P.O.V. Nazar
Der Regen prasselte auf uns hinab, sodass wir bereits trieften. Hier und da konnte man einen gewaltigen Schlag hören und grelle Lichter am Himmel wahrnehmen.
Schon seit zwei Stunden standen wir hier und niemand hatte es gewagt, diese angespannte Stille zu zerbrechen.
Mal wieder, wurden wir mit einem grauenhaften und dunklen Thema konfrontiert. Der Tod.
Immer wieder huschten die selben Fragen durch meinen Kopf. Wird uns das selbe Schicksal erwarten? Werden wir noch mehr Kameraden oder Familie verlieren?
"Ruhe in Frieden.", durchbrach Danny die unangenehme Ruhe und machte ein paar Schritte nach vorne. Er legte eine violette Blume auf die nasse Erde.
"Ruhe in Frieden.", auch Lucy legte eine Blume auf den Waldboden, welche blau schimmerte.
"Mögest du nun an einem besseren Ort sein.", Sweta's Blume war in einem zarten Rosa.
"Mögen wir uns Wiedersehen.", Ely, Sting und Ari traten ebenfalls vor und ließen weiße Blumen, auf die Erde fallen.
Meine Augen richteten sich auf Toni, welche mit zitterndem Körper alleine stande. Ihr Gesicht war blass und emotionslos.
Niemand konnte in sie hinein schauen. Wie es gerade in ihr aussah oder wie sie sich fühlte, wussten wir nicht. Herrschte Chaos, Leere oder Trauer?
"Dein Kampf ist nun vorbei.", nun trat ich vor und hielt verkrampft die Blume, in meiner linken Hand. Der nasse Waldboden machte es mir schwerer zu laufen.
Ich kniete mich leicht hin und strich mir über mein Gesicht. Die Blicke von den anderen, konnte ich auf mir spüren, jedoch war einer besonders intensiv.
Ich atmete einmal tief durch und legte meine blutrote Blume, auf der Erde ab. Genauer gesagt, war es ein Grab, welches Toni die gesamte Nacht, unter schreien und schluchzen, gegraben hatte.
Mit einem Ruck stande ich auf und ließ meinen Blick über das Holzbrett schweifen, welches eine tiefe Gravur hatte.
Natalie Joanna Winter
*19.05.2075
✝ 2113 n. Chr.Es machte mich traurig, dass wir nicht mal das genaue Datum wussten oder wenigstens den Monat, in dem wir uns gerade befanden.
Ich drehte mich um und stellte mich wieder an meinen alten Platz. Es hatte immer noch nicht aufgehört zu stürmen.
"Es tut mir leid, aber ich werde das nicht machen. Vergibt mir.", mit diesen Worten, verließ Toni unseren kleinen Friedhof und verschwand in ihrem Zelt.
"Sie braucht ihre Zeit.", seufzte Lucy und strich sich ihre langen, schwarzen Haare, welche vom Regen in ihrem Gesicht klebten, hinter die Ohren.
"Wenn du meinst.", entgegnete Danny knapp und machte auf seinem Absatz kehrt. Er verschwand ebenfalls in einer der Zelte.
"Wird es je aufhören? Diese Machtspiele und das unnötige töten?", fragte ich und wendete meine Augen nicht, von den zwei Gräbern ab.
"Nein, dass ist unsere Welt und Heda hatte in diesem Punkt recht. Ihr passt nicht zu uns und das werdet ihr auch nie.", erklärte Sting monoton.
"Auch wenn es hart klingt, aber das ist nun mal so. Ihr seid in der falschen Welt gelandet.", Ari lächelte mich sanft an.
Ich zog eine Augenbraue nach oben. "Vor hundert Jahren, hat diese Welt uns allen gehört. Auch meinen Vorfahren. Nur, weil wir es geschafft hatten, uns Schutz im Weltall zu suchen, könnt ihr uns nicht wie Tiere behandeln. Wir sind Menschen genauso wie ihr!", meine Stimme wurde zum Ende hin immer lauter.
"Das wissen wir, aber-", fing Sting an, doch eine gewisse Person unterbrach ihn.
"Es ist erstaunlich, dass so viele Menschen mehr Angst davor haben mit neuen Problemen zu leben, als mit alten zu sterben."
Der Grounder wurde etwas aus seiner Fassung gerissen, fing sich jedoch wieder. "Was soll das heißen?", fragte er an Toni gewandt.
Die Schwarzhaarige hatte ein sanftes Lächeln auf den Lippen und blickte zu Boden. "Nur, weil du gerade am Trauern bist, heißt es nicht, dass wir dir Recht geben werden. Wir sind hier immerhin geboren und aufgewachsen."
Toni sah auf. "Ich denke mehr, als ich sage, Sting.", antwortete sie. "Es führt oft zu Missverständnissen oder gar zu Problemen, wenn du deine Gedanken äußerst."
"Du beleidigst gerade indirekt meine Herkunft. Ist dir das bewusst?", zischte der Blonde und kam meiner Kameradin näher.
"Das Leben ist ein Spiel, Sting.", sie bewegte sich keinen Millimeter. "Wie viel hälst du aus, bevor du aufgibst?"
"Jemand der noch nicht so viel Schmerz erleiden musste, wie mein gesamtes Volk, sollte nicht so reden."
Sie lieferten sich ein Blickduell, welches keiner zu verlieren schien.
"Ich werde für eine Weile gehen.", Toni wandte ihre Augen von Sting ab und drehte sich um.
"Was?", fragte Lucy fassungslos.
"Mizuki hatte gesagt, dass ich mir die gesamten zwölf Clans zum Feind gemacht habe. Ich werde nicht dabei zusehen, wie noch mehr von meiner Familie sterben werden."
Toni ging ein paar Schritte. "Warte."
Sie hielt Inne, drehte sich jedoch nicht um.
Sting lief langsam auf sie zu. "Verspreche nichts, wenn du glücklich bist, antworte nicht, wenn du wütend bist und entscheide nichts, wenn du traurig bist."
Ich hatte meine Augen auf den Rücken, der Schwarzhaarigen gerichtet. Sie begann unkontrolliert zu zittern und fiel auf ihre Knie.
"Du bist erst gescheitert, wenn du aufgibst.", meinte Ari und stellte sich neben Sting.
"Aus Fehlern lernt man.", sagte ich und kniete mich zu Toni hinunter.
"Ich würde gerne in die Vergangenheit reisen - nicht um Fehler zu vermeiden, sondern um jemanden zu Umarmen, der heute nicht mehr da ist.", schluchzte sie, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
"Dann lass uns versuchen, deinen Träumen einen Schritt näher zu kommen.", ich streckte ihr meine Hand entgegen.
"Du weißt schon das Zeitreisen unmöglich sind, Nazar."
"Wenn du nur stark daran glaubst wird alles, was du dir wünscht, zur Wirklichkeit. Das verspreche ich dir.", sie ergriff meine Hand.
"Lass uns ein neues Kapitel schreiben, Toni."
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100 Years
AdventureEin Atomkrieg. Er zerstörte die Welt komplett. 99% der gesamten Weltbevölkerung wurden vernichtet. Seit 100 Jahren leben die restlichen 1% auf einer Zufluchtsstation im Weltall. Die Arche. Doch im Weltall existiert kein Sauerstoff. Die Vorräte werde...