Migräne - Träume

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POV: Sebastian
Gerade als ich mir die Jacke anziehen will, um dich zum Mittagessen abzuholen, piept mein Handy. Ich habe eine neue Nachricht von dir. Meine Freude darüber verfliegt jedoch schnell und macht der Enttäuschung Platz. Denn es handelt sich bei deiner Nachricht lediglich um eine Absage. Seufzend hänge ich meine Jacke wieder an ihren Haken und lasse mich in meinen Bürostuhl sinken. Mein Hunger hat sich in Luft aufgelöst und ich hänge meinen Gedanken nach. Warum hast du mir abgesagt? Wir gehen sonst immer zusammen zum Mittagessen. Liegt es daran, dass ich sagte wir passen gut zusammen? Hm... Könnte sein schließlich warst du im Auto schon so komisch. Andererseits ging es dir, nachdem ich dich aufgeheitert habe, scheinbar besser. Ach Mist. Ich hätte dir einfach direkt sagen sollen, dass ich das nur freundschaftlich gemeint habe. Okay. Ich habe es nicht freundschaftlich gemeint, aber zu mindestens hätte ich dich das glauben lassen können. Aber nein ich entscheide mich dazu dich aufzuheitern, anstatt es anzusprechen. Und das nur, weil ich dich nicht betrübt sehen kann. Okay, vielleicht habe ich auch gehofft dir nicht ins Gesicht sehen zu müssen und dir zu sagen, das ich keine Gefühle für dich habe, denn allein die Vorstellung daran tut mir schon so weh. Hm, was hab ich jetzt davon geschwiegen zu haben? Ich sitze hier, ohne dich und denke darüber nach, wie ich meine Gefühle weiter vor dir verstecken kann und ob ich der Grund für deine Absage bin. Aber vielleicht hast du, ja, auch einen anderen Grund? Ja, ganz bestimmt. Ich meine heute sagst du mir rein zufällig nach der Sache im Auto ab und die Absage hat ganz sicher nichts mit mir zu tun. Ganz bestimmt. Nicht.
Ich muss seufzen und reibe mir übers Gesicht. Hm. Vielleicht wäre jetzt ne gute Zeit dir meine Gefühle zu gestehen. Ich meine, wenn ich dich sowieso verliere, weil du sie vermutest, könnte ich sie dir auch genauso gut gestehen.

Aber bei dem Gedanken dich zu verlieren dreht sich mir der Magen um und ich habe das Gefühl nicht richtig atmen zu können. Wie kann ich nur so was denken?! Wie kann ich dich nur so leichtfertig aufgeben können bzw. wollen?! Was ist los mit mir? Ich will dich niemals verlieren! Und jetzt wo ich dich zu verlieren drohe, will ich nichts dagegen unternehmen? Ich sollte mir eher überlegen was ich dagegen tun kann anstatt dich aufzugeben. Hm. Vielleicht sollte ich dir "beweisen", das ich keine romantischen Gefühle für dich habe und mit jemand anderem vor dir rumknutschen? Dann würdest du mir vielleicht nicht mehr aus dem Weg gehen und ich müsste keine Angst haben dich zu verlieren. Hm. Aber eigentlich will ich das doch gar nicht. Eigentlich will ich dich küssen und nicht irgendeinen daher gelaufen Typen. Eigentlich will ich dir jedes mal wenn ich dich sehe zeigen wie sehr ich dich liebe. Eigentlich...  Eigentlich hätte ich es dir schon längst sagen sollen, aber mit jedem Tag, jeder Sekunde die vergeht erscheint es mir schwieriger. Schwieriger dir zu zeigen, geschweige denn zu sagen was ich empfinde. Was soll ich nur tun? Ich atme tief ein und muss schmunzeln. Du wüsstest was jetzt zu tun wäre, oder? Du warst schon immer derjenige von uns beiden, der einen Plan hatte, einen Ausweg wusste. Du warst schon immer mein Fels in der Brandung gewesen, mein Halt. Hm. Vielleicht wäre es besser einfach dein Verhalten in den nächsten Tagen zu beobachten und dann zu entscheiden was ich tun sollte? Und da ist sie wieder die Vorstellung, dass mich Warten weiterbringt und das Schweigen für alle besser wäre. Die Vorstellung, die ich nur habe, weil ich befürchte, dass ich dich verliere. Okay, das ist eine Untertreibung. Ich befürchte es nicht. Ich habe eine Heidenangst davor. "Hmm" schnaufe ich verächtlich über mich selbst. Wenn jeder soviel Angst hätte wie ich, dann wäre niemand mit dem zusammen, den er liebt, denn die Angst würde einen daran hindern mit den geliebten Menschen zusammen zu sein. Ich muss wieder seufzen. Warum muss das alles nur so kompliziert sein? Warum?! Ich fahre mir mit meinen Händen übers Gesicht und stütze meinen Kopf auf diesen ab. Mein Kopf pocht und es fühlt sich an als würde er explodieren. Mist, ich hab schon wieder Migräne bekommen. Ich stehe seufzend auf, schnappe mir meine Sachen und gebe der Sekretärin Bescheid, dass es mir nicht gut geht. Sie schaut mich Mitleidig an und wünscht mir eine gute Besserung. Als ich endlich Zuhause ankomme lege ich mich mit einem Waschlappen auf der Stirn und Schmerztabletten ins Bett. Als die Tabletten den Schmerz endlich etwas gedämpft haben, falle ich in einen erholsamen Schlaf. Ich träume von damals. Damals als wir unser Jurastudium abgeschlossen haben und wir uns glücklich in die Arme geschlossen hatten. Das Bild von uns beiden friert ein und es scheint als ob der Traum rückwärts läuft, denn plötzlich sehe ich die Wochen vor unserem Abschluss. Ich sehe mich unruhig, im halbdunklen Zimmer umherlaufen und irgendwas vor mich her murmeln. Auf einmal erscheinst du und versuchst mich zu beruhigen. "Sebastian," der Klang deiner Stimme lässt mich innehalten, "es wird alles gut werden. Du brauchst nicht nervös zu sein. Ich werde da sein und ich glaube an dich. Du wirst das super machen." "Aber, was ist wenn ich meinen Text vergesse oder wenn ich stottere oder...-" "Sebastian! Jetzt beruhige dich, bitte. Fehler sind menschlich und soweit ich weiß bist du menschlich," sagt Jim lächelnd und ich kann nicht verhindern auch zu lächeln. "Meinst du wirklich, Jim?" "Ja, meine ich Sebastian." "Aber... aber was ist wenn ich erstarre und... mich nicht mehr bewegen kann? Alle würden über mich lachen." - Ich würde mich vor DIR lächerlich machen, - füge ich in Gedanken hinzu und setze panisch meine Kreise im Zimmer fort. "Sebastian...Sebastian!" Ich höre nicht wie du meinen Namen aussprichst und spreche meine Rede wie ein Mantra vor mich her. Ich werde immer schneller und merke wie die Angst immer größer wird. Plötzlich spüre ich deine Hand an meiner Schulter und ehe ich mich versehe schlingst du deine Arme um mich und streichelst mir beruhigend über den Rücken. Ich bin so überrascht, dass ich mich gar nicht bewegen kann und wie eine Statue dastehe. "Jetzt beruhige dich bitte, Sebastian. Alles ist gut, ich bin doch da. Atme tief ein. Ganz ruhig." Ich versuche meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen und erwidere langsam deine Umarmung. Meine Stirn lege ich auf deine Schulter ab. "Ich habe so Angst, Jim," sage ich verzweifelt. "Ich glaube, ich schaffe das nicht. Ich...-" mir kommen die Tränen und du ziehst mich nur noch fester in die Umarmung. " Ich weiß, Sebastian. Ich weiß. Aber ich weiß auch, dass du es schaffen wirst. Und weißt du auch warum? Weil ich dich kenne und du die Rede jetzt schon fehlerfrei kannst. Du wirst es ganz wunderbar machen." Du löst die Umarmung, zwingst mich dich anzusehen. Mit deinen Fingern berührst du meine Wange und flüsterst: "Bitte hör auf zu weinen, Sebastian. Ich mag es nicht dich so verzweifelt zu sehen." Du siehst mich beruhigend an und wischst mir die Tränen aus meinem Gesicht. "Ich habe einfach nur so Angst, Jim. Ich kann nicht aufhören. Es ist als könnte ich nicht Atmen..." meine Stimme bricht und ich lasse mich wieder in die Umarmung fallen. Deine tiefe Stimme dringt in meine Ohren und ich höre dich immer wieder "Ich bin für dich da," murmeln.

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