Die Uhr war das einzige, was von Steven zurückblieb. Aber sie hatte sich verändert. Jetzt war sie eine ganz normale Taschenuhr, leuchtete nicht mehr, besaß zwölf Ziffern am Rand und nur zwei Zeiger, die sich in der richtigen Richtung und Geschwindigkeit fortbewegten. Ich nahm sie mit, als Andenken und weil es mir richtig erschien, sie zu behalten und nicht einfach irgendwo liegen und verrotten zu lassen. Bestimmt wäre es auch in Stevens Sinne gewesen, ihn nicht zu vergessen, nach allem was er für mich getan hatte!
Einige Tage später war es mir gelungen, in Cliffe einen netten Mann zu finden, der mich bei sich wohnen ließ und mich mit zwei Mahlzeiten am Tag versorgte, wenn ich ihm im Gegenzug dafür bei seiner Arbeit half. Das war sehr fair und das Leben bei ihm um Längen besser als der Überlebenskampf auf Londons Straßen.
Meinen richtigen Namen hatte ich sicherheitshalber abgelegt und mich stattdessen als Charly Graham vorgestellt. Hier interessierte es zum Glück niemanden, dass ich keine Ausweise oder andere Papiere besaß, die meine Identität bestätigten. Wer fleißig war und mit anpackte, wenn Aufgaben anfielen, war hier in dem kleinen Örtchen herzlich Willkommen. Und bisher schien auch noch keinem meine Ähnlichkeit zu dem Verbrecher Daniel Hooper aufgefallen zu sein, Gott sei Dank. Es war beinahe so, als hätte da oben jemand eine schützende Hand über mich gelegt und würde aufpassen, dass mein Neustart in die Welt möglichst reibungslos von statten ging!
Steven, war mein erster Gedanke. Ob er das konnte und noch immer meinen Schutzengel spielte, wusste ich natürlich nicht, aber es war beruhigend, daran zu glauben! Er hatte so viel für mich getan und da ich mich dafür bei ihm nicht mehr revanchieren konnte, wollte ich zum Ausgleich das Beste aus dem machen, was ich jetzt hatte und was das Schicksal in Zukunft noch für mich bereit hielt!
Aber je länger ich in Cliffe lebte, desto schmerzlicher wurde mir bewusst, dass ich London vermisste. Egal wie unbarmherzig, kalt und gefährlich es dort manchmal für mich gewesen war, sie war dennoch meine Heimat, mein Geburtsort und ich kannte ihre Straßen und geheimen Unterschlupfe wie die Innenseiten meiner Taschen. Hier war es zwar auch sehr schön, aber meine Zukunft lag woanders. Das spürte ich einfach und ich entschloss mich, frühestens in einem halben Jahr wieder dahin zurück zu kehren, sobald hoffentlich genug Gras über die Sache mit der Polizei, dem Scotland Yard und meinem angeblichen Tod gewachsen war. Dieses Mal würde aber alles anders werden. Kein Leben mehr auf der Straße. Ich war zuversichtlich, dass ich das schaffen konnte! Es lag noch so viel vor mir und ich würde meine zweite Chance gut nutzen. Das war ich meinem Schutzengel schuldig!
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Sins
FantasyAuf der nicht enden wollenden Verfolgungsjagd vor der Polizei bekommt der streunende Dan Hilfe von unerwarteter Seite! Er erhält einen Schutzengel, der ihm helfen und aus dieser misslichen Lage retten muss. Aber der Schein trügt, denn der rüpelhafte...