Kapitel 31

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Verlegen schaute ich auf den Boden. Mir war bewusst, wie wertvoll seine Worte waren, doch ich wusste einfach nicht, wie ich mich benehmen sollte. Mich auf die Zehenspitzen stellen, und ihn küssen, wie es in den meisten Romanen war?

Er sah zwar immer noch ziemlich sauer aus, doch nun spiegelte sich etwas in seinem Gesicht wieder. Erleichterung? Scham? Plötzlich wurden meine Füße interessant, und Stille breitete sich zwischen uns aus. Dann hob er meinen Kinn hoch. "Du willst mit Holly reden?", fragte er. Ich nickte. "Dann wirst du mit Holly reden, kleine Hexe." Ich lächelte, und er erwiderte es.

-

Der nächste Tag. Ich ergatterte Hollys Nummer von ihm, und konnte ein Treffen im Daisycafe ausmachen. Natürlich nur dann, wenn es im Cafe leer war.

Also wartete ich.

Schließlich öffnete sich die Tür zum Cafe, und eine Holly, normal gekleidet, fast schon wie ein gewöhnlicher 0815 Teenager, betrat den leeren Raum.

Sie war tatsächlich so gewöhnlich gekleidet, dass man sich ihre sexy Masche in der Kneipe gar nicht denken konnte.

"Hey", sie saß sich mir gegenüber hin, und lächelte mich an. "Hallo."

" 'War echt nicht nötig mich zu rufen. Ich will nichts von deinem Freund, Kleine", sie lachte, und ließ ihre langen, gemachten Fingernägel auf den Tisch hämmern. Ganz leicht, und es machte harte, hüpfende Geräusche. Für eine kurze Zeit füllten diese Geräusche den Raum, dann äußerte ich mich wieder:"Woher wusstest du, weshalb ich dich gerufen habe?"

"Das war offensichtlich. Ich habe deinen Freund angemacht, und nun willst du, dass ich ihn in Ruhe lasse. Stimmts?"

"Nein. Nein, das meine ich gar nicht.", sagte ich. "Außerdem ist er nicht mein Freund."

"Du aber seine Freundin.", sagte sie nun. Dieser Satz brachte mein Herz zum hüpfen, und doch musste ich ernst bleiben."Hmm", erwiderte ich, weil ich dazu nichts zu sagen hatte.

Dann setzte ich fort:"Jedenfalls wollte ich nicht, dass du dich mies fühlst. Ich weiß, dass ihr das mit dem Küssen und so wegen meines Bruders gemacht habt, der überfürsorglich ist und so weiter. Ich hatte eben nur Angst, dass sich da weitere Gefühle.."

"Gefühle", sie lächelte,"existieren bei mir nicht. Ich spiele. Ich date nicht."

Erleichterung machte sich in mir breit. "Ja?"

"Ja.", diesmal lächelte sie. "Mach dir darum keine Sorgen. Und eins kann ich dir sagen: Jay war mir gegenüber so bockig und stur, ich könnte gar keine Gefühle für ihn aufbauen, selbst wenn ich es wollte."

Daraufhin bekam ich noch einen Hüpfer im Herzen zu spüren. Und für einen kurzen Moment fühlte ich mich sogar besonders, ohne die Grenze zu Narzissmus zu überschreiten.

-

Sie war weg. Ich war erleichtert. Nicht weil sie weg war, sondern weil ich dieses überpeinliche Gespräch hinter mir hatte, und das Thema wenigstens so locker angehen konnte, wie ich es mir im Traum nicht vorgestellt hatte.

Nun machte ich mich auf den Weg zur Bank, und checkte meinen Stand. Inzwischen hatte ich genug gearbeitet, um mir eine vollständige Ausstattung für das Zeichnen zu kaufen, doch niemals würde dieser Betrag reichen, um Lindsey und ihrer Familie finanziell behilflich zu sein.

Ich war am Verzweifeln. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie sollten wir in weniger als fünf Tagen schaffen, das Geld herzubekommen?

Ich schaute in die Ferne. Schaute wie hypnotisiert irgendwo hin, und nahm nicht wahr, was es war. Dann nahm ich mein Handy raus, tippte ihre Nummer ein, und wartete, bis sie ranging.

Damit du bei mir bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt