf?" Ich warf einen kurzen Blick zu Distelherz, der flehend zu mir schaute. "Nein, Lilienpfote, es war schön, dich kennengelernt zu haben, aber lass mich jetzt bitte los" meine Stimme zitterte. Sie ließ nicht locker. Ihre grünen Augen blickten mich weiterhin mit diesem ruhigen Ausdruck an.

"Dann tu es für mich, Schattenpfote," langsam klang ihre Stimme flehend" bleib für mich im DonnerClan. Oder bedeute ich dir nichts?" Das zog mir den Boden unter den Pfoten weg. Was bedeute Lilienpfote mir? War sie eine Freundin? Eine beste Freundin? Oder sogar ... mehr?

"Du bist alles für mich, Lilienpfote, dass hatte ich doch beinahe vergessen" gab ich zu und nahm die Pfote vom Donnerweg. Sie sah erleichtert und glücklich aus. Ich warf einen letzten Blick zu Distelherz, dessen dunkelblaue Augen in Traurigkeit versinken zu schienen.

Warrior Cats - Finsteres HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt