Kapitel 4 - Liebes Tagebuch

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John starrte fassungslos auf die Tür, durch die der Detektiv gerade verschwunden war. In seinem Kopf wimmelte es nur so von Fragen. Wer war gefährlicher als Moriarty? Wieso hatte Sherlock so große Angst vor dieser Person? Doch die wichtigste Frage war: Wieso vertraute Sherlock ihm nicht? Waren sie nach 8 Jahren, die sie sich jetzt kannten, nichts weiter als Mitbewohner? John dachte lange über die Frage nach. Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr fand er, dass er ein Recht hätte, zu erfahren, von wem Sherlock solche Angst hatte. Doch jetzt war Sherlock weg.

John wollte gerade zurück in die Küche gehen, als er sah, dass Sherlocks Zimmertür noch offen war. Zuerst wollte er sie schließen, doch dann überlegte er scharf. Vielleicht würde er in Sherlocks Zimmer Hinweise finden, die ihm mehr über die geheimnisvolle Person berichten könnten? Nein, das wäre hinterherspionieren. Sherlock würde es bestimmt auffallen. Aber John hatte doch jedes Recht dazu, oder? Immerhin waren sie...beste Freunde.
Nervös kratzte er sich am Hinterkopf. Er hatte Sherlock noch nie nachspioniert. Würde der Detectiv ihm verzeihen, wenn er es herausfand?

John betrat das große Zimmer und sofort musste er an den letzten Abend denken. Die Bettdecke war zurückgeworfen, Sherlocks Handtuch lag achtlos auf dem Boden... Das Zimmer war sehr unordentlich, passend zu Sherlocks Stil. Das Periodensystem an der Wand brachte John fast zum Lächeln. Sherlock brauchte es noch nicht einmal. Er konnte alle Elemente auswendig.

John entdeckte ein paar Kisten, die in der Ecke standen. Neugierig ging er darauf zu. Als er die Wohnung zum ersten Mal betreten hatte, hatte Sherlock diese Kisten in sein Zimmer genommen, damit John es etwas gemütlicher hatte. Vorsichtig hob er einen Karton hoch und setzte sich mit ihm auf Sherlocks Bett. Auf dem Karton war ein Schild geklebt worden, welches die Aufschrift " Mein Leben!" trug. John wunderte sich über diesen seltsamen Titel, öffnete jedoch den Karton. Zuerst dachte er, in dem Karton wären ganz normale Bücher hineingelegt worden. Dann bemerkte er, dass in jedes Buch eine andere Jahresanzahl graviert worden war.

Das waren Tagebücher, stellte John erschrocken fest. Sherlock schrieb Tagebücher? Wieso wusste John das nicht? Etwas zögernd griff er sich eines der Bücher und schlug es in der Mitte auf und begann, zu lesen.

"Es ist jetzt genau anderthalb Jahre her, dass ich meinen Tod vorgetäuscht habe. Ich bin jetzt in Serbien, von dort aus kann ich den Rest von Moriartys Netzwerk zerstören. Ich habe mehrere Informationen aufgeschnappt, dennoch bin ich noch nicht als Fremder erkannt worden. Ich hoffe, das bleibt auch so."

John starre überrascht auf. Sherlock war in Serbien gewesen? Der Tagebucheintrag war ziemlich kurz, auch ein "Liebes Tagebuch" war nicht zu sehen. Nur das Datum am Rand verriet, dass Sherlock hier begann, über einen anderen Tag zu reden.

"Schmerz. Ich wurde entdeckt, die Männer hier sind nicht glücklich, sie wollen Antworten und jeden Tag werde ich ausgepeitscht. Ich will zu John. Kann nicht. Ich will weinen. Darf nicht. Mir tut alles weh."

Johns Herz setzte für ein paar Sekunden aus. Er hatte Sherlock nie richig gefragt, was er in den zwei Jahren gemacht hatte, in denen er 'tot' war. Er hatte immer damit gerechnet, dass Sherlock irgendwo in seinem Obdachlosennetzwerk Unterschlupf gesucht hatte. Aber er hatte niemals damit gerechnet, dass Sherlok ausgepeitscht worden war.

Der nächste Eintrag begann.

"Mycroft hat mich gefunden. Er braucht mich, um einen Terroranschlag in London aufzuhalten. Mit seiner Hilfe hab ich es geschafft, Moriartys Netzwerk vollständig zu zerstören. Am Samstag will ich John erzählen, dass ich noch am Leben bin. Mycroft hat mir Bilder von ihm gezeigt. Er trägt jetzt einen Schnurrbart und er hat wieder eine Freundin. Ich weiß nicht, was schlimmer ist."

Johnlock-Consulting Detectivs lieben ÄrzteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt