12. Urteil

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Unruhig ging ich auf der Lichtung hin und her. Lilienblüte lag schwer verletzt im Heilerbau und kämpfte um ihr Leben und ich konnte nichts dagegen tun. Allmählich kehrten meine Gefühle wieder zurück und damit auch Hass. Hass auf den KrallenClan, der Lilienblüte das angetan hatte!

Ich tappte weiterhin auf der Lichtung herum. Am liebsten würde ich sie jetzt sofort erledigen! Würde ich sie getrennt herausfordern, hätte ich eine Chance, aber gegen mehrere Mitglieder allein würde ich versagen. Vielleicht schleiche ich mich mal aus dem Hinterhalt an sie heran...

Blitzkralle stürmte auf die Lichtung. Er war völlig außer Atem und wirkte gehetzt. Sofort liefen Rotstern und einige andere Krieger zu ihm. Ich näherte mich ebenfalls aus Neugier. "Der KrallenClan! Drei von ihnen haben unsere Grenze überquert. Felsenherz und Tulpenblüte ... sie sind tot" Blitzkralles Stimme war voller Trauer.

Wütendes und trauriges Gejaule stieg auf. Ich bekam nicht mehr mit, was sie sagten. Hasserfüllt lief ich aus dem Lager und folgte Blitzkralles Geruch, zur Grenze. Ich konnte kaum klar denken, vor Hass. Alles was ich wollte, war, diese Krieger für das, was sie taten, büßen zu lassen.

Ich hörte ihre Stimmen schon von weitem. Sie lachten gehässig. Während ich weiter auf sie zulief, entdeckte ich drei, mir unbekannte KrallenClankrieger, bei den Körpern von Felsenherz und Tulpenblüte. Ohne Vorwarnung sprang ich auf den Rücken eines schwarzen Katers und versenkte meine Zähne in seinem Nackenfell. Bevor er reagieren konnte, war er schon tot.

Die zwei anderen blickten mich hasserfüllt und geschockt an, als ich den Körper des toten Katers fallen ließ. "Du bist es also!" Rief der weiße. "Bist du nicht eigentlich Mitglied vom KrallenClan?" Ich starrte sie voller Zorn an. "Das war ich mal, aber das ich jetzt vorbei. Der KrallenClan soll verrotten! Das könnt ihr Wolfzahn gerne erzählen, wenn ihr ihn überhaupt noch treffen solltet!

Mit einem Schrei sprang ich auf die Krieger zu und traf beide an der Schulter. Der weiße Kater griff mich an und ich bemerkte noch aus dem Augenwinkel, dass der andere weglief, aber das war mir egal. Ich wehrte mich fauchend gegen meinen Gegner und ließ keine Gnade bei meinem Angriffen walten.

Ich war deutlich stärker, als mein Gegner und als er hinterher blutend und Keuchend auf dem Boden lag und das Leben langsam aus ihm wich, sah ich verächtlich und hasserfüllt auf ihn herab. "Warum kämpfst du bloß für die Clans, Schattenherz?" Fragte er röchelnd. "Das kann ich dir genau sagen", Zischte ich wütend, weil ich dem DonnerClan meine ewige Treue geschworen habe und weil er mir schon immer ein Zuhause bot." Der Kater wollte etwas erwidern, aber er zuckte zusammen und blieb dann still liegen.

Ich sah auf meine toten Gegner hinab. Tiefe Zufriedenheit durchströmte mich. Ich war meinem Ziel, den KrallenClan auszurotten, näher gekommen. Blutlachen hatten sich um mich gebildet. Würde mich jetzt jemand sehen, hielte er mich wahrscheinlich für einen kaltblütigen Mörder.

Aber bin ich das nicht? Ich hatte zwei Katzen ohne zögern umgebracht, obwohl sie wahrscheinlich nur Befehle von Wolfzahn befolgten. Heißt das, ich hatte Unschuldige getötet? Nein! Sie haben zwei DonnerClankrieger auf dem Gewissen, sie hatten den Tod verdient!

Ohne mir das Blut von den Pfoten zu waschen, humpelte ich weg. Mir war auf einmal sehr übel geworden und ich wollte so schnell wie möglich von den vier Katzenkörpern weg, deren tote Augen mir hinterherzuschauen schienen.

Ich kam auf einem windigen Felssims an und brach dort zusammen. Die Sorge um Lilienblüte, der Hass meiner Mutter, der Verrat meines Vaters. All das überforderte mich. Es war zu viel. In den letzten Monden hatte ich alles getan, um meine Gefühle zu unterdrücken. Nun kehrten sie mit aller Wucht zurück und griffen mich gnadenlos an.

Ich wusste nicht, wie lange ich auf diesem Sims lag, doch ich wurde aus dem Teich meiner negativen Gefühle gerissen, als ich Rotsterns Gesicht über mir auftauchen sah. Irgendwas an seinem Blick sagte mir, dass er Bescheid wusste. "Du solltest nicht so auf dem Boden liegen, Schattenherz", grollte Rotstern" und mir die Wahrheit sagen."

Wie in Trance stand ich auf. Er wusste es. Er wusste, dass ich im KrallenClan war. Ich war mir nun sehr sicher, dass er mich in die Verbannung schicken würde. Die Verzweiflung und die Angst, die ich empfand, waren stärker, als das letzte Mal, wo ich dachte, verbannt zu werden. Nach Hirschgeweihs Tod.

"Du willst die Wahrheit wissen, Rotstern?", Fragte ich, mit staubtrockener Stimme" schön ich sag sie dir. Seit Monden schon, trainiere ich im KrallenClan und verbessere dadurch meine Kampfkünste. Zu meiner Verteidigung muss ich allerdings sagen, dass ich mich niemals gegen den DonnerClan gestellt habe und angefangen habe, sie zu hassen, nachdem sie Lilienblüte verletzt haben."

Rotstern schaute abwertend auf mich hinab. "Du meinst, du hast den DonnerClan verraten, nur um stärker zu werden? Ich hatte dich eigentlich klüger eingeschätzt, Schattenherz." Die Kälte, in seiner Stimme, tat mehr weh, als Krallen es je tun könnten. "Ich tat es für Lilienblüte..." gestand ich mit leiser, zitternder Stimme.

"Das gibt dir noch lange nicht das Recht, deinen eigenen Clan zu hintergehen, ganz gleich, für wen du es tust" Rotstern ging auf den Rand des Steinsims zu. "Aber ich musste es tun!", Rief ich verzweifelt" ich war so schwach und schaffte es nicht einmal sie zu beschützen. Wäre sie damals durch Hirschgeweih gestorben, hätte ich noch mehr Reue und Selbsthass empfunden, als jetzt!"

Rotstern sah mich an. Seine Bernsteinaugen zeigten keine Wärme. Wie die Blattleere. "Was auch immer deine Gründe waren, du hast mich und alle aus dem DonnerClan angelogen und das, ist unverzeihlich." Ich zwang mich dazu, in Rotsterns, eiskalte Augen zu blicken. "Bitte, Rotstern, verbann mich nicht..."

Rotsterns Haltung veränderte sich nicht. Er drehte sich um und schwieg. "Du liebst sie, oder?" Fragte er plötzlich. Diese Frage überraschte mich kurz. "Ja", antwortete ich schließlich" ich liebe Lilienblüte von ganzem Herzen und mit allem, was ich habe."

Rotstern schwieg erneut. "Hmm starke Gefühle haben wohl eine enorme Wirkung auf das, was man tut" flüsterte er vor sich hin. Gebannt wartete ich auf sein Urteil. Am liebsten hätte ich ihm noch mal versichert, dass ich den DonnerClan nie wieder verraten würde, aber ich beschloss, still zu sein.

"Gib mir ein Versprechen, Schattenherz" rief Rotstern und drehte sich um. "Welches?" Fragte ich leise. "Versprich mir, mich und den DonnerClan nie wieder zu hintergehen und dass du ... mit Lilienblüte glücklich wirst" antworte er. Das ist alles? Daran hätte ich mich sowieso gehalten. Nur das letzte könnte schwierig werden.

"Ja, natürlich, Rotstern, ich werde von nun an für immer dem DonnerClan meine Treue schwören, aber ob ich letzteres erfüllen kann, weiß ich nicht" ich schaute Rotstern an. Seine Augen hatten nun wieder ein Stück ihrer Wärme. "Ich bin mir sicher, dass sie dir verzeihen wird" miaute der Anführer aufmunternd. "Wirklich?" Fragte ich zweifelnd. Er nickte. "Ja, ganz bestimmt."

Warrior Cats - Finsteres HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt