Fenster zum Sein eines Menschen

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POV: Sebastian
Während ich dir hinterher laufe, um zum Wagen zu gelangen, kämpfe ich innerlich mit mir selbst. Ich schalle mich für meine Feigheit und Ohrfeige mich für meine Entscheidung. Ich kann nicht fassen, dass ich es für richtiger hielt, genau wie die letzten Jahre zu schweigen. Sah ich mich doch schon in deinen Armen liegen. Andererseits was hätte ich getan, wenn du meine Gefühle nicht erwidert hättest? Könnte ich mit dieser Gewissheit überhaupt Leben? Ich meine, ich kann mir jetzt wenigstens noch einreden, das da mehr zwischen uns ist. Aber wenn du mich abweist kann ich es nicht mehr leugnen. Ich kann dann nicht mehr leugnen, dass du keine starken Gefühle für mich hast. Und vor allem, ich könnte meine Gefühle dir gegenüber nicht mehr leugnen. Ich wäre dann in der Situation mich meiner größten Angst zu stellen. Der Angst, dass du mir nicht mehr nah sein kannst ohne darauf zu achten mir nicht zu nah zukommen, könnte ich es doch missverstehen. Der Angst, dir in die Augen zu sehen und einen anderen Blick von dir zu bekommen. Vielleicht sogar einen, der mir zeigt wie unerwünscht meine Gefühle oder noch schlimmer ich selbst bin. Vielleicht gehen wir uns dann, ja, auch aus dem Weg. Ich dir, weil ich dir, nach der Abfuhr nicht mehr in die Augen sehen kann, geschweige denn den Moment der Zurückweisung immer und immer wieder erleben will. Oder du gehst mir aus dem Weg, weil du denkst, dass es "besser" für mich wäre, vielleicht sogar leichter mit der Situation zurechtzukommen. Oder du denkst an die letzten Jahre zurück, an alles was uns passiert ist. An alles was wir durchgestanden haben, an alle schönen Sachen, die uns passiert sind. An jede Geste von mir und stellst das alles in Frage. Und am Ende hasst du mich, denn ich habe dich in deinen Augen, all die Jahre belogen. Du hast schließlich nie was bemerkt und mich ohne nachzudenken umarmt, dich sogar vor mir umgezogen. Hast bei mir geschlafen und dachtest dir nichts dabei. Aber warum solltest du so reagieren? Du bist wunderbar, liebevoll, stark, friedvoll, hasst Streit und ungeklärte Sachen. Du... du bist Jim. Du bist derjenige von uns beiden, der mir immer zeigt, dass Hass niemanden weiterbringt oder gar nützt. Du würdest wahrscheinlich sogar verständnisvoll reagieren. Ja, verständnisvoll wäre schon eher typisch du. Aber ich will nicht, dass du Verständnis für mich hast. Ich will, nein, ich brauche deine Gefühlserwiderung wenn ich dir meine Gefühle gestehe. Dein Verständnis oder deine Rücksicht könnte ich nicht ertragen. Bitte, alles nur nicht das. Ich lasse den Moment von gerade Revue passieren. Für dich war es vielleicht ein ganz normaler Moment an einem Morgen, an dem wir mal wieder spät dran waren, aber für mich war es als würde die Welt still stehen. Ich muss seufzen. Du sahst so schön aus, als du mich mit deinen grün-gold farbigen Augen, aufmerksam angesehen hast. Ich verliere mich erneut in diesen Augenblickblick, den Moment meiner vertanen Chance und mir fällt ein, dass du mir noch gar nicht gesagt hast, was du mir sagen wolltest. Ich entschließe mich dazu dich einfach zu fragen. In dem Moment springt die Ampel vor uns auf rot. Ich drehe meinen Kopf zu dir und mein Herz fängt, mit der Aussicht dich gleich anzusehen, schneller an zu schlagen. Einen Atemzug später blicke dir schon in deine Augen, die genau dein Sein wieder spiegeln. Die Zweifarbigkeit symbolisiert perfekt deine vielen, unterschiedlichen Seiten. Die Farben Grün und Gold, die mich an einen friedlichen Wald in dem die Sonne zwischen den Bäumen durchscheint erinnern, zeigen wie perfekt deine Seiten zueinanderpassen. Das Funkeln in ihnen ist die Reflektion des Flusses im Wald, der deine Lebensfreude zeigt. Deine gütigen und gleichzeitig so wachen Blicke zeigen wie dein Charakter ist. Ich schätze, dass der Satz: "Die Augen sind das Fenster zur Seele, zum Sein eines Menschen", wegen Menschen wie dir, oder gerade wegen dir existiert. Entschlossen öffne ich meinen Mund und spreche dich auf gerade an.

(Bild:lifestyle-decor)

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