Kapitel 9

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Ich werde vom Piepsen meines Handys wach. Will hat mir geschrieben:
«Ich sag ihr heute das ich auf Männer stehe. Das ist längst überfällig. Das ich auf dich stehe werd ich nicht erwähnen, das ist deine Entscheidung.»
Erleichtert lege ich das Handy zur Seite. Ich bin froh dass er es ihr endlich sagt. Ein kleiner Funken Hoffnung auf gemeinsame Zukunft steigt in mir auf. Sofort verdränge ich ihn wieder. Nur weil Sarah erfahren wird das er schwul ist könnte ich trotzdem keine Beziehung mit ihm anfangen. Er ist trotz allem mein Schwiegervater und außerdem will ich gar keine Beziehung. Entschlossen stehe ich auf und gehe in die Küche. Dort teilt mir Sarah auch gleich mit dass Will zum Abendessen kommt. Nachdem ich ihr versichert habe beim Kochen helfen begebe ich mich in mein Arbeitszimmer um zu schreiben. Erstaunlicherweise lenkt meine Arbeit relativ gut von Will ab. Nur hin und wieder schleicht sich ein Gedanke an ihm ein.
Abends servieren Sarah und ich die zubereiteten Speisen. Als wir beim Desert angelangt sind lässt Will die Bombe platzen.
"Sarah, ich muss dir was sagen. Ich bin schwul."
Sarah fällt der Löffel aus der Hand und ihr Mund klappt auf. Ich greife nach ihrer Hand. "Aber.. Aber.. du und Mama. Also.. "
"Ja, ich habe erst ziemlich spät bemerkt dass mir Männer besser gefallen. Ich mochte deine Mutter ziemlich gerne. Ich dachte es wäre Liebe. Doch ich musste leider feststellen dass sie mir nicht das geben konnte was ich suchte. Ich weiß dass ich ihr ziemlich wehgetan habe. Doch es zu verleugnen kam auch nicht in Frage. Deshalb bin ich feige abgehauen. Und deshalb fiel es mir auch so schwer wieder den Kontakt zu suchen. Nach so vielen Jahren wusste ich nicht wie du darauf reagierst."
"Ich.. also. Ich muss das erstmal verarbeiten." meint Sarah. Als sie Wills verletzen Blick bemerkt fügt sie jedoch hinzu "Homophobie ist nicht vererbbar. Ich hab absolut nichts dagegen. Aber beim eigenen Vater muss man sich erst mal dran gewöhnen."
Erleichtert atmet Will aus. Anscheinend hatte er trotzdem Angst vor einer negativen Reaktion. Obwohl er eigentlich wusste dass sie nicht kommen würde.
Schweigend essen wir weiter bis Sarah sich etwas beruhigt hat und ihren Vater fragt: "Also, du erzählst letztes Mal von einer Freundin in Argentinien? War das ein Mann oder hast du die Geschichte komplett erfunden?"
"Die Geschichte entsprach schon der Wahrheit. Ich hab nur dieses eine Detail ausgelassen. Er hieß Pedro und war für mich sowas wie die erste große Liebe. Als ich ihn traf war ich mir endgültig sicher dass ich schwul bin."
Als er so von seinem Ex schwärmt kommt Eifersucht in mir hoch. Um mich abzulenken beginne ich den Tisch abzuräumen. Als ich in der Küche stehe kommt mir Sarah hinterher. "Sollen wir es ihm sagen?" flüstert sie mir zu. Kurz überlege ich einfach ja zu sagen, entscheide mich aber doch für die Wahrheit. "Er weiß es bereits."
"Was?"
"Er hat mich gesehen als ich Hannes geküsst habe. Dann musste ich ihm die Wahrheit sagen. Sonst hätte er mit den Kopf abgerissen."
"Und wieso hast du nichts gesagt? Du hast mich einfach weiterhin die perfekte Ehe spielen lassen, du Idiot."
"Tut mir leid" gebe ich zerknirscht von mir. Sarah schüttelt nur den Kopf und geht wieder zu ihrem Vater zurück.
Während ich die Spülmaschine einräume komme ich ins Grübeln. Wieso hab ich ihr eigentlich nichts gesagt? Ich war so davon abgelenkt das Will schwul ist dass ich nicht mal dran gedacht habe ihr zu sagen dass er unser Geheimnis kennt.
Plötzlich umarmt mich jemand von hinten. Obwohl sich mein Körper dagegen sträubt versuch ich mich von ihm zu lösen. "Lass das Will, was wenn Sarah uns so sieht?"
"Sarah ist oben bei Nathan. Sie wird uns nicht sehen. Und ich bin immer noch dafür es ihr zu sagen."
Ich seufze.
"Ich weiß was du jetzt sagen willst. Und ich werd dich jetzt nicht drängen. Denk einfach weiter drüber nach. Ich kann warten."
Er gibt mir noch einen Kuss auf die Wange und verschwindet dann. Und ich steh einfach nur da und bin wieder einmal vollkommen durcheinander wegen ihm.

Unverhofftes Glück (Manxman)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt