17 - Was hat er getan, Will?

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Länger als einen Monat ein vernünftiges Unileben zu führen, kriegte Linda nicht hin. Dann verfiel sie wieder dem studentischen Nachtleben, wie sie es in ihrem Wohnheim nannten. Jenica schloss sich ihr leider immer an, das war ein Problem und das trieb immer wieder einen Keil zwischen ihr und Harun.

Es fing jedes Mal im selben Muster an: Sie lernte neue Typen kennen und die brachte sie fleißig zu ihnen ins Wohnheim.

Dann tauchten immer mal wieder fremde Gesichter in ihrer Küche oder im Flur auf und verschwanden schnell wieder für immer.

Ella lief in die Küche um sich einen Joghurt zu holen, da sah sie die ersten zwei fremden Gesichter in diesem Semester. Linda und Jenica saßen mit ihnen zusammen auf ihrem Sofa und sie lachten und redeten aufgeregt. Jenica bemerkte sie recht schnell und lud sie ein mit ihnen zu quatschen. Ella holte ihren Joghurt und setzte sich mit einem Löffel zu ihnen.

„Das ist Will!" stellte Linda vor und formte mit ihren Lippen das Wort 'heiß'. Ella nickte ihm grinsend zu. Er sah wirklich nicht schlecht aus. War breit gebaut, wahrscheinlich machte er Bodybuilding, hatte ein markantes Gesicht und schien sehr selbstbewusst zu wirken.

„Das ist Ralph." meinte Jenica. Er war nur halb so hübsch wie Will. War eher schmächtig, aber hatte eine ruhige Art und schien sympathisch zu sein.

„Ella." Begrüßte sie beide.

Sie unterhielten sich schnell über dies und jenes und Ella bemerkte, dass Will sehr charismatisch war und jede noch so einfache Unterhaltung mit ihm interessant wurde. Er brachte sie oft zum Lachen. Und auch er schien sie zu mögen, denn nach einer Weile wandte er sich von Linda ab.

Die gemütliche Atmosphäre änderte sich schlagartig, als plötzlich Darren und Benji in die Küche kamen. Mae brachte sie mit. Benji und Mae lachten und quatschten miteinander. Ihre Augen leuchteten dabei. Wann würde wohl einer von ihnen endlich den Schritt machen?
Darren stand wieder kalt bei ihnen. Und dann geschah es. Darren erblickte Will. Will sah Darren. Im nächsten Moment hing eine kalte Wolke über ihnen und ein eisiger Wind wehte durch ihre Küche. Eine tiefe Feindseligkeit trat in Darrens Züge. Will schien ihm auch nicht besonders freundlich gesinnt zu sein.

Danach drehte sich Darren einfach um und verschwand aus der Küche.

Eine Stille zwischen Ella und Will folgte.

„Sorry... Er ist ein wenig seltsam... Auch ziemlich neu hier." gestand Ella und fügte leiser hinzu: „Ihn mag hier niemand so richtig."

Die Worte schienen Will zu beruhigen.
„Er lebt also auch hier?"

„Ja. Seit fast einem Monat... Es gab schönere Monate."

„Hmm... Das kann ich mir vorstellen."

„Wie meinst du das? Kennst du ihn auch?"

„Nur flüchtig... Ich bin ihm vor einer Kneipe begegnet und ich muss gestehen, es war kein schönes auf einander Treffen."

„Oh... Aber es hätte mich ehrlich gewundert, dass dieser Typ mal schön auf jemandem Treffen würde."
Er lachte.

„Vielleicht sollte ich das lieber nicht erzählen... Aber du solltest dich lieber von ihm fern halten..."

„Was? Warum? Ist etwas passiert?"

„Ich will ihm kein Unrecht tun... Vielleicht war er an dem Tag einfach mit einem falschen Fuß aufgestanden. Aber... Ach nein. Ist okay."

„Du machst mich nur neugieriger. Keine Angst, ich hab nichts mit ihm zu tun! Was ist denn passiert?"

Er sah sie nachdenklich an. Wahrscheinlich überlegte er, ob er es ihr anvertrauen konnte oder nicht und entschied sich zur Freude von Ella dafür:

„Es war ganz seltsam. Ich war einfach mit einem Kumpel unterwegs und dann hab ich ihn wohl aus versehen auf der Straße angerempelt. Das hat ihm anscheinend gar nicht gepasst, denn er wurde auf einmal handgreiflich. Du hättest ihn erleben sollen."

„Wirklich? Was hat er getan, Will?"

„Er hat mich übel zugerichtet. Ich hab immer noch Wunden von ihm." Er zog plötzlich sein Shirt hoch und Ella erblickte einen recht großen langsam ins gelbe übergehenden ehemaligen blauen Fleck. Sie erschrak.

„Oh... Das sieht nicht gut aus... Was ist denn passiert?"

„Ich bin eher die Person, die versucht Problemen aus dem Weg zu gehen und sie mit Worten zu regeln... Aber zu einem Wort hat er mich nicht kommen lassen. Du hättest sehen sollen, wie aggressiv er war. Ich hatte keine Chance, so urplötzlich schlug er auf mich ein und mein Freund konnte ihn nur schwer von mir zurückhalten."

„Das ist ja schrecklich..."

„Ich habe meine Kodexe. Ich schlage niemanden, wenn es nicht wirklich notwendig ist. Dafür bin ich mir zu schade."

„Ich hätte ihm so etwas nie zugetraut... Ich mochte ihn zwar nicht besonders.. Aber das er so aggressiv sein kann... Habt ihr nicht die Polizei gerufen? Oder hast du nicht über eine Anzeige nachgedacht?"

„Aja so schnell, wie der dann wieder abgehauen ist. Wir haben ihn dann einfach laufen lassen. Wahrscheinlich war er einfach nur besoffen oder vielleicht auf Drogen. Ich weiß nicht. Und diese Anzeigen auf unbekannte Personen bringen ja eh nichts."

„Du kannst ihn ja jetzt anzeigen! Jetzt weißt du, wo er wohnt!" schlug Ella atemlos vor.

„Ist okay. So einer bin ich nicht. War nur ein blauer Fleck und das wars. Männer schlagen sich häufiger als man denkt. Wenn ich wieder etwas über ihn höre oder er das noch einmal wagt, dann wird es aber ernst!" drohte er.

Ella stimmte ihm zu. Sie konnte es kaum fassen! Er war nicht nur arrogant und eitel, sondern schien auch noch Probleme mit Suchtmitteln und ein aggressives Temperament zu haben. Ein kalter Schauer fuhr ihr über den Rücken. Und sie hatte ihn so oft provoziert.  

Ella - der Genuss von Stolz und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt