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Als Gwyneth am nächsten Morgen aufwachte, hatte sie Kopfschmerzen und wusste im ersten Moment nicht wo sie war. Erst langsam erinnerte sie sich, dass König Thranduil sie als Gast bei sich haben wollte am letzten Abend, er sich bei ihr entschuldigt hatte und sie letztendlich ziemlich viel Wein getrunken hatten. Doch an das meiste, was nach ihrem kleinen Spaziergang passiert war, konnte sie sich nicht mehr erinnern. Sie setzte sich auf und sah sich im Zelt um. Sie war offenbar alleine, doch auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa, auf dem sie lag, fand sie auf einem Silbertablett einige Stücke Brot mit köstlich aussehenden Aufstrichen, sowie einen kleinen Krug mit Wasser und ein Glas. Dabei lag ein Zettel. Neugierig nahm Gwyneth ihn in die Hand.
Bedien dich, wenn du hungrig           bist Gwyneth.
T
Das war alles, was auf dem Zettel stand. Aber trotz ihrer Kopfschmerzen begriff Gwyneth schnell, dass das T nur für Thranduil stehen konnte. Ihr Magen knurrte bereits, weshalb sie nach einem Stück Brot mit einem leicht grünen Aufstrich griff. Es schmeckte wieder einmal köstlich. Elben waren einfach ausgezeichnete Köche. Nachdem sie noch ein Glas Wasser getrunken hatte, beschloss sie, nach draußen an die frische Luft zu gehen, in der Hoffnung, dass ihre Kopfschmerzen dann besser werden würden. Draußen war es kalt und die Menschen und Elben waren schon auf den Beinen. Gwyneth blieb kurz stehen und atmete die kalte Luft ein. Allerdings wurden ihre Kopfschmerzen dadurch nicht besser, sondern nur noch schlimmer. ,,Nie wieder werde ich so viel Wein trinken...", murmelte sie zu sich selbst. Langsam begann die Kälte in ihre Glieder zu kriechen und sie rieb sich die Arme, um sich wenigstens notdürftig zu Wärmen. ,,Warum muss es so kalt sein?", fragte sie sich selbst. ,,Es ist Winter und wir sind ziemlich weit im Norden. Was also erwartest du?", erklang die Stimme Thranduils schräg hinter ihr. Erschrocken fuhr Gwyneth herum, wodurch ihre Kopfschmerzen noch schlimmer wurden. Sie legte sich die Hände an die Schläfen und verzog ihr Gesicht leicht vor Schmerz. ,,Kopfschmerzen wegen dem Wein?", fragte Thranduil und Gwyneth nickte. Der Elb reichte ihr einen kleinen Kelch mit einer violetten Flüssigkeit. ,,Trink das", sagte er, ,,Das hilft." Gwyneth nahm den Kelch und trank einige Schlucke von der Flüssigkeit. Am liebsten hätte sie es wieder ausgespuckt, aber sie zwang sich, es zu schlucken. ,,Was ist das?", fragte sie und verzog angewidert das Gesicht, da die Flüssigkeit ziemlich bitter schmeckte. ,,Ein elbisches Mittel gegen Kopfschmerzen", erklärte Thranduil knapp. Dann hielt er einen Mantel hoch. ,,Ich denke dieser Mantel hat die richtige Größe für dich", sagte er, legte ihr den Mantel um die Schultern und schloss ihn mit einer silbernen Fibel, ähnlich seiner Brosche. Erstaunt sah Gwyneth ihn an. ,,Womit habe ich dieses Geschenk verdient?", fragte sie. ,,Es ist ein Zeichen unserer Freundschaft", erklärte der Elb, ,,Denn ich muss gestehen, dass du mein (kaltes) Herz wirklich sehr berührt hast, allerdings auf eine Art und Weise, wie es nur eine sehr gute Freundin oder eine Tochter kann." Verlegen sah Gwyneth zu Boden. Sie war es nicht gewohnt, gelobt zu werden. Plötzlich spürte sie eine warme Hand an ihrer Wange, die ihren Kopf sanft anhob. Es war (logischerweise) Thranduils Hand. Der Elbenkönig sah sie sanft an. Der kalte, distanzierte Ausdruck war beinahe komplett aus seinen blauen Augen verschwunden, was sie unvermeidlich dazu brachte, seinen Worten Glauben zu schenken. Sie hatte sein Herz berührt und das, so glaubte sie, hatte bedauerlicherweise seit dem Tod seiner Frau noch nicht einmal Legolas geschafft. ,,Warum ich?", fragte sie, ,,Warum habe ich Euer Herz berührt?" ,,Das kann selbst ich dir nicht sagen", entgegnete Thranduil und sah ihr kurz schweigend in die Augen. Dann zog er langsam seine Hand zurück, worauf auch die Wärme an Gwyneth' Wange verschwand. ,,Wenn du Hilfe brauchst, kannst du jederzeit zu mir kommen", sagte Thranduil noch, bevor er ging, ,,Und du bist auch sonst immer willkommen." Dann schritt er, majestätisch wie er nun mal war, davon. Gwyneth stand noch kurz da und sah ihm hinterher. Dann machte sie sich auf die Suche nach Bard, Sigrid, Bain oder Thilda. Es war schwer, jemanden in dem Getümmel zu finden, welches sich in den Straßen und auf den Plätzen Thals angesammelt hatte. Schließlich kam sie auf den großen Platz vor der großen Halle. Dort trainierten viele Männer offenbar den Umgang mit dem Schwert. Plötzlich kam ein alter Mann, komplett in grau gekleidet, mit langem, grauem Haar und Bart, einem Stab und einem spitzen Hut auf den Platz geritten. Er stoppte sein Pferd, stieg ab und sah sich dann suchend um. Neben Gwyneth blieb er stehen und ließ seinen Blick noch immer suchend über den Platz schweifen. ,,Kann ich Euch helfen?", fragte Gwyneth schließlich, worauf der alte Mann zu ihr sah. ,,Ja, das könntet Ihr in der Tat", meinte der alte Mann und musterte sie kurz, ,,Du bist ein Mensch aus der Seestadt, trägst aber einen Waldelbenmantel." Schlau war dieser Mann offenbar schon. ,,Ein Geschenk des Elbenkönigs", erklärte Gwyneth eher beiläufig. Der Mann zog eine Augenbraue hoch. ,,Er macht Geschenke?", fragte er, ,,Das ist mir neu." ,,He, Du!", hörte man Alfrids Stimme über den Platz schallen, ,,Spitzhut!" Daraufhin drehte sich der Mann zu ihm um. ,,Wir brauchen weder Wanderer, Pilger noch Vagabunden", sagte Alfrid, ,,Wir haben genug Ärger, ohne euresgleichen. Also hopp hopp, verschwinde von hier!" ,,Alfrid, lass ihn doch erst einmal erklären, was er hier will", forderte ich. ,,Und du solltest am besten gleich mit ihm verschwinden", entgegnete Alfrid, ihre Worte ignorierend, ,,Eine Diebin will keiner unter sich haben." Erschrocken schnappte Gwyneth nach Luft. Woher wusste er das? ,,Woher weißt du das?", fragte sie und versuchte, ihre Stimme fest und nicht verunsichert klingen zu lassen. ,,Wein macht ziemlich gesprächig, nicht wahr?", sagte Alfrid. Nein, sag dass das nicht wahr ist!, dachte Gwyneth. Offenbar hatte sie Thranduil gestern im Rausch von ihrer geheimen "Identität" als Diebin erzählt und Alfrid hatte gelauscht. Aber noch schlimmer war, er schien es den Menschen irgendwie glaubhaft erzählt zu haben. Das würde die misstrauischen und bösen Blicke der Menschen erklären, die sie auf dem Weg hierher begleitet hatten und noch immer auf ihr lagen. ,,Wer hat hier das sagen?", fragte der alte Mann und zog Alfrids Aufmerksamkeit wieder auf sich. ,,Wer will das wissen?", fragte Bard, der zu ihnen gestoßen war. Gwyneth hörte dem Gespräch nicht mehr weiter zu, sondern rannte vom Platz in eine kleine Seitengasse, zu sehr hatten die bohrenden Blicke sie nervös gemacht. Schließlich beschloss sie, zu dem Raum von Bards Familie zu gehen, vielleicht traf sie dort Sirgrid, Bain oder Thilda.

Sie betrat den kleinen Raum und tatsächlich waren sowohl Sigrid, als auch Bain und Thilda dort. Die beiden Mädchen flickten Decken und Bain legte sie zusammen und auf mehrere Stapel. ,,Endlich finde ich euch", sagte Gwyneth erleichtert, ,,Ich habe in halb Thal nach euch gesucht." ,,Nachdem du noch stundenlang mit diesem Elb geredet hast?", fragte Bain gereizt, ,,Oder vielleicht auch nicht nur geredet?" ,,Was ist denn mit dir los?", fragte Gwyneth verwirrt. ,,Nichts, was sollte sein?", entgegnete Bain und legte eine der Decken zusammen. ,,So hast du dich noch nie verhalten", sagte Gwyneth und wollte ihm eine Hand auf die Schulter legen, doch er wich ihr aus, indem er einen Schritt zur Seite ging und so tat als müsste er einen der Stapel zurechtrücken. Verletzt und vor allem verwirrt sah Gwyneth ihn an, aber Bain ignorierte ihren Blick. ,,Warum weichst du mir aus?", fragte sie, ,,Was ist passiert?" ,,Das weißt du doch ganz genau", fuhr Bain sie an, ,,Und tu bloß nicht so, als wüsstest du nicht wovon ich spreche, du weißt es nämlich. Hat es wenigstens Spaß gemacht?" Jetzt war Gwyneth komplett verwirrt. ,,Bain, ich weiß wirklich nicht wovon du sprichst", sagte sie, ,,Was soll Spaß gemacht haben? Ich verstehe einfach nicht was du meinst." ,,Der Kuss verdammt nochmal!", sagte Bain mit lauter Stimme, doch er hatte Tränen in den Augen, ,,Ich habe es doch gesehen! Du hast dich nicht gewehrt, als er dich geküsst hat. Du hast sogar erwidert!" ,,Welcher Kuss?", fragte Gwyneth, allerdings mit einer dunklen Vorahnung. Könnte es sein, dass sie durch den Wein einen Filmriss hatte und dadurch einige Dinge vergessen hatte, die sie lieber im Gedächtnis hätte behalten sollen, um sie zu klären? ,,Der Kuss von diesem Elb natürlich!", schrie Bain wütend und Tränen rollten ihm über die Wangen. Dann sagte er mit leiserer Stimme: ,,Aber ich verstehe schon: Er kann dir natürlich mehr bieten wie ich und wahrscheinlich küsst er auch tausendmal besser." Danach schwieg er. ,,Bain, ich...", setzte Gwyneth an, wurde aber von ihm unterbrochen. ,,Lass mich in Ruhe", schrie er sie an, ,,Und geh einfach! Geh!" Erschrocken sah Gwyneth ihn an und ging langsam zur Tür, in der Hoffnung, er würde seine Worte zurücknehmen. Doch er schwieg, ebenso wie Thilda und Sigrid. Also öffnete sie die Tür und stürmte nach draußen. ,,Warum hast du das gemacht?", fragte Thilda, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, ,,Warum schreist du sie denn an?" ,,Du verstehst das nicht, Thilda", entgegnete Bain, dem noch immer Tränen über die Wangen liefen. Tränen der Wut, aber auch Tränen der Trauer.

Hi Leute😊 ich wollte nur sagen, dass ich momentan leider eine Schreibblockade habe und weil jetzt wieder Schule ist, ich auch nicht mehr so viel Zeit zum schreiben habe.
Lg wolf_mermaid💕

Die Diebin von EsgarothWo Geschichten leben. Entdecke jetzt