Kapitel 4

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Während der Unterrichtsstunde spürte ich, wie Susi mir ein paar Blicke würdigte. Sie war wahrscheinlich überglücklich.

Die Stunde schien nicht zu vergehen, und Sophie war wirklich ruhig. Das tat mir gut, denn ich konnte mich auf meine Zeichnung konzentrieren. Plötzlich öffnete sich die Tür. Unsere Klassenlehrerin, Frau Biberach, trat ein.

Ich dachte sie wäre zu früh gekommen, da wir sie in der nächsten Stunde hätten. Doch sie hatte keine Sachen bei sich. Sie trat in die Mitte und flüsterte unserem Mathelehrer etwas zu. Er nickte und sie räusperte sich, um Aufmerksamkeit zu erlangen.

"So liebe Schüler der 10c. Ich wollte heute etwas sehr erfreuliches ankündigen."

Die ganze Klasse fing an miteinander zu tuscheln. Sie hustete wieder , damit es ruhig wurde, und sprach weiter:"Nächste Woche veranstalten wir den Maskenball. Hört bitte auf zu reden, es ist wirklich wichtig. Denn es wird Pflicht für jeden sein, im Ball zu erscheinen."

Eine Schülerin meldete sich und fragte, wieso wir es schon am Anfang veranstalteten, da sich manche noch gar nicht kannten. Ich erfuhr erst jetzt, dass diese Klasse letztes Jahr nicht zusammen war, sondern dieses Jahr, also in der 10. Klasse, zusammengewürfelt wurde. Daraufhin antwortete die Lehrerin:" Na, das soll doch der Sinn des Abends sein. Ihr sollt einander besser kennenlernen"

Sie lächelte die verwirrten Schüler gezwungen an, doch es gingen wieder viele Hände nach oben. "Wir klären eure Fragen in der nächsten Stunde. Ich möchte Herr Lauter nicht weiter unterbrechen", sprach sie dann etwas eingeschnappt. Sie schaute zu unserem Mathelehrer, flüsterte ihm etwas zu und ging dann wieder.

Toll. Welcher Idiot erfand die Regel dazu dass es Pflicht war? Ich hatte wirklich null Lust auf diesen Ball. Vielleicht konnte ich mich irgendwie krank melden. Irgendeinen Weg musste es doch geben, da nicht hingehen zu müssen.

.

Als es zur Pause klingelte, stand ich auf, und machte mich auf den Weg zum Hof, der mittlerweile mein Stammplatz geworden war.

Als ich zur Tür schlenderte, spürte ich einen Griff um meinen Handgelenk, und erschreckte mich.

Es war Jay. Jay? Sein Griff war leicht, als würde er sich nicht trauen, fester zu fassen. Doch ich war verwundert.

"Was ist?", fragte ich, nachdem ich mich von dem Schock beruhigt hatte.

"Ihr müsst wieder tauschen."

"Wieso?"

"Du und Susi.. Wieso um Himmels Willen habt ihr die Plätze getauscht?", fragte er ernst. "Ich wollte meine Ruhe im Unterricht."

"Wir haben höchstens drei Wörter ausgetauscht."

"Ist doch jetzt egal. Gefällt dir die neue Sitzordnung nicht?", meinte ich, etwas spottend. Er lachte auf.

"Ist das dein Ernst? Sehe ich so aus als würde es mir.. gefallen? Jedenfalls musst nicht du neben mir sitzen. Ich meine halt ein Junge als Sitznachbar wäre..."

Ich unterbrach ihn korrupt:" Du willst, dass ich dir einen anderen Sitzpartner verschaffe? Sehe ich so aus als wäre ich dein Mentor? Mach deine Dinge gefälligst selbst, okay?"

Somit drehte ich mich um und ging aus dem Zimmer. Was dachte er eigentlich wer ich war? Sein Manager?  Konnte er seine Probleme nicht selber lösen? Ich ging in den Hof, setzte mich wieder auf den von Schnee bedeckten Stein und versuchte meine Wut abzubringen.

Ich spürte den Wind, der von der rechten Seite kam und schauderte. Verdammt, meine Jacke hatte ich im Zimmer vergessen. Plötzlich hörte der Wind auf, auf meine rechte Seite zu wehen. Jemand hatte sich neben mich gesetzt, und den Luftzug gestoppt.

Es war wahrscheinlich Lindsey. Ich hätte vielleicht auf sie warten sollen. Ich schaute auf.

Nein, es war nicht Lindsey. Jay saß da, mit einer Jacke in der Hand. War das nicht meine Jacke? Meine Vermutung bestätigte sich, als er mir die Jacke hin hielt. "Du hast sie vergessen. " sprach er ernst. Es war nett von ihm, an mich zu denken. Aber wahrscheinlich wollte er einfach nur schleimen, damit ich seine Sitzprobleme löste. Ich nahm die Jacke und zog sie mir über. Er fing an zu reden:"Ich bin neu hier. Ich kenne keinen. Du verstehst dich mit den Jungs wahrscheinlich besser als ich. Also.." er schaute auf seine Schuhe. Wusste er denn nicht, dass ich auch neu war?

"Ich bin hier auch nicht länger als du."

Schnell wandte er seinen Kopf zu mir. Okay, er sah wirklich anziehend aus. Kein Wunder, wieso alle so auf ihn abfuhren.

"Du bist auch neu auf der Schule?"  fragte er und hob eine Augenbraue.

"Du hast es erfasst"

"Wusste ich nicht."

Ich spürte, wie der Wind langsam von vorne kam und meine Haare nach hinten wehte. Schnell zog ich sie wieder nach vorne. Ich wusste nicht warum ich das tat. Wahrscheinlich, um nicht ganz so dumm dazustehen, während ich einfach saß und nichts machte. Er lachte bei dem Anblick und schaute wieder nach vorne. Seine Ellenbogen stützte er an seinen Knien ab.

Toll, ich bemusterte ihn wieder. Mit einer schnellen Bewegung stand ich auf, klopfte den Schnee von meiner Jacke und begab mich in die Schule. Er saß einfach da und tat nichts. Er merkte vielleicht gar nicht, dass ich aufgestanden war.

Es würde sowieso gleich eine von den Susi's kommen und sich zu ihm gesellen. Also lief ich die Treppen hoch zu unserem Klassenzimmer, als die Stunde begann. Die Tür öffnete sich und er kam rein, neben ihm stand.. was für ein Wunder, Susi und ihr Dackel. Okay, Dackel klang etwas gemein. Aber sie ahmte Susi bei jeder verdammten Bewegung nach. Sie war einfach.. ein Dackel. Was sollte ich sonst sagen?

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Nach den stressigen Schulstunden lief ich zum Cafe, um meine Schicht zu erledigen. Anna entgegnete mich sofort herzlich und gab mir meine Schürze. Ich band mir meine dunkelbraunen Haare zu einem hohen Zopf und machte mich an die Arbeit. Das Cafe war heute befüllt, und es war nur ein Tisch frei. Ich nahm die Bestellungen von den Kunden auf und füllte ihre Teller mit ihren Wünschen. Wieder einmal waren die Cupcakes herzvoll verziehrt und meine Lust darauf stieg bei jedem Mal.

Die Tür öffnete sich und ein Mädchen in meinem Alter kam herein. Dicht gefolgt von einem Jungen. Ich beachtete sie nicht besonders, ich hatte sie nur durch meinen Augenwinkel gesehen. Anna kam zu mir und sagte:" Kannst du die da drüben bedienen? Ich mach kurz 'ne Pause." Sie zeigte auf den Tisch, zu dem sich die beiden begeben hatten. Ich nickte und sah zu dem Tisch. Das Mädchen konnte ich gut erkennen, sie war wirklich sehr hübsch. Es gab so viele hübsche Mädchen in dieser Stadt. Und ich war einfach ein Durchschnitt. Jedenfalls sah sie mich mit ihren Knopfaugen an und streckte ihre Hand, um mir das Zeichen zu geben dass ich sie bedienen sollte. Der Junge saß zum Rücken zu mir und ich bewegte mich zu den beiden. "Was darf's sein?"

Sie schaute den Jungen mit fragenden Blicken an. Erst jetzt konnte ich den Jungen erkennen. Es war mein alter Sitznachbar, Jay. Wahrscheinlich war das seine Freundin. Ich musste feststellen, dass sie wirklich gut zusammen passten. Vielleicht wollte er deshalb nicht neben Susi sitzen, weil er wusste, dass sie sich an ihn ranmachte. Er sah mich nicht an, sondern nahm das kleine Prospekt in die Hand und schaute sich die Angebote an.
Schließlich sagte er "Ein Wasser" und wendete sein Gesicht zum Mädchen. Er hatte eigentlich eine angenehme Stimme.Nicht zu tief und etwas rau. Ich schrieb mir "Wasser" auf und wartete auf die Entscheidung des Mädchens. Sie schien sich schließlich entschieden zu haben und sagte " Eine Latte bitte" sie lächelte mich an, und ihr Lächeln schien wirklich sehr vertraut.
"Okay. Darf's noch etwas sein?" fragte ich, weil das zu meiner Arbeit gehörte. Es war eine ziemlich unnötige Frage, da sich die Kunden schon entschieden hatten, und meiner Meinung nach nicht nochmal überdenken würden. Aber das war halt die Arbeit. Jay schien meine Stimme erkannt zu haben, denn er schaute erstaunt zu mir. Er saß, aber er musste trotzdem nicht sehr hoch schauen um in mein Gesicht gucken zu können. Er war wirklich groß. Es bildete sich ein sehr leichtes Lächeln um sein Gesicht, und er meinte kurz "Nein.". Ich machte mich zur Theke, goss das Wasser und den Latte auf und brachte ihnen die Bestellung.
Ein Paar Mal spürte ich die Blicke von Jay auf mir, als ich die anderen Kunden bediente. Schau nicht so oft, das Mädchen wird noch was falsch verstehen. Immerhin war sie ja seine Freundin, dachte ich.

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Danke danke danke für 9 Votes, ich weiß echt nicht was ich sagen soll :-) Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen. -Nazli :) ♥

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