1. Kälte

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Ich erinnere mich an Kälte. Es war sehr kalt. Die Kälte war sehr unangenehm. Und ich spürte Hass. Ja, großen Hass. Er kam von meiner Mama. Warum hasst du mich Mama? Ich fror. Die Kälte war kaum auszuhalten. Ich will nicht frieren! Und ich will nicht, dass meine Mama mich hasst! Aber die Kälte ließ nicht nach und umgab mich, gnadenlos, zusammen mit dem Hass, der wohl nie ein Ende finden würde...

Der frische, angenehme Duft von trockenem Moos stieg mir in die Nase und ich wälzte mich auf meinem Nest, um den Geruch zu verstärken. "Hör auf damit!" Meine Mutter, Finsterblüte fauchte mich grimmig an. Sofort ließ ich die Bewegungen sein und rollte mich zu einer Kugel zusammen. "Statt unnütz herumzuzappeln könntest du ja auch einfach mal deine Augen öffnen, dann kannst du aus der Kinderstube und dich dort bewegen" murmelte Mutter genervt. Raus aus der Kinderstube! Was für eine verlockende Vorstellung, aber hier ist es so gemütlich und warm. Draußen ist es eiskalt.

Andererseits könnte ich dann auch endlich meine Baukameraden kennenlernen. Jeden Tag liefen sie im Bau umher, stießen mich mehrmals zur Seite, was Mutter aber nie kümmerte und gingen dann aus dem Bau, wenn man es ihnen erlaubte. Wie gerne würde ich doch zu ihnen gehören! Manchmal war ich ja doch ganz schön einsam. Und mit diesem Entschluss öffnete ich zum ersten Mal meine Augen.

Ich sah etwas hellgrünes vor mir. Es waren die Augen einer kleinen, freundlich aussehenden Kätzin. Sie blickten überrascht. "Du hast ja endlich deine Augen geöffnet!" Piepste sie, ich erkannte sie an der Stimme, es war Lilienjunges. Im Gegensatz zu den anderen Jungen, war sie sehr freundlich und stieß mich nie zur Seite. "Äh, ja ich hab beschlossen, mich nicht mehr alleine in meinem Nest zu verkriechen" miaute ich. "Super, dann können wir ja endlich zusammen nach draußen gehen!" Rief Lilienjunges.

Plötzlich wurde ich mit einem Ruck nach hinten gerissen und Mutters dunkelgrüne Augen musterten mich. "Ah, immerhin nicht die des Vaters", sie ließ mich los" und jetzt geh raus und mach Dinge, die ihr Jungen so tut."

Ich schaute sie einige Herzschläge lang an. Ihr Fell war schwarz, genau wie meines. Aber wie sahen wohl meine Augen aus? Ich wurde neugierig. "Los, komm ich zeige dir das Lager" Lilienjunges stand bereits am Ausgang des Baus. Ich folgte ihr und kalter Wind schlug uns entgegen, als wir den Schutz des Baus verließen. Wow! Das Lager ist ja riesig! Und alles war in weiß getaucht. Die Bäume, die Baue und der Boden. Ich nahm mir Zeit, um alles betrachten zu können. "Was ist das?" Ich fuhr mit der Pfote durch das kalte Zeug. Es fühlte sich seltsam an und machte lustige Geräusche, wenn man drauftrat. "Das ist Schnee, er kommt immer in der Blattleere" antwortete Lilienjunges.

Ich schaute mich weiter um. Auf der Lichtung befanden sich viele Baue und ein großer Haufen Beute. Das Lager ist so groß! Ich tappste durch den Schnee, auf die Mitte der Lichtung zu. Lilienjunges folgte mir. "Das Lager ist toll, nicht?" Fragte sie lächelnd, ihre grünen Augen sahen mich klar und aufrichtig an. Ich nickte. "Ja, es ist wirklich unglaublich, hätte ich gewusst, was mich erwartet, dann hätte ich meine Augen schon viel früher geöffnet!" Ich hüpfte begeistert auf der Stelle.

"Es muss eben jeder selbst entscheiden", miaute Lilienjunges" ich habe auch gewartet, bis ich mich bereit fühlte." Ich schaute zu ihr. Auf einmal landete etwas weißes auf ihrem Fell. Es kam von oben. Ich schaute zum wolkenverhangenen Himmel. Viele, weiße Dinger fielen aus dem Himmel und landeten auf dem Boden.

"Das sind Schneeflöckchen", erklärte Lilienjunges freudig" sie sind sehr kalt, aber wunderschön, schau mal." Sie fing eine Schneeflocke mit der Pfote und hielt sie mir entgegen. Die Flocke hatte ein Muster. Es war ein sehr kompliziertes Muster, aber bevor ich es genauer betrachten konnte, war sie bereits geschmolzen. "Schön oder?" Fragte Lilienjunges. Ich sah ihr in die grünen Augen. "Ja, ich mag es" ich musste lächeln.

"Na, wen haben wir denn da!" Rief plötzlich eine laute Stimme. Ich schaute mich um und entdeckte Hirschjunges, der zusammen mit seinem Bruder Wolfjunges auf mich zukam. Die Zwei blieben vor uns stehen und ragten deutlich größer über uns auf. "Das Halbblut hat also endlich seine Augen geöffnet", rief Hirschjunges höhnisch" und? Besuchst du jetzt auch noch das SchattenClan Lager?" Seine Bernsteinaugen blickten kalt auf mich herab.

Halbblut. Davon hatte ich schon gehört. Meine Mutter hatte mir erzählt, dass ich zur Hälfte DonnerClan und zur Hälfte SchattenClan sei. "Lass das sein Hirschjunges, Schattenjunges gehört zum DonnerClan" rief Lilienjunges kühl und stellte sich neben mich. "Ach ja?", Hirschjunges schaute verächtlich auf sie herab" was soll man erst über dich sagen? Hauskätzchen!" Lilienjunges grüne Augen wurden finster. "Sei doch ruhig!" Knurrte sie. "Ist das alles, was du zu deiner Verteidigung sagst?", Höhnte Hirschjunges" Hauskätzchen und Halbblüter, was ist bloß aus dem DonnerClan geworden, dass er so schmutziges Blut bei sich aufnimmt?"

Ich musste mich beherrschen, um Hirschjunges nicht eines auf die Nase zu geben. Die Verachtung in seinem Blick machte mich wütend. Nur weil er vom DonnerClan ist, brauchte er nicht das Maul aufzureißen. "Und suchst du dir auch noch ein schönes, gemütliches Zweibeinernest, in dem du dein Dasein fristen kannst?," Fragte Hirschjunges" wo man dich verwöhnt und dir das Futter jeden Sonnenaufgang vor die Nase gelegt wird, ist das nicht eine verlockende Vorstellung?"

"Hör jetzt auf damit!" Rief ich wütend. Alle Augen richteten sich auf mich. "Oh das erbärmliche Halbblut beschützt das Hauskätzchen, wie niedlich!" Rief Hirschjunges lachend. Lilienjunges schaute ihn zornig an. "Das reicht jetzt!" Rief eine tiefe, laute Stimme. Ein riesiger Kater kam auf uns zu. Er hatte eine mächtige Ausstrahlung und dunkelrotes glattes Fell. Seine Bernsteinaugen musterten uns streng.

"Rotstern!" Rief Lilienjunges erschrocken. Was? Das ist Rotstern, der legendäre Anführer des DonnerClans? "Hirschjunges, hör jetzt auf damit die Beiden zu ärgern" befahl Rotstern ihm streng. "Ja, mach ich" murmelte Hirschjunges leise und ging mit seinem Bruder davon. Im Vorbeigehen warf er uns einen wütenden Blick zu. Rotstern wandte sich an uns. Seine Züge wurden sanfter, ebenso wie seine bernsteinfarbenen Augen. "Macht euch nichts aus sowas, ihr Beiden, niemand kann was für seine Abstammung" Rotstern sah mich an.

Ich begann Rotstern zu mögen. Er strahlte eine Güte und Weisheit aus, wie ich sie noch nie bei jemandem gespürt habe. "Danke" miaute Lilienjunges glücklich. Rotstern schenkte ihr ein freundliches Lächeln und ging dann aus dem Lager. "Ich bin echt froh, dass die endlich weg sind" rief Lilienjunges erleichtert. Ich teilte ihre Erleichterung. Hirschjunges war schrecklich hochnäsig und arrogant.

"Und ich muss auch dir danken Schattenjunges, weil du mich beschützt hast" Lilienjunges grüne Augen strahlten. "Oh, äh keine Ursache" murmelte ich verlegen. "Weißt du, ich mag dich, du bist viel netter als die anderen unserer Baukameraden" schnurrte sie. "Du bist aber auch nett" miaute ich. Lilienjunges musste lachen. "Na gut, komm, ich zeige dir den Rest des Lagers" rief sie fröhlich und stupste mich an.

Warrior Cats - Finsteres HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt