Tag für Tag

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Ich bin Tag für Tag in Leones Zimmer, lese Tag für Tag ihre Geschichten, frage mich Tag für Tag, wer dieses Mädchen ist. Bis zu diesem Tag wusste ich nicht, wo sie war, ob sie bereits tot ist oder ob sie noch lebt. Jetzt weiß ich es. Ich habe Leone gefunden. Neben ihr steht ein kleines Tintenfass. Die Tinte ist allerdings schon leer beziehungsweise der letzte Rest ist vertrocknet. In der rechten Hand hält sie mit ihren knochigen Fingern die Feder, mit welcher sie Tag für Tag schrieb. In der anderen Hand hält sie einen Zettel. Das Papier ist alt, die Tinte leicht verblasst. Mein Ziel war es Leone zu finden und sie durch ihre Geschichten besser kennen zu lernen. Jetzt scheine ich dieses Ziel erreicht zu haben. Warum bin ich dann nicht zufrieden oder stolz? Ich entschließe mich, die letzte ihrer Geschichten zu lesen. Den Zettel, den sie in der Hand hält.
Die Überschrift lautet: Tag für Tag.

Tag für Tag saß ich in diesem Zimmer. Tag für Tag saß ich hier und schrieb meine Geschichten. Tag für Tag stand er mir bei Seite. Tag für Tag. Tag für Tag. Tag für Tag. Doch dann verließ er mich, weil du in mein Leben getreten bist. Ich vermisste ihn. Ich war allein. Ich war allein und vermisste ihn. Du weißt sicherlich nicht, wie es ist allein zu sein. Du weißt nicht, welche Schmerzen man spürt und wie sich diese anfühlen. Du hast keine Ahnung, kennst mich nicht ein bisschen. Du denkst, wenn du meine Geschichten ließt, lernst du mich kennen. Nein. Nur wenn man bei jemandem bleibt und Zeit mit dieser Person verbringt, lernt man sie kennen. Also setz' dich neben mich. Lerne mich kennen. Ich weiß, wie kalt es in meinem Zimmer ist. Wenn du möchtest kannst du die Heizung anschalten. Für den Fall, dass du nichts siehst, kannst du ruhig meine Kerze anzünden. Sie spendet nur wenig Licht, aber es reicht vollkommen aus. Die Heizung ist unter dem dritten Fenster von Links aus gesehen. Gleich neben dem großen Stapel Geschichten. Naja, es sind nicht direkt Geschichten. Eher Ansätze, die mir nicht gefielen. Darum verwarf ich sie. Jetzt liegen sie dort und rotten vor sich hin.

Ich weiß nicht wieso, aber ich höre an dieser Stelle auf zu lesen, als ob man es mir befohlen hätte und ich bedingungslos gehorchen würde. Ich nehme die Kerze und zünde sie an. Ich habe immer ein Feuerzeug mit dabei. Nur für den Fall. Da es tatsächlicht sehr kalt in ihrem Zimmer ist, mache ich auch die Heizung an.
Wieder zurück bei Leone lese ich weiter.

Ich hoffe dir wird bald warm. Sicherlich bist du Tag für Tag hier. Du musst sehr frieren. Glaube mir, dir wird bald warm werden. Sehr warm. Heiß. Brennend heiß.

Nachdem ich das gelesen habe, merke ich das das Zimmer in Flammen steht. Wie konnte ich das nicht mitbekommen? Was geht hier vor sich? Der Weg zur Tür ist durch das Feuer versperrt. Zu den Fenstern kann ich auch nicht. Panisch wühle ich in den umliegenden Zetteln nach einen Hinweis. Unter einem der Zettel ist eine Luke. Schnell öffne ich sie und steige hinein.

Was passiert nun? Wie geht es weiter? Was hat es mit dem Feuer auf sich? Wieso hast du nicht bemerkt, wie das Zimmer zu brennen begann? Tag für Tag kommen neue Fragen auf.

Life in a dark roomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt