Hier unten ist es warm. Es ist eine Art Bunker. Allerdings gibt es keine Fenster. Das einzige Licht geht von dem Kerzenleuchter aus. Er sieht sehr edel aus. Aber wie kann es sein, dass die Kerzen angezündet sind? Ich scheine nicht allein zu sein. Nach all dem, was passiert ist, macht mir das allerdings keine Angst mehr. Es gibt mir sogar ein gutes Gefühl. Das Gefühl nicht allein zu sein. Außerdem würde das die ganzen Vorkommnisse erklären. Wie dem auch sei. Ich beschließe mich erst einmal um zu sehen. Der Kerzenleuchter ist nicht das einzige, was edel ist. Der Schreibtisch, auf welchem der Kerzenleuchter steht, ist genauso hochwertig, der Stuhl davor passt perfekt zum Schreibtisch. Beides ist unglaublich gut gearbeitet. Auf dem Schreibtisch steht eine Olympia Filia Schreibmaschine. Seltsamer Weise ist sie kein bisschen verstaubt und das Farbband wurde auch frisch gewechselt. Ein leerer Zettel ist auch in der Schreibmaschine. Daneben steht ein Tablett mit frischem Tee und frischen Scones. Beides dampft noch. Als ob mich jemand erwartet hätte. Dann fällt mir das Gemälde auf, welches über dem Schreibtisch hängt. Es zeigt ein Mädchen mit langen, knall lila Haaren (wobei diese Balayage gefärbt sind mit weißem Ansatz), wunderschönen blauen Augen, zierlicher Figur und locker an ihrem Körper hängender Kleidung. Ich denke, dass das Leone ist. Sie hat sich tatsächlich sehr verändert. Ihr Gesichtsausdruck ist eine Mischung aus verängstigt, schüchtern, neugierig und traurig. So still es auch ist, sowohl dieses Zimmer, als auch das Porträt, beides scheint einen lauten Hilfeschrei von sich zu geben. Sie lächelt auf dem Bild, aber sie wirkt nicht glücklich. Zumindest nicht auf mich. Ihre Augen sind leer, ihr Haar matt. Genauso, wie sie ihr Leben beschreibt. Entweder zeigt dieses Gemälde Leone so, wie die tatsächlich war oder derjenige, der es gemalt hat, war ein Amateur und konnte kein Leben in ein Bild bringen. Ich persönlich denke jedoch an Ersteres. Was ich bisher von las, war immer voll von Gefühlen. Sie nutze das Schreiben, um all ihren Kummer und ihr Leid los zu werden.
Nachdem ich gefühlte Jahre auf das Portrait gestarrt habe, beginne ich den Raum nach Geheimgängen abzusuchen. Irgendwo müssen der Tee und die Scones ja herkommen. Ich greife nach dem Kerzenleuchter und beginne zu erst bei dem Gemälde. Wahrscheinlich, weil in so gut wie allen "typischen" Gruselfilmen die Gemälde etwas verbergen. Da gibt es nur ein Problem: Dieses Bild wurde direkt auf die Wand gemalt, was mir erst jetzt auffällt, da es anfangs wie ein komplett normales Portrait auf einer Leinwand mit wunderschönem Rahmen aussah. Es wurde, so schlussfolgere ich, also von einem Genie gemalt, da es so unfassbar echt aussieht. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass es kein echtes Gemälde ist. Jedenfalls fällt mir ansonsten nichts besonderes an dem Gemälde auf. Aber ich könnte mich wieder einmal täuschen, denn den Sinnen darf man hier anscheinend nicht trauen. Doch mit dem radikalen Zweifel von René Descartes kommt man hier auch nicht weit. Ich entschließe mich nun also an anderen Stellen zu suchen, doch finden tue ich nichts. Kein Regal, kein Schrank durch den man (Marke Nania) gehen könnte, kein Teppich, der irgendwelche Luken verstecken könnte. Nichts. Absolut nichts. Nur der Schreibtisch, der Stuhl, das Portrait und. Und ein Sessel? Waren meine Sinne so benebelt von all diesen obskuren Ereignissen oder war dieser Sessel wirklich bis eben noch nicht da? Misstrauisch begutachte ich ihn. Bis auf die Tatsache, dass er genauso edel ist, wie alles andere in diesem Raum, finde ich nichts ungewöhnliches an ihm. Erschöpft und verwirrt lasse ich mich in den Sessel fallen. Was mache ich hier eigentlich? ich weiß nicht mehr weiter. Ermattet sehe ich auf den beschriebenen Zettel in der Schreibmaschine. Beschriebener Zettel? Was zur Hölle geht hier vor sich? Ich war mir sicher, dass er leer war. Schnell lese ich, was plötzlich auf dem Papier erschien.Lies die Geschichte, die du aus der Hölle mitgenommen hast! Sofort!
Aus der Hölle? Sie meint bestimmt das brennende Zimmer. Ich habe selbst gar nicht bemerkt, dass ich einen Zettel mitgenommen habe. Der Titel lautet: Ein Versteck.
Ich bin mir nicht sicher, ob jemand jemals lesen wird, was auf diesem Papier geschrieben steht. Wird jemand dem Feuer entkommen und die Luke zu diesem Zimmer finden? Wenn ja, ist mein Versteck nicht mehr sicher. Meine Leben würde sich drastisch ändern. Aber es gibt genug Möglichkeiten diese Person loszuwerden, ohne dass jemand etwas bemerkt. Schließlich weiß niemand von diesem Ort. Es ist ja auch ein Versteck. Geheim. Doch du hast es gefunden. Da meine Privatsphäre mir sehr wichtig ist, verstehst du bestimmt, dass es mich nicht gerade freut, dass du hier bist. Nicht umsonst ist ein Versteck geheim. Normalerweise. Aber was ist hier schon normal? Der Brannt? Das Zimmer da oben? Diese Geschichten? Dieser Raum hier unten? Die Menschen? Nichts von all dem ist auch nur ansatzweise "normal". Der Brannt existiert gar nicht. Es war ein Gas, dass durch die Heizung verteilt wurde, welches Wahnvorstellungen und Hitzewallungen auslöst. Das Zimmer existiert tatsächlich, doch niemand interessiert sich dafür. Diese Geschichten sind aus Langerweile heraus geschrieben worden und sie sind zum Teil sogar wahr. Der Raum hier unten existiert auch, doch auch er ist besonders. Hier befindet sich ein weiteres Gas, welches die Wirkung des anderen Gases aufhebt. Dies dauert jedoch, darum sind dir bestimmte Dinge sicherlich nicht sofort aufgefallen. Und Menschen existieren auch. Sie sind real. Wobei ich mich frage, wozu sie existieren. Doch das ist ein anderes Thema.
Mit diesem Satzt endet die Geschichte. Wütend zerknülle ich den Zettel und werfe ihn mit Wuch auf den Boden. "Was soll die Scheiße hier eigentlich? Können diese elenden Rätsel nicht endlich mal aufhören? SCHEIßE!" Ich weiß zwar, dass es unnötig ist zu brüllen, da mich eh niemand hört und ich keine Antwort bekommen werde, aber irgendwie muss ich ja Dampf ablassen.
Ist es wahr, was Leone schreibt? Kann sie das alles wirklich so gut vorausgeplant haben? Hast du dir das alles nur eingebildet? Ist das ganze noch Realität oder doch nur ein Traum? Bist du es vielleicht, die/der sich das alles nur ausdenkent, um der Realität zu entkommen? Du wirst es sicherlich herausfinden.
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Life in a dark room
Teen FictionManche sagen, dass alles nach einer Weile wieder gut wird. Leider ist das nicht immer der Fall. Leone ist so eine Person, die lange durchgehalten hat, aber es am Ende doch nicht schaffte ihr Leben wieder aufzubauen. In ihrem Zimmer finden sich viel...