Entführt (2)

622 21 4
                                    

Mehrere Tage, vielleicht auch schon Wochen, waren inzwischen vergangen. Chris und Andy konnten nicht sagen wie viele genau. Die Frau kam immer zu unterschiedlichen Zeiten. Mal war es hell, dann mal dunkel wenn sie die Falltür öffnete und ihnen über eine Leiter ihr Essen brachte. Sie redete kaum und ging auf Fragen der beiden nicht ein. Keiner von beiden wollte es zugeben, doch mit jedem Tag den sie hier unten verbrachten schrumpfte ihre Hoffnung auf ein Entkommen.  Oft unterhielten sie sich über alles mögliche um die erdrückende Stille zu vertreiben, doch immer häufiger schwiegen sie und saßen einfach nur nebeneinander. Die Kette die ihre Füße verband erlaubte es ihnen auch nicht sich mehr als einen knappen Meter voneinander zu trennen. Sie redeten gerade über ihren letzten Urlaub um sich von dem quälenden Hunger abzulenken, als sich die Tür in der Decke öffnete. Die Leiter, die an der Decke befestigt war, wurde herunter gedrückt und die Frau kletterte herunter. "Hey ihr beiden. Ich hab euer Essen dabei." Normalerweise ignorierten die beiden sie einfach, doch sie war schon länger nicht mehr gekommen und der Hunger siegte. Chris und Andy griffen sofort nach den belegten Brötchen, die sie ihnen hinstreckte und bissen hinein. Die Entführerin ging vor ihnen in die Hocke und beobachtete die beiden Männer. Das tat sie öfter, doch davon wussten die beiden nichts, da sie meist schliefen. Die Frau strich beiden durch die Haare und lächelte sanft. Kurz hielten Andy und Chris inne, aßen dann jedoch weiter. Doch als sie noch über ihre Wangen fuhr wurde es Andreas zu viel. Er drehte seinen Kopf zur Seite und schmiss das restliche Brötchen in ihre Richtung. "Fassen Sie mich nicht an!" "Aber aber so geht man doch nicht mit Leuten um", sagte sie in ruhigem Tonfall und setzte einen strengen Blick auf. "Wer sind Sie? Was wollen sie von uns?", fragte nun Chris. Sie drehte ihren Kopf zu ihm, lächelte, stand auf und ging ein paar Schritte zurück. "Nun gut. Ich denke ich kann es euch nun sagen. Meine Name ist Eva. Und ich möchte nichts weiter als mich um euch kümmern." "Um uns kümmern?!", sagte Andreas laut. "Sie halten uns hier fest in einem kleinen Keller ohne Licht und fließendes Wasser und nennen das sich um uns kümmern?!?! Und wie kommen Sie überhaupt darauf?" Andreas war aufgestanden und stampfte wütend ein paar Schritte nach vorne, wurde aber kurz danach von der Eisenkette um seinen Fuß aufgehalten. "Keine Sorge mein Süßer. Ihr werdet umziehen sobald ihr soweit seid." Mit diesen Worten packte Eva ihren Rucksack zusammen und verließ den Raum wieder. Andreas stand immer noch da und starrte ihr nach. Diese Frau war wirklich krank. Er drehte sich um und sah wie Chris seine Knie mit den Armen umschlungen und den Kopf darauf gelegt hatte. Andy ging zu seinem Bruder, setzte sich neben ihn und nahm ihn in den Arm. Irgendwann zog er seinen kleinen Bruder hoch und ging mit ihm zu der Matratze. Sie benutzten sie nur zum Schlafen. Warum wussten sie selbst nicht genau. Andy legte sich hin, Chris daneben und platzierte seinen Kopf auf Andys Brust. Dieser schloss seine Arme um ihn und streichelte seinen Rücken bis er eingeschlafen war. Es tat einfach gut zu wissen, das man nicht allein war.

Als Andreas aufwachte schlief Chris noch. Er blickte sich wie immer um. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht hoffte er einfach etwas zu finden, was den beiden helfen konnte, doch natürlich war da nie etwas. Er wollte gerade seine Augen wieder schließen als ihm etwas ins Auge fiel. Vorsichtig schob er Chris von sich runter und krabbelte zum anderen Ende des Raums, wo er ein kleines Aufblitzen gesehen hatte. Er passte auf die Kette nicht zu stark zu bewegen um Chris nicht zu wecken. Deshalb musste er sich am Schluss ganz schön strecken um das kleine silberne Teil zu erreichen. Als er es hatte rutschte er wieder etwas zurück um es im Licht besser sehen zu können. Es war eine Haarklammer. Zuerst wollte er sie enttäuscht wieder wegschmeißen als ihm eine Idee kam. Er hatte sich mal mit Chris einen Spionagefilm angesehen und da hatte jemand mit einer Haarklammer ein Schloss geknackt. Schließlich hatte Chris so lang geübt bis er das auch geschafft hatte. Das war zwar schon lange her, doch vielleicht schaffte er es ja trotzdem noch. Er drehte sich schon zu Chris um ihn zu wecken, doch als er ihn friedlich da liegen sah brachte er es nicht übers Herz. So verstaute Andy die Klammer in seiner Hose und legte sich wieder neben seinen Bruder. Mit einem leichten Lächeln schlief er ein. Seine Hoffnung war zurück.

"Aufwachen Jungs", rief Eva und Andy und Chris schlugen die Augen auf. Sie stand vor der Matratze. "Ich habe eine Überraschung für euch. Ich nehme euch mit nach oben, damit ihr mal wieder richtig duschen könnt und euch rasieren und sowas." Ungläubig starrten die beiden Männer sie an. "Natürlich lass ich euch nicht einfach so heraus." Sie holte zwei breite Lederbänder hervor, die an Hundehalsbänder erinnerten. "Elektroschockhalsbänder. Ich muss nur auf einen Knopf drücken. Alles klar?" Die Aussicht mal hier raus zu kommen war so verlockend das beide nickten. Hinter der Freu kamen nun 2 breitgebaute, maskierte Männer die Leiter herunter. Jeder von ihnen nahm eins der Halsbänder, legten sie Chris und Andy um und zogen sie auf die Beine. Dann drehten sie ihnen schmerzhaft die Hände auf den Rücken, während Eva die Ketten aufschloss. Allerdings ließ sie die Kette, die die beiden Brüder verband. Dann ging es los. Erst kletterte Eva nach oben, danach einer der Männer und dann kamen Chris und Andy. Die Kette erschwerte das Klettern, doch sie schafften es. Oben angekommen blickten sich die Beiden um. Sie standen auf einer kleinen Lichtung in einem Wald. Einige Meter entfernt stand ein schönes Haus mit Veranda. Die beiden Magier kannten diesen Ort nicht und hatten somit auch keine Ahnung wo sie sich ungefähr befanden. Sie konnten überall sein. Unsanft wurden sie nach vorne geschubst und so folgten sie Eva in Richtung Haus. Dort angekommen wurden sie ins Bad geführt, wo sie sich unter der Aufsicht der Männer wuschen. nachdem sie fertig waren führten diese sie wieder nach draußen, wo Eva in einem Schaukelstuhl wartete. Lächelnd stand sie auf. "Gut seht ihr aus." Chris und Andy sagten nichts dazu, sondern folgten ihr einfach wieder über die Wiese zu ihrem "Zimmer". Doch nach ungefähr der Hälfte des Weges stolperte Andreas plötzlich nach vorne und rempelte aus Versehen Eva dabei an. Wütend drehte sie sich um. "Was war das?" Doch bevor Andy sich entschuldigen konnte hatte Eva etwas aus ihrer Tasche geholt und auf einen kleinen Knopf gedrückt. Andy verkrampfte sich. Seine Augen waren weit aufgerissen und er schnappte nach Luft. Kurz darauf wurde alles um ihn herum schwarz. Wie Chris "Andreas!" rief bekam dieser gar nicht mehr mit. Chris stürtzte sich neben seinem Bruder zu Boden und strich ihm die Locken aus dem Gesicht. "Er hat doch nichts getan! Er ist gestolpert verdammte Scheiße!" "Dann muss er das nächste Mal halt besser aufpassen", meinte Eva kalt. Chris wurde von Andy weggezogen, während dieser von einem der Kerle unsanft über die Schulter geworfen wurde. So gingen sie zurück in den Raum. Andreas wurde auf die Matratze geschmissen, Eva machte die Ketten fest, löste die Halsbänder und dann waren die beiden Illusionisten wieder allein. Chris setzte sich neben Andy und beobachtete ihn. Seine Brust hob und senkte sich kaum merklich, doch es gab Chris die Gewissheit das sein Bruder noch lebte. So saß er da und dachte an frühere Zeiten, während er wartete das Andy wieder aufwachte.

Kurzgeschichten/Oneshots Über Die Ehrlich BrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt