4. Wiedersehen

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Ich lasse mich erschöpft von außen an das kalte Holz seiner Zimmertüre sinken. Erst jetzt, da das Adrenalin meinen Körper verlässt, spüre ich wie viel Energie mich die Prozedur gekostet hat. "Was nun?" frage ich mich innerlich selbst und streiche mir dabei einige Haare aus dem Gesicht. Klar ich muss mich erstmal bedeckt halten, aber nach so vielen Jahren in Einsamkeit vermisse ich echte menschliche Nähe sehr – Der gelegentliche soziale Kontakt mit Esther und Konsorten waren nun wirklich kein guter Ersatz dafür. Fieberhaft überlege ich, wem ich mich offenbaren könnte, ohne den bevorstehenden Plan von vornherein zum Scheitern zu verurteilen. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und ich springe auf – denn mir wird schlagartig bewusst welche Person als Einzige dafür in Frage kommt. Bevor ich mich jedoch auf dem Weg zu ihr begeben kann, sollte ich mich vielleicht etwas ausruhen, um meine Energie- und Magiereserven aufzufüllen.

Ich verlasse das Haus der Mikaelsons lieber nicht, um auf der belebten Straße kein Aufsehen zu erregen. Stattdessen bleibe ich im Schatten und sehe mich leise im Haus um. Nach einigen Fehlversuchen, betrete ich schließlich ein recht kleines, verlassenes Zimmer. Sorgfältig verschließe ich die Türe hinter mir und sehe mich in der Dunkelheit, so gut es eben geht, um. Schemenhaft erkenne ich verschiedene, sehr staubige, Möbel. Unteranderem kann ich auch ein Bett in der Dunkelheit ausmachen. Volltreffer! Ich gähne herzhaft während ich an das große Fenster trete und die schweren Vorhänge einen Spalt breit auseinander ziehe – weit genug um etwas Licht hineinzulassen. Mit dem Finger fahre ich über die, mit Staub und Dreck bedeckte, Fensterbank. Ich drehe mich um, schließe die Augen und murmle leise die Worte Phasmatos Redux Redismo Sus Terra und puste den Staub an meinen Händen vorsichtig in den Raum. Sobald ich meine Augen wieder öffne, kann ich beobachten wie die entstandene Staubwolke an Größe zunimmt und die Staubschichten auf den Möbeln mit sich reißt. Schließlich verschwindet die gesamte Wolke und hinterlässt ein altes, muffigriechendes – aber sauberes - Zimmer.
Zufrieden lasse ich mich auf das knarzende Bett fallen, lege mich auf die weichen Kissen und schlafe augenblicklich ein. Ihr könnt mir glauben, so ungemütlich das Bett auch sein mag, so gut habe ich seit 95 Jahren nicht geschlafen! (Genau genommen brauchte ich die letzten 95 Jahre auch  nicht schlafen.)

Ausgeruht und entspannt werde ich wieder wach. Durch die Vorhänge dringt nun kein Licht mehr. Wie spät es wohl sein mag? Ich steige aus dem Bett und trete näher an das Fenster heran und stelle mit einem Blick auf die Turmuhr gegenüber fest das es bereits weit nach Mitternacht ist und ich somit mehr als zwölf Stunden geschlafen habe. Vorsichtig öffne ich die Zimmertüre und schaue mich um. Ich kann niemanden auf dem Gang entdecken, also gleite ich geschwind durch die Türöffnung und begebe mich auf die Suche nach etwas Proviant und anderer Kleidung. In dem Aufzug (immerhin starb ich 1919) würde ich vermutlich überall auffallen, egal wie sehr ich mich bemühen würde unentdeckt zu bleiben. Lautlos schleiche ich mich in das Zimmer der einzigen weiblichen Bewohnerin des Hauptquartieres.

Die Wölfin scheint in einem unruhigen Schlafgefangen zu sein, aber ich kümmere mich nicht weiter darum. Stattdessen öffne ich leise die Türen des Kleiderschrankes und nehme mir einen warmen dunklen Pullover und eine Jeans – oder wie die neumodischen Dinger heißen - heraus. Aus der Kommode fische ich mir zusammenpassende schlichte Unterwäsche und ein paar Socken. Beim Herausgehen greife ich noch nach ein paar kurzen Stiefeln und einem ausgebeulten braunen Rucksack. Schnell entledige ich mich meiner alten Kleidung, lasse sie mit den Worten Phasmatos Incendia verbrennen und streife mir Unterwäsche, Jeans, Pullover, Socken und Stiefel über. Prüfend schaue ich in einen naheliegenden Spiegel und versuche meine Haare zuordnen.

Dann schleiche ich mich weiter nach unten und betrete die leere Küche. Ich stelle den Rucksack auf dem Tisch ab und fülle ihn mit einigen Lebensmitteln, Kräutern und verschiedenen Küchenutensilien, die ich für die Zubereitung von Tränke nbenötigen könnte.
Bevor ich mich endgültig auf den Weg machen kann, muss ich noch das genaue Ziel meiner Reise in Erfahrung bringen. Doch für einen Lokalisierungszauber fehlen mir hier offensichtlich einige Zutaten. Ich verlasse die Unterkunft der Mikaelsons genauso unbemerkt, wie ich sie am Morgen betreten habe. Und auch mein Herz fühlt sich noch genauso an wie heute morgen, schwer und voller Sehnsucht nach ihm. Die ganze Zeit über war ich mir seine Nähe schmerzlich bewusst.
Nun fühlt es sich so an, als würde ich ihn, wie die Jahre zuvor, verlassen müssen. Aber ich weiß diesmal wird es anders sein. Ich werde zurückkehren und diesmal wird mich nichts und niemand daran hindern können und dann haben wir vielleicht eine Chance auf unser "Für immer und ewig".

His Greatest WeaknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt