Erinnerungen

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POV: Jim

Als ich dich in dein Bett bringe, die schweren Vorhänge vor deine Fenster schiebe und dein Zimmer, durch anknipsen der Nachttischlampe, in ein beruhigendes, samtweiches gelb tauche, wird mir wieder einmal klar, wie sehr ich es genieße für dich da zu sein. Ich beuge mich lächelnd, leicht über dich und lege eine Hand auf deine Stirn. "Hast du schon Tabletten genommen? Hast du irgendwelche anderen Beschwerden?" frage ich dich mit ruhiger und leiser Stimme, weil ich weiß, dass manchmal Geräusche deine Schmerzen verstärken. "Mir ist etwas übel und die Tabletten, die ich genommen habe fangen langsam an zu wirken," antwortest du mir in der gleichen Lautstärke und schließt erschöpft die Augen. " Dann ist chinesisches Essen, wohl keine Option," sage ich und muss leise Lachen. " Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, aber ja da hast du recht." Du öffnest deine Augen, siehst mich an und lächelst. Deine Augen funkeln leicht. Was dir wohl durch den Kopf geht? "Weißt du noch, als ich zu dickköpfig war und sie trotzdem gegessen habe?" Wir lachen beide, genau wie damals, obwohl es eigentlich keinen wirklichen Grund gab. "Dir war schon nach einer total schlecht, aber du hast sie immer weiter gegessen und meintest, dass dir keine Migräne der Welt dein Lieblingsessen schlecht macht. Irgendwann wurde dir aber klar, dass es dann doch keine gute Idee war." "Ich habe einen Monat einen riesenbogen um Frühlingsrollen gemacht, weil sie mich immer an den Geruch von Erbrochen erinnert haben." Ich versuche mein Lachen zu unterdrücken, weil ich dir keine weiteren Schmerzen zufügen möchte, aber als du anfängst dein warmes Lachen zulachen, kann ich meins nicht mehr zurückhalten und lache mit dir. "Das lachen tat echt gut, obwohl es nicht besonders schlau war,"  seufzt du lächelnd und schließt deine Augen wieder. Ich nehme deine warme Hand in meine und mein Herz schlägt schneller. Ich sehe dir noch einmal ins Gesicht und drücke dann deine Hand, um dir zu signalisieren, dass ich den Raum verlasse. Auf leisen Sohlen gehe ich in Richtung Flur und beim Anblick der Tüte mit dem chinesischen Essen muss ich schmunzeln. Ich bringe diese in die Küche und stelle sie auf den Tisch ab. Anschließend wende ich mich deinen Küchenschrank zu, in dem du in Falle einer Migräne, alles nötige aufbewahrst. Dort befindet sich auch eine Auswahl an Essen, das du während einer Übelkeit essen kannst. Zur Auswahl stehen Zwieback und Haferbrei. Da du heute noch nicht viel gegessen hast, endscheide ich mich für den Haferbrei und während ich diesen zubereite summe ich 'Wish you were here' von Pink Floyd. Und obwohl ich heute morgen noch so niedergeschlagen war, durchflutet mich die Erinnerung mit Glück, denn wenn ich nur daran denke, wie dein Lachen, dein reines und klares Lachen, durch den Wagen hallte und mit der Musik klang werde ich glücklich.

Nachdem ich den Haferbrei fertig zubereitet habe und ein frisches Glas Wasser zu den Brei auf ein Tablett gestellt habe, trage ich es lächelnd zu dir ins Zimmer. Doch als ich das Zimmer betrete, schläfst du schon friedlich vor dich hin. Ein leises schnarchen erfüllt den Raum. "Warst du so müde?" frage ich leise in den Raum, ohne eine Antwort zu erwarten. Ich stelle das Tablett auf deinen Nachtisch ab und decke dich richtig zu. "Schlaf schön," flüstere ich dir ins Ohr und streiche dir dann über die Stirn. Du siehst so friedlich und gleichzeitig so erschöpft aus. Ich setze mich eine Weile neben dir ans Bett und lausche den Klängen deiner Atmung. Als du einen gequälten Gesichtsausdruck machst und anfängst unruhiger zu schlafen, versuche ich dich durch beruhigende Worte und über die Stirn streicheln aus den Albtraum zu holen. Und tatsächlich fängst du an wieder ruhiger zu werden und deine Mimik entspannt sich. - Was quält dich so? - frage ich mich und bekomme einen besorgten Ausdruck im Gesicht.

Nach einer weile kann ich meine Augen kaum noch aufhalten und entschließe mich auf der Couch im Wohnzimmer zu schlafen. Schweren Herzens höre ich auf dir über deine Stirn zu fahren und hole mir eine Decke und ein Kissen aus deinen Schrank. Ich lege diese auf dein Sofa und ziehe mich müde aus, gehe ins Bad und nehme mir meine, von unendlich vielen Übernachtungen stammende Zahnbürste aus ihren Becher. Ich habe mir immer bei der Tankstelle ein paar Straßen weiter eine kaufen müssen, weil ich meine immer vergessen hatte. Aber nach jeder Übernachtung habe ich sie dann wegschmeißen müssen, weil sie so grottenschlecht waren. Irgendwann hast du mir dann extra eine mitsamt Becher und Zahnpasta mit der Begründung: "Damit du eine bei mir hast und nicht immer eine kaufen musst," gekauft und ihr einen Platz in deinen Badezimmer gegeben. "Damit du eine bei mir hast," murmle ich lächelnd und mit Zahnpasta verschmierten Mund vor mich her.

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