Am nächsten Morgen fuhren die Zwerge mit einem Boot aus der Seestadt zum Einsamen Berg. Die Menschen standen auf den Stegen daneben und jubelten ihnen zu. Gwyneth beobachtete das Ganze von einem Fenster in Bards Haus. ,,Der Bürgermeister wird ja beinahe wie ein Held gefeiert", meinte sie, ,,Nur weil er ihnen hilft." ,,Die Menschen brauchten etwas Abwechslung", meinte Bard, ,,Doch das wird ihnen nicht viel nützen. Spätestens wenn die Zwerge aus der Stadt sind, werden sie bemerken, dass der Bürgermeister immer noch derselbe ist." Gwyneth nickte. ,,Und Alfrid dieser Idiot steht daneben und grinst noch dümmer wie sonst", fügte sie noch hinzu. ,,Kann er überhaupt noch dümmer grinsen?", warf Bain ein, worauf Gwyneth kurz lachte. ,,Da hast du auch recht", meinte sie. Sie war sich noch nicht wirklich sicher, wie sie sich Bain gegenüber verhalten sollte, nachdem sie ihn gestern auf die Wange geküsst hatte. Momentan verhielt sie sich so wie immer, da ihr das am Besten erschien, doch trotzdem wurde sie immer ein wenig nervös, wenn er neben ihr stand oder zu ihr sah, wenn sie gerade nicht miteinander sprachen.
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Ungefähr eine Stunde nachdem die Zwerge die Stadt verlassen hatten, klopfte es an der Tür. Verwirrt sahen sich alle an, da niemand von ihnen jemanden erwartete. Bard öffnete die Tür. Davor standen vier der Zwerge. ,,Vergesst es, ich hab genug von Zwergen", sagte Bard und wollte die Tür wieder schließen, doch einer der Zwerge verhinderte dies. ,,Bitte. Kili ist sehr krank und keiner will uns helfen", meinte der Zwerg. Bard seufzte und öffnete die Tür. Zwei der Zwerge stützten Kili, da er nicht mehr richtig laufen konnte. Als Gwyneth das sah, legte die den Lappen, mit dem sie gerade noch Geschirr abgetrocknet hatte, schnell zur Seite und ging zu Kili, den die Zwerge auf Bards Bett gelegt hatten. Er war ziemlich blass. ,,Gwyneth, du bist ja auch noch hier", sagte Kili mit schwacher Stimme, als er sie sah. ,,Ja, sieht so aus", entgegnete sie, ,,Hat sich deine Wunde entzündet?" ,,Sie hat sich nicht entzündet", meinte ein anderer Zwerg, der einen grau-weißen Bart hatte, ,,Der Pfeil war vergiftet. Deshalb geht es ihm so schlecht. Hat er schon Fieber?" Da kein anderer reagierte, befühlte Gwyneth Kilis Stirn. ,,Ja, er hat Fieber", sagte sie dann. Der ältere Zwerg sah zu ihr. ,,Verstehst du etwas vom Heilen, Mädchen?", fragte er sie. ,,Nicht wirklich", entgegnete sie, ,,Ich weiß nur, wie man Fieber etwas erträglicher macht." ,,Dann tu das", sagte der Zwerg und genau in diesem Moment stieß Kili einen halb unterdrückten Schmerzensschrei aus. Gwyneth holte eine Schale mit kaltem Wasser und ein Tuch. Dann tauchte sie das Tuch in das Wasser und legte Kili das kühle Tuch auf die Stirn. Währenddessen versuchte der ältere Zwerg ihn zu heilen. Er fragte Bard nach Kräutern und dieser zählte alle Kräuter auf, die er im Haus hatte. ,,Das nützt alles nichts", meinte der Zwerg, ,,Ich brauche Athelas, Königskraut." ,,Das ist Unkraut", erklärte Bard, ,,Damit füttern wir die Schweine." Einer der Zwerge, der eine komische Mütze trug, wurde nach draußen geschickt, um Athelas zu suchen. Nach einer Weile war plötzlich ein gedämpfter Knall zu hören und das Haus wackelte ein bisschen. ,,Das war der Drache", sagte einer der Zwerge. ,,Sie haben ihn geweckt", meinte Gwyneth. ,,Werden wir sterben Vater?", fragte Thilda ängstlich. ,,Werden wir nicht", entgegnete Bard. ,,Aber der Drache wird uns alle töten", beharrte Thilda. Bard zögerte kurz. Dann griff er nach etwas, was an einem der Deckenbalken hing, auf den ersten Blick wie eine Stange aussah und durch ein Fischernetz zuvor verdeckt worden war. ,,Nicht, wenn ich ihn zuerst töte", sagte Bard. Das Etwas in seiner Hand war ein Schwarzer Pfeil. Alle im Raum, einschließlich der Zwerge (bis auf Kili, der zu sehr von seinen Schmerzen abgelenkt war), sahen Bard und den Schwarzen Pfeil erstaunt an. ,,Bain, du kommst mit mir", sagte Bard dann, ,,Ihr anderen bleibt hier." Bard und Bain verließen das Haus. ,,Wusstet ihr von dem Schwarzen Pfeil?", fragte Gwyneth an Sigrid und Thilda gewandt, doch beide schüttelten den Kopf. Dann warteten sie hauptsächlich schweigend darauf, dass irgendetwas passierte. Die Zeit verging währenddessen quälend langsam und Kili ging es immer schlechter, da der Zwerg mit der Mütze noch nicht mit dem Königskraut zurückgekommen war. Schließlich kam Bain zurück. ,,Wo ist Vater?", fragte Sigrid. ,,Ich weiß es nicht", antwortete Bain, ,,Einige Wachen haben uns verfolgt. Um sie abzuschütteln, hat Vater mir den Schwarzen Pfeil gegeben und gesagt, ich soll ihn verstecken und dann wieder hierher kommen. Jetzt liegt er unter Decken und einem Fischernetz in einem der Boote vor der Statue des Bürgermeisters. Vater ist vor den Wachen weggelaufen und sie ihm hinterher." ,,Hoffentlich passiert ihm nichts", meinte Thilda. ,,Er bekommt das schon hin", sagte Gwyneth und nahm Thilda kurz in den Arm. Wieder war eine ganze Weile vergangen. Sigrid schien plötzlich etwas vor der Tür gehört zu haben und sah nach. ,,Bist du es, Vater?", fragte sie, nachdem sie aus der Tür getreten war, doch Bard war nicht zu sehen. Sigrid seufzte und wollte wieder ins Haus gehen. Doch da sprang ein hässliches Wesen vom Dach neben sie. Sigrid schrie auf und rannte ins Haus. Das Wesen hinterher. Es war ein Ork und ihm folgten weitere. Auch Thilda und Gwyneth schrien auf, als sie die Orks sahen. Bain warf ein paar Teller nach den Orks, doch das brachte nicht viel. Aber plötzlich fiel ein Ork in der Tür mit einem Pfeil im Kopf tot um und Tauriel kam mit gezogenen Dolchen in das Haus. Sie tötete einige der Orks und kurz darauf war auch Legolas da und half dabei, die Orks zu vernichten. Sigrid und Thilda versteckten sich unter dem Tisch und schrien immer wieder, wenn etwas oder jemand gegen den Tisch gestoßen wurde. Bain bewarf die Orks weiterhin mit Tellern, was aber nach wie vor wenig brachte. Gwyneth stand noch immer neben dem Bett, wo Kili lag. Erst als ein Ork fies grinsend auf sie zukam, erwachte sie aus ihrer Starre. Der Ork hob seine Waffen an, um sie zu erschlagen. Doch da wurde er von ein paar Tellern am Kopf getroffen. Verwirrt sah der Ork sich um. Gwyneth erkannte ihre Chance und griff nach einem Messer, welches auf dem Fensterbrett neben dem Bett lag. Dieses Messer rammte sie dem Ork in den Kopf, worauf dieser noch kurz ein ekelhaftes Gurgeln hören ließ und dann tot zu Boden sank. Entsetzt und zitternd starrte Gwyneth auf ihr Werk. Den restlichen Kampf bekam sie gar nicht mehr wirklich mit, zu sehr stand sie unter Schock. ,,Gwyneth!?", hörte sie nach einer Weile Sigrid und spürte, wie die junge Frau sie an der Schule rüttelte. Doch zunächst reagierte sie nicht. ,,Gwyneth, geht es dir gut?", fragte Sigrid. ,,Ich...ich hab ihn einfach...einfach getötet", brachte Gwyneth schließlich stockend hervor. ,,Er wollte dich töten", entgegnete Sigrid, ,,Es war reine Notwehr." Gwyneth zitterte noch immer. Bain kam hinzu und reichte ihr einen Becher mit Wasser. ,,Trink etwas, das wird vielleicht helfen", sagte er. Gwyneth trank den gesamten Inhalt aus und stellte den Becher dann auf das Fensterbrett hinter sich. ,,Besser?", fragte Bain, aber Gwyneth schüttelte den Kopf. Noch immer zitterte sie am ganzen Körper, denn der Schock saß tief. Bain legte seine Hände an ihre Oberarme, um sie zu beruhigen. Gwyneth fiel ihm jedoch kurzerhand in die Arme und begann zu weinen. Sie weinte nicht um den Ork oder um irgendjemand anderen, sondern einfach nur, weil sie so sehr unter Schock gestanden hatte. Bain schloss sanft seine Arme um sie und sprach beruhigende Worte. Allmählich beruhigte Gwyneth sich wieder. ,,Danke", flüsterte sie noch während der Umarmung und löste diese dann kurz darauf. ,,Für dich doch immer", entgegnete Bain lächelnd. In diesem Moment schrie Kili, der aus welchem Grund auch immer auf dem Boden lag, wieder auf und Tauriel kam, mit einem Kraut in der Hand ins Haus. Hinter ihr war der Zwerg mit der Mütze. ,,Tauriel, kannst du ihm helfen? ", fragte Gwyneth. Tauriel nickte. ,,Legt ihn auf den Tisch", sagte sie dann im Befehlston. Die Zwerge legten Kili, der inzwischen ununterbrochen schrie und sich vor schmerzen wand, auf den Tisch. ,,Haltet ihn fest", sagte Tauriel. Die Zwerge hielten Kili fest. ,,Bain, Sigrid, helft auch mit", sagte Gwyneth, ,,Du auch Thilda." Schließlich hielten sie alle Kili fest und Tauriel schaffte es tatsächlich, ihn zu heilen.
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Die Diebin von Esgaroth
FanfictionGwyneth ist 16 Jahre alt und lebt in Esgaroth, östlich des Düsterwaldes. Allerdings hat sie weder Familie, noch ein Haus. Zudem ist sie (leider) die Dienerin des Bürgermeisters. Da sie von diesem aber so gut wie kein Geld und nie etwas zu essen beko...