Glückliches Wiedersehen

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„Kaito, mach schon auf! Ich weiß, dass du da bist! Mach die Tür auf!" Energisch klopfte Ai gegen die Apartmenttür und trat dann verärgert einen Schritt zurück. Er ist aber auch so ein Sturkopf, dachte sie, als sie Schritte hörte. Ai lachte erfreut auf. Keine Sekunde später stand Kaito im Türrahmen und sah die junge Frau etwas verwirrt an. „Ich habe mit keinem Besuch gerechnet", sagte er in einem kläglichen Versuch, sie davon abzuhalten, in die Wohnung zu treten.
Ai drehte sich zu ihm um, während er die Tür schloss. „Ach komm schon, Kaito! Ich weiß doch, wie viel du bei deiner Zaubershow verdienst. Und ich weiß auch, was ein gutes Hotelzimmer in der Stadt kostet.
Ich musste also nur eins und eins zusammen zählen und voila: Da bin ich!", rief sie begeistert aus und ließ sich auf das Sofa fallen. Ai sah ihren Gastgeber erwartungsvoll an. Doch der zuckte nur mit den Schultern. Daraufhin schnaubte die junge Frau wütend.
„Jetzt sei doch nicht so!", fuhr sie ihn an. „Es sind fast vier Wochen vergangen, seit du weg bist. Shinichi ist auch wieder aus Osaka zurück und er vermisst dich!" Wieder blieben ihre Worte ohne Erfolg und die Reaktion, die Ai erwartet hatte, blieb aus.
Die blonde Frau seufzte resigniert. Sie hatte wirklich gedacht, dass dem jungen Zauberer Shinichi sehr am Herzen lag. Langsam fühlte sie sich wie Ran, die diesen Kerl einfach nicht verstand.
Ziemlich zögerlich setzte sich Kaito neben Ai aufs Sofa und hörte sich an, wie es dem Detektiv in der letzten Zeit ergangen war. Sofort bemerkte Ai, dass es ihm tatsächlich zu Herzen ging. Doch er wollte es sich nicht anmerken lassen und versuchte immer wieder, unbeteiligt zu wirken. Als sie ihm auf den Kopf zu sagte, dass sie genau wüsste, was er da für ein Spiel spielte, wehrte Kaito zum ersten Mal ab.
„Nein! Das weißt du nicht, Ai!", rief er erbost und sprang auf. Er lief im Zimmer auf und ab. „Ich kann dir nicht alles erzählen." Er hielt inne und sah sie an. „So gern ich das auch täte. Es geht nicht! Es sind Dinge zwischen uns vorgefallen, die ..." Kaito stockte. „Die kann man nicht einfach so wieder gutmachen."
„Habt ihr euch gestritten?", fragte Ai mitfühlend dazwischen. Er sah sie überrascht an. „Mehr als das", gestand Kaito und setzte sich wieder. Er holte tief Luft.
„Ich glaube, ich habe ihm sehr weh getan, Ai", murmelte Kaito und lehnte sich an die weichen Polster zurück. Ai schluckte. „Das mag stimmen", erwiderte sie und lehnte sich ebenfalls zurück. „Aber weißt du was, Kaito?" Er schaute auf. „Ich glaube, wenn du fort bist, dann tust du ihm noch viel mehr weh!", flüsterte Ai und nahm den zitternden Kaito in die Arme. Beruhigend streichelte sie ihm über den Rücken.

Wenig später, es war bereits Nachmittag, machte sich Kaito auf den Weg. Es waren wohl die schwersten Schritte, die er je hinter sich bringen musste. Egal, wie oft sich die beiden schon gestritten hatten, diesmal fiel es Kaito am aller schwersten, seinem geliebten Shinichi gegenüber zu treten. Ständig legte er sich zurecht, was er Shinichi sagen wollte, wie er reagieren wollte, um es dann doch wieder zu verwerfen.
Er biss sich nervös auf die Unterlippe. Plötzlich spürte er einen starken Händedruck. Er blickte auf seine Hand. Ai hatte seine Hand ergriffen und nickte ihm ermutigend zu. Der junge Mann lächelte. Sie war die beste Freundin, die er sich je wünschen konnte.
Nur noch wenige Straßenkreuzungen von Shinichis Haus entfernt freute sich Kaito darauf, seinen Geliebten wiederzusehen. Die Angst war wie weggeweht. Mittlerweile hatten es auch Ran und der Professor geschafft, Shinichi vors Haus zu locken. Sie hatten ihn davon überzeugen können, dass dort eine Überraschung auf ihn wartete.
Shinichi traute seinen Augen nicht. Schnell rieb er sich mit dem Handrücken über die geschlossenen Lider. Er träumte nicht. Vor ihm stand wirklich Kaito. Er bildete ihn sich nicht ein.
Euphorisch lief er ihm entgegen und schloss ihn in die Arme. Er drohte ihn beinahe vor Freude zu erdrücken. Kaito japste erschrocken nach Luft. Aber er war mindestens genauso froh wie der Detektiv, dass er ihn endlich wiedersehen konnte. Er erwiderte den starken Druck und schloss Shinichi noch fester in die Arme.
„Wo hast du gesteckt?", verlangte Shinichi zu wissen und löste sich von seinem Geliebten. Der schüttelte stumm den Kopf. „Nicht wichtig. Viel wichtiger ist, dass ich wieder da bin." Kaito lächelte beschwichtigend und hielt inne. Er sah Shinichi an.  Der lächelte glücklich zurück und verfiel wieder einmal dem Charme Kaitos. Sie küssten sich, ohne die Blicke der anderen zu beachten.
„Ich werde jetzt bei dir bleiben, Shinichi. Versprochen." Kaito lächelte, während Shinichi ungläubig den Mund öffnete. „Ich hänge den weißen Umhang und das Monokel für immer an den Haken. Ich ... Ich werde nicht länger als Kaito Kid durch Tokios Nächte streifen." Er grinste höhnisch.
„Dafür gehöre ich nachts nun ganz dir, Shin-chan." Der Detektiv des Ostens fauchte erbost und hätte Kaito am liebsten eine Ohrfeige verpasst, wenn ihn dieser nicht am Handgelenk gepackt und aufgehalten hätte. Der junge Magier brach in schallendes Gelächter aus. „Ich werde versuchen, die Mörder meines Vaters auf einem etwas legaleren Weg aufzuspüren und zur Strecke zu bringen."
Skeptisch bog sich Shinichis Augenbraue nach oben. „Womit habe ich denn das verdient?" „Sagen wir einfach, ich hatte viel Zeit zum Nachdenken", erwiderte Kaito lachend. Er zögerte. „Naja, und eine gute Freundin." Er zwinkerte Ai zu und Shinichi nickte verständnisvoll.
„Ach ja, und ich verspreche dir, mich nie wieder mit diesem blonden Teeschlürfer auf irgendetwas dubioses einzulassen", meinte Shinichi leichthin.
Nun sah Kaito beleidigt drein.
„Darüber wollte ich sowieso nochmal mit dir reden, Shinichi. Was war das für ein hinterhältiges Spiel von dir?" Shinichi lachte kurz auf.
Sie lächelten sich glücklich an, bevor sie sich von ihren Freunden verabschiedeten und schließlich Arm in Arm die Tür zu ihrem gemeinsamen Zuhause hinter sich schlossen.

-ENDE-

Himmelblau und EisblauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt