Kapitel 23

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Cat und die Winchesters gingen zurück zum Wagen. Endlich nicht mehr unter Beobachtung öffnete Sam seine Fliege und riss sie sich beinahe vom Hals.
»Du hast sie, oder?«, wollte er von Dean hoffnungsvoll wissen. »Jetzt sag' bloß nicht, dass mich umsonst von Miss Case habe betatschen lassen.«
Dean murmelte noch etwas Unverständliches, dann sagte er: »Ich hab' sie.«
»Zeig sie mir.«
Dean griff in die Innenseite seines Jacketts und Cat beugte sich neugierig nach vorn. Er holte einen in ein weißes Tuch gewickelten Gegenstand hervor, doch als er es abnahm, war es keine Hand. Er hob ein Schiff in einer Flasche hoch und obwohl die Situation nicht lustig war, musste Cat lachen.
»War das nicht irgendwie klar?«, gluckste sie. »Ich meine, wer vertraut Bela?«
»Ich bring sie um«, schwor Dean mit zusammengebissenen Zähnen und Cat ließ sich zurück auf den Sitz fallen.
Die drei fuhren zurück zum Haus und zogen sich dort erst einmal bequemere Sachen an. Sam sagte, dass Miss Case ihm erzählt hätte, dass Sheila ihren Cousin bei einem Autounfall getötet hatte. Diese Information brachte vollkommen neue Sichtweisen auf den Fall, doch könnten sie den Geist nun nicht mehr töten, da Bela die Hand hatte.
Stille erfüllte den Raum, jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. Dean stand an dem alten Kamin und musterte nachdenklich das Flaschenschiff.
»Du hast recht«, sagte er nach einer Weile. »Ich werd' sie nicht erschießen, ich werd' sie zu Tode foltern.«
»Dean, was soll das? Entspann dich«, sagte Sam und schlug den Ordner, in welchen er zuvor gelesen hatte, zu.
»Entspannen? Oh, ja ja. Ich werd' mich entspannen. Ihr beide«, er deutete auf Cat und Sam, »seid total entspannt, ihr könnt sicher die ganze Nacht friedlich schlafen und das in einem Bett.«
Cat wollte etwas erwidern, doch Sam hielt sie mit einem Kopfschütteln zurück.
»Ich fass' es nicht, dass sie uns schon wieder reingelegt hat!«, rief Dean wütend.
»Dich«, verbesserte Sam, den Ordner wieder aufschlagend.
Dean wandte sich ihm zu. »Was?«
»Ich meine, sie hat nur dich reingelegt, nicht uns.«
»Danke, Sam! Das ist sehr hilfreich.«
Plötzlich klopfte es an der Tür und eine ungeduldige Stimme rief: »Hallo? Könnt ihr mal aufmachen?«
Dean sah seinen Bruder mit geweiteten Augen an, dann stürmte er auf die Tür zu. Auch Sam lief zu ihm und in diesem Moment öffnete sein Bruder die Tür.
»Lasst es mich einfach erklären«, sagte Bela.
Widerwillig ließen die Jungs sie rein und Cat, die zuvor mit verschränkten Armen auf der anderen Seite des Raumes gestanden hatte, schob mit dem Fuß einen Stuhl in Belas Richtung. Dean drückte die Frau darauf und beugte sich genau neben sie.
»Ich hab' sie verkauft«, erklärte sie. »Ich musste den Käufer nur anrufen, als wir die Hand hatten.«
»Der einzige Grund, warum wir zu der Wohltätigkeitsveranstaltung gehen mussten, war also -«, begann Sam.
»- weil ich 'ne Tarnung brauchte«, beendete Bela. »Ihr kamt mir gerade ... gelegen.«
»An wen du sie auch verkauft hast, kauf sie einfach zurück«, sagte Sam.
»Sie ist schon halb über den Ozeanen. Ich kann sie nicht mehr rechtzeitig zurückholen.«
»Rechtzeitig wofür?«, hackte Cat nach.
Bela öffnete den Mund, doch kamen keine Worte heraus.
»Was hast du, Bela? Hast du einen Geist gesehen?«, stichelte Sam.
»Nein, nein, das Schiff …«
»Du hast was?«, wollte Dean wissen. Bela schwieg und Dean lachte und trat langsam auf sie zu. »Wow, ich wusste ja, dass du eine diebische Hochstaplerin und ein Miststück bist, aber ich hätte nicht gedacht, dass du noch mehr sinken kannst.«
»Wovon redest du da bitte?«
»Wir kennen jetzt das Motiv des Geistes«, erklärte Sam und trat auf den Tisch zu. Er kramte in den Unterlagen herum, dann holte er ein Foto heraus und zeigte es Bela. »Das ist der Kapitän unseres Schiffes. Er ist es, der unseren Geisterknaben gehängt hat.«
»Und?«
»Sie waren Brüder.« Sam schmiss das Foto auf den Tisch. »Wie Kain und Abel. So wie's aussieht, verfolgt unser Geist ein ganz spezielles Ziel: Er verfolgt Leute, die das Blut ihrer eigenen Familien vergossen haben. Zuerst war da Sheila, die ihren Cousin durch einen Autounfall getötet hat, dann die Warren-Brüder, die ihren Vater wegen des Erbes getötet haben. Und jetzt du.«
»Oh, mein Gott«, sagte die Frau nur und sank in dem Stuhl zurück.
»Also, wer war es, Bela?« Dean stützte sich auf die Lehne des Stuhls und beugte sich zu der Frau hinunter. »Hm? Wen hast du getötet? War's Daddy, oder vielleicht deine kleine Schwester?« Er wollte sie provozieren, das sah Cat ganz deutlich, und sie wusste nicht, ob sie sich freuen oder Mitleid mit ihr haben sollte.
»Das geht dich überhaupt nichts an«, zischte Bela.
»Nein, richtig. Na, dann noch ein schönes Leben - für den Rest, der dir noch bleibt.« Dean schlug der Frau auf die Schulter und wich mit aufrechter Haltung zurück. Er ergriff seine Jacke und lief durch den Raum. »Sam, Cat, lasst uns fahren.«
Sofort erhob Bela sich. »Das könnt ihr doch nicht machen.«
»Oh, doch, Bela«, sagte Cat. »Das können wir.«
»Bitte«, flehte sie. »Ich brauche eure Hilfe.«
»Unsere Hilfe?«, wiederholte Dean, der seine Sachen zusammengepackte und sich nun abwandte. »Wie könnten dir ein paar Serienmörder schon helfen?«
»Okay, vielleicht bin ich etwas zu weit gegangen, aber soll ich deswegen sterben?«
»Aus diesem Grund stirbst du nicht«, meinte Sam leise. Er kniff die Augen an und sah die Frau ernst an. »Was hast du getan, Bela?«
»Ihr würdet es nicht verstehen«, erwiderte diese. »Niemand versteht es.« Als die Jungs und Cat nichts sagten, schüttelte sie den Kopf. »Ach, was soll's. Ich werde das alleine regeln, so wie ich's immer getan hab'.« Sie wandte sich um und ging zur Tür.
»Tja, das Einzige, was dich hätte retten können, hast du verkauft«, sagte Dean.
Bela blieb stehen und wandte sich den dreien zu. »Das weiß ich.«
»Na ja, vielleicht doch nicht das Einzige«, meinte Sam.

Sie fuhren zum Friedhof, auf welchem der Kapitän des Schiffes begraben worden war. Die Jungs zeichneten auf einen großen Stein ein Pentagramm und Sam bereitete das Beschwörungsritual vor. Bela, die neben Cat und Dean stand, blickte hoch zum Himmel, dann zu Sam.
»Glaubt ihr wirklich, dass das funktioniert?«, fragte sie zweifelnd.
»Darauf wetten würd' ich nicht«, gab Dean zurück.
Plötzlich donnerte es und es begann in Strömen zu regnen. Cat zog den Reißverschluss ihrer schwarzen Lederjacke höher und Dean nahm seine Schrotflinte richtig in die Hand und sah sich um.
»Sammy, fang an zu lesen.«
Sam begann mit dem Beschwörungsritual, eine alte Sprache, so ähnlich wie die bei der Dämonenaustreibung. Die Kerzen, die Sam aufgestellt hatte, erloschen aufgrund des Regens, und ein starker Wind kam auf.
»Pass auf! Hinter dir!«, schrie Bela auf einmal, doch da hatte der Geist des Matrosen bereits Dean gepackt und durch die Luft geschleudert.
Sam hörte nicht auf, zu lesen, und Cat drängte sich zwischen Bela und den Geist. Dieser warf Cat ebenso wie Dean durch die Luft und unsanft stieß sie einige Meter neben Dean auf dem nassen, matschigen Boden auf. Cat sah, wie der Matrose Bela berührte und kurz darauf spuckte die Frau Wasser aus. Schwach sank sie auf die Knie und Dean robbte sich zu ihr.
»Beeil dich. Lies schneller!«, rief er Sam durch das Toben des Sturmes zu.
Sam las schneller und kurz darauf legte sich der Regen und der Wind. Bela hörte auf, Wasser zu spucken und Cat sah, dass ein Mann hinter dem Geist aufgetaucht war - es war der Kapitän, sein Bruder.
Der Matrose wandte sich ihm langsam zu und starrte ihn aus seinen toten Augen an. »Du ... hast mich ... erhängt!«
»Es tut mir leid«, antwortete der Kapitän.
»Deinen eigenen Bruder!«
»Es tut mir so leid.«
Der Matrose rannte auf ihn zu und zerfiel zu Wasser. Auch sein Bruder löste sich auf, so dass sich eine riesige Pfütze auf dem Boden bildete.
Vollkommen nass und erschöpft fuhren die Winchesters und Cat zu ihrem Haus, wo sie sich trockene Kleider anzogen und erst einmal schliefen. Am nächsten Morgen begannen sie, ihre Sachen zu packen und Bela betrat das Haus, ohne zu klopfen.
»Ihr solltet abschließen. Da könnte jeder reinkommen«, meinte sie.
»Ja, so wie du«, gab Sam zurück. »Willst du dich verabschieden oder »Danke« sagen?«
»Ich bin hier, um was zu regeln«, sagte Bela nur und holte drei Geldbündel aus ihrer Handtasche. »Dem Geist das zu geben, was er eigentlich wollte - seinen eigenen Bruder. Sehr clever, Sam. Also hier.« Sie warf jedem einen Geldstapel zu. »Das sind 15 Tausend. Das sollte wohl genügen.« Die drei sahen sie erstaunt an. »Ich mag es nicht, wenn ich Schulden hab'.«
»Fünfzehn Riesen zu blechen, fällt dir einfacher als ein einfaches Dankeschön?«, wollte Dean verständnislos wissen. »Du hast sie wirklich nicht alle.«
»Du musst es ja wissen.« Bela grinste die drei an. »Macht's gut!« Mit diesen Worten verließ sie das Haus.
»Sie hat Stil, das muss man ihr lassen«, meinte Sam.
»Wie man's nimmt«, sagte Dean, den Blick grinsend auf die Scheine in seiner Hand gerichtet.
»Hör mal, wir wissen nicht, wo das Geld herkommt«, entgegnete Sam und hielt sein Bündel hoch, welches Dean ihm aus der Hand riss.
»Nein, aber ich weiß, wo's hingeht.« Dean lachte, ließ sich von Cat das letzte Bündel geben und verstaute die drei in seiner Tasche.
»Ich bring' schon mal einige Sachen ins Auto«, sagte Sam. »Kommt ihr dann nach?«
»Ja«, antwortete Cat, und Sam verließ mit seiner Tasche das Haus. Nun war sie mit Dean allein, und während er noch einige Sachen in seine Tasche packte, beobachtete sie ihn.
»Nur zu. Sag's ruhig«, sagte er plötzlich und blickte auf.
»Was meinst du?«, fragte Cat und tat so, als ob sie es nicht wüsste.
»Glaubst du, ich bin blind? Ich weiß, dass du mit mir über etwas reden möchtest.« Er warf sich seine Tasche über die Schulter und lief auf Cat zu.
»Hast du's Sam erzählt?«, wollte sie wissen.
»Das damals im Keller?«
Cat nickte.
»Nein.« Er blieb dicht vor ihr stehen. Sein Gesichtsausdruck war ernst. »Du und Sam, ihr verheimlicht etwas vor mir.«
»Manche Dinge gehen dich nichts an«, sagte Cat und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Das stimmt«, meinte Dean. »Weißt du, ich versuche mit dir klarzukommen, und ich tu das nur für Sam.«
»Du tust das für dein Ego«, entgegnete Cat kühl.
»Wie bitte?«
»Du weißt, dass, wenn du mich wegschicken würdest, Sam auch geht. Du tust das nicht für Sam. Du tust das für dich, weil du nicht alleine sein willst. Hauptsache jemand ist da, Hauptsache einer deiner Freunde ist da, der Rest ist dir egal. Dir ist es egal, dass Sam alles daran setzt, damit du nicht in die Hölle wanderst, dass er versucht, dein Leben zu retten.
Dir ist es nicht egal, wenn sein Leben dadurch in Gefahr ist, weil, wenn er stirbt, bist du allein. Und du willst nicht allein sein. Du hast Angst davor, allein zu sein. Du verstehst es nicht. Du verstehst ihn nicht, deinen Bruder, der alles dafür geben würde, dass du lebst. Solche Menschen braucht er nicht, Dean, er braucht eine Familie. Jeder braucht eine Familie.«
»Und du bist dieser Mensch?«, stichelte Dean, doch in seinen Augen sah sie, dass sie den Kern getroffen hatte. Er hatte die Wahrheit gehört und er wusste, dass es die Wahrheit war. »Du bist seine Familie?«
»Er ist wie ein Bruder für mich«, erklärte Cat.
»Ja, klar«, sagte Dean ironisch. »Deswegen auch der Kuss.«
»Nicht alle Beziehungen sind auf sexueller Ebene«, gab Cat mit zusammengekniffenen Augen zurück. «Der Kuss bedeutete mir nichts. Es war nur ein Tarnung, ein Spaß, um Sam aus den Krallen einer Liebes bedürftigen Dame zu befreien.«
»Ja, sicher.«
»Bist du etwa eifersüchtig?«, fragte Cat.
Dean antwortete nicht, sondern beugte sich vor. Er war nicht weit von ihrem Gesicht entfernt, als er den Kopf wandte und Cats Tasche vom Tisch ergriff. »Ich warte am Wagen«, sagte er nur und verließ dann mit seinen und Cats Sachen das Haus.
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah die Frau ihm hinterher, dann folgte sie ihm. Dean fuhr sogleich los, schweigend. Auch Cat sagte nichts. Eine angespannte Stimmung erfüllte den Wagen und Sam fühlte, dass irgendetwas nicht stimmte, fragte jedoch nicht nach.
»Ich will nach Atlantic City«, sagte Dean nach einer Weile.
»Ist das dein Ernst? Atlantic City?«, wiederholte Sam.
»Oh, ja. Wir spielen Roulette und setzen immer auf Schwarz.« Dean schwieg und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Hör zu, ich hab' noch mal nachgedacht ... ähm ... ich versteh' jetzt, wieso du's getan hast. Ich verstehe, wieso du's auf den Kreuzungsdämon abgesehen hattest. Ich schätze, ich hätte das Gleiche auch für dich getan. Ich bin ja nicht blind. Ich sehe, wie dieser Deal dich fertig macht. Weil mir nicht mehr so viel Zeit bleibt. Aber du wirst damit fertig werden.«
»Meinst du?«, fragte Sam.
»Ja, du wirst weiterjagen. Du wirst dein Leben leben«, sagte Dean. »Du bist stärker als ich. Das bist du. Glaub mir, du wirst darüber hinwegkommen. Aber du sollst wissen, dass es mir leid tut. Es tut mir leid, was du meinetwegen durchmachen musstest.«
»Weißt du was, Dean? Du kannst mich mal.«
»Was?« Dean schien über seine Reaktion verblüfft.
»Ich will keine Entschuldigung von dir«, meinte Sam. »Und übrigens, ich bin erwachsen. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
»Oh, entschuldige bitte«, sagte Dean, doch Cat wusste, dass er es nicht ernst meinte.
»Hör endlich auf, dir um mich Sorgen zu machen. Das ist doch der Grund für das ganze Dilemma. Ich möchte nicht, dass du dir meinetwegen Sorgen machst, Dean. Ich möchte, dass du dich um dich sorgst. Es kann dir doch nicht scheißegal sein, dass du stirbst.«
Dean schwieg nur und nickte mit einem Lächeln im Gesicht.
»Das ist also alles?«, rief Sam aufgebracht. »Mehr hast du nicht dazu zu sagen?«
»Vielleicht spiel' ich doch lieber Black Jack«, sagte Dean bloß. Er wollte Sam provozieren, doch dieser erwiderte nichts, seufzte nur genervt und wandte seinen Blick von seinem Bruder ab.
Am liebsten hätte Cat Dean geschlagen. Anfangs hatte er das gesagt, was sie gesagt hatte. Er hatte es ernst gemeint, das wusste sie. Sie wusste, dass er sie verstanden hatte. Doch dann hatte er dieselbe Leier wie sonst auch eingesetzt. Gleichgültigkeit. Es war ihm egal, dass er starb, es war ihm egal, was Sam dachte, was sie dachte. Am liebsten hätte sie ihn geschlagen, doch sie ließ es, und ebenfalls mit einem Seufzen blickte sie nach draußen.

2376 Wörter

Oh, man. Cat und Dean. Ganz speziell Dean 👹 manchmal frag' ich mich, ob er überhaupt ein Gehirn hat, denn manchmal sagt er echt fiese Sachen ...

 Ganz speziell Dean 👹 manchmal frag' ich mich, ob er überhaupt ein Gehirn hat, denn manchmal sagt er echt fiese Sachen

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Den ganz oben hab' ich übrigens selbst gemacht :) *ganz stolz* xD

Blood & Demons || Supernatural Staffel 2/3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt