Snow

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Stumm wanderten wir eine Weile nebeneinander durch den Wald. Wo er mich hinbrachte wusste ich nicht. Doch vertraute ich ihm, er würde mich schon nicht fressen - ich hatte ja keine rote Kappe auf! ... Okay ... Der war flach... "Was ist los mit dir?", er schaute mich fragend an, "du wirkst so nachdenklich in letzter Zeit. Ich kenne dich so gar nicht! Normalerweise lachst du immer, doch momentan kann ich nicht viel davon auf deinem Gesicht sehen." Er blieb stehen, wir schauten uns direkt an. Seine braunen Augen bohrten sich in meine: "Ich hab einfach nur viel nachzudenken..." "Über was? Rede mit mir... Ausser natürlich es geht mich nichts an." Ich wandte den Blick nach meinem letzten Worten ab. Der Waldboden schien plötzlich so viel interessanter. Ich hörte ihn näher kommen, doch sah nicht auf. Das Laub raschelte und knackte unter seinen Füßen,  dann legte sich seine warme Hand sanft um mein Kinn. Er zwang mich ihn anzusehen. Blau traf auf braun, und ich denke dass war der Moment, in dem ich realisierte, wie viel er mir schon jetzt bedeutete. "Ich denke über dich nach Liz!", meine Stirn zog sich kraus. " Über mich?", fragte ich nach. Seth nickte: "Ja, deshalb wollte ich auch mit dir reden. Es gibt da etwas, dass du wissen solltest." In meinem Bauch machte sich langsahm aber sicher das ungute Gefühl der Panik breit. Es fädelte sich wie ein Seidenband durch meinen Körper und quetschte mir schließlich den Magen - wollte sein Stamm von Pelzgesichtern mich etwa für irgendein Indianerritual opfern und Seth war der einzige, der mich zu gerne hatte um mir das anzutun? Den Verdacht hatte ich schon, als ich die Spinner zum ersten Mal gesehen hatte! Aber so lange sie nur mein Blut bräuchten würde es für mich sogar Okay sein. Abgeschnittene Fingernägel würde ich auch noch hergeben, die Haare aber waren tabu! Vor meinem inneren Auge stellte ich mir gerade vor, wie das Rudel mit Federschmuck behangen, zu Bongo-Trommeln tanzend um mich, schreiend und an einen Pfahl gekettet, herumhopste, da holte Seth mich aus meinen Gedanken indem er vor meinem Gesicht herumschnippste: "Ich bin aber heute nicht der einzige, der nicht normal ist!" Frech grinste ich ihn an: "Ich bin nie normal, schon allein meine Anatomie erlaubt das nicht!" Er lachte, freute mich. "Aber was ist jetzt so wichtig? Ich hab nämlich schon einige Befürchtungen, und ich hoffe, die werden nicht wahr..." "Und die währen?", ein leichtes Schmunzeln bildete sich auf seinen Lippen. Ich blockte ab: "Fang du an, wenn ich dann noch Nerven habe, erzähl ich es dir... So schlimm wird es schon nicht sein!" Warf ich auf seinen entrüsteten Blick hin noch hinterher. Er entspannte sich. Mir war erst jetzt als er zu erzählen began aufgefallen, dass wir wieder gingen: "Weist du, was die sogenannte 'Prägung' bei Werwölfen ist?" Stumm schüttelte ich den Kopf. "Prägung ist etwas... Eine verbindung zwischen zwei Seelen. Du siehst Sie, und plötzlich ist alles anders. Plötzlich ist alles was du brauchst nur noch Sie: Ihr lachen, ihre Stimme, ihre pure Präsenz. Sie ist, wie ein Fluss Wasser in der Wüste. Ohne Wasser gehst du ein. Ohne Sie bist du nichts. Mit ihr könntest du alles sein! Und für sie würdest du alles werden. Freund, Beschützer, Bruder... Oder auch mehr..." Nach dem letzten, nur gehauchten, Satz, der vermutlich nicht für meine Ohren bestimmt war, sah er mich lange an. "Prägung. Seelenverbindung also... Bist du auf jemanden geprägt?", ich könnte mir die Antwort auch denken, aber ich wollte es selbst von Seth hören. "Ich weiß es nicht.", er sah mich nicht an. Ich zog meine Strn kraus: "Du weißt es nicht?" "Nein, es ist wie die Prägung, bei dir. Doch irgendetwas zwischen uns hält sie davon ab, richtig einzusetzen. Es ist als würden sich zwei Magnete abstoßen. Und dann wieder, wenn ich zu weit von dir entfernt bin... Ist es, als würde irgendetwas wortwörtlich mein Herz herausreissen. Verstehst du?" "Ja", ich nickte. Daher kam also dieser Schmerz... " Warum denkst du, ist dieses 'abstoßen' zwischen uns?", fragend sah ich ihn an. "Ich weiß es nicht, deswegen werden wir jetzt zu jemanden gehen, der es uns vielleicht sagen kann.", doch dann zog er die Stirn kraus und blickte mich fragend an, " Ist das mit der Prägung für dich überhaupt in Ordnung?" Fast musste ich Schmunzeln, dann zuckte ich die Schultern: "Ich denke schon. Ich wurde nie wirklich gefragt, ob mir etwas passt, es wurde immer nur gemacht, Seth. Aber ich mag dich, und wenn wir jetzt den Rest der Ewigkeit miteinander verbringen, dann ist das für mich voll und ganz in Ordnung." Ich sah in sein strahlendes Gesicht auf, es ging mir gut, wenn es ihm gut ging. War das auch Teil der Prägung? Ganz genau sog ich jeden Teil seines Gesichtes ein - tss, als könnte ich es irgendwann vergessen! Dabei beachtete ich den Boden unter meinen Füßen kaum, und so kahm es, wie es kommen musste. Ich, die nahezu perfekte Jägerin stolperte, in einem Moment voller Unachtsahmkeit. Zu meinem Glück hatte ich einen halb-geprägten Wolf an meiner Seite, der mich auffing und das schlimmste somit verhinderte. "Liz, ist alles in Ordnung?", seine Stimme war ebenso besorgt wie sein weicher, warmer Blick. Nur er konnte mich zum schmelzen bringen! Ich schüttelte meinen Kopf: "Ja, ich hab nicht darauf geachtet, wo ich hintrete." Ich rappelte mich wieder auf, wobei ein kurzer, stechender Schmerz durch mein rechtes Fußgelenk fuhr. Ich ignorierte ihn gekonnt. Seth schien es trotzdem aufzufallen: "Kannst du gehen?" Ich kräuselte die Stirn. "Natürlich!", und ging, den Fuß voll belastend weiter. Ich hate schon schlimmere Verletzungen. Morgen wäre es sowieso wieder vorrüber. Seth folgte mir. Ich gab keinen Laut von mir - verdammt, es tat aber schon richtig weh. Nein, nein, nein. Elizabeth Argent, wie verweichlicht bist du eigentlich? Jetzt benimm dich nicht wie so ein Mädchen, du bist ein Jäger! Ich war ein Jäger, ich war ein Jäger.... Zähne zusammen beissen und durch! Hin und wieder verzog ich bei einem zu hecktischen Tritt mein Gesicht, und jedes Mal hörte ich dann von der Seite ein Schnauben,  aber ich ging tapfer weiter. Das ging so lange gut, biss ich auf einen Ast ausrutschte, mich gerade noch halten konnte und zischend die Luft einsog weil mein Fuß so weh tat. In dem Momment packte Seth meine Tasche, warf sie auf den Boden, hob mich im Brautstyle hoch und ging einfach weiter. " Hey,", versuchte ich zu demonstrieren, "ich kann auch selber gehen!" "Ja klar, mit Schmerzen im Fuß.", er würde mich nicht mehr so schnell runter lassen. Ich hatte keine Chance gegen ihn. Also kuschelte ich mich näher an Seth, er war immerhinn schön warm und mir war fast immer zu kalt. Aber dann kam mir ein anderer Gedanke.  " Und was ist mit meiner Tasche?", fragend blickte er auf mich herab, er hatte wohl etwas anderes erwartet: "Ich hole sie später, okay?" "Okay!"
Nach einer Weile kamen wir an einem kleinen, gemütlich aussehenden Haus an. "Wo sind wir hier?", mich packte die Neugierde, als Seth geradewegs die Haustüre ansteuerte und mich kurz auf dem Boden absetzte, um zu klingeln. "Hier wohnt Embry", etwas besorgt sah er mich an, " kannst du stehen?" Ich nickte. Embry war doch der Stille vom Lagerfeuer: "Und wie soll Embry uns dabei helfen, herauszufinden, was mit uns nicht stimmt?" Seth fing an zu grinsen. "Gar nicht!", die Türe wurde schwungvoll aufgerissen, "sondern sie!" Und mein Wolf zeigte auf ein mir unbekanntes Mädchen. Blonde, glatte Haare, die in den Längen leicht heller wurden, blutrote Lippen, dichte Wimpern und strahlend smaragdgrüne Augen, mit einen schlemischen Funkeln darin. Sie lehnte anmutig an dem Türstock, als würde sie gerade für ein Fotoshooting posieren, doch niemanden schien es aufzufallen. Die Hand mit der sie sich abstützte hatte eine komische Tättoowierung. Symetrische Formen am kompletten Unterarm, die bis zu ihrem Handgelenk führten - fast wie bei Seth und dem Rudel. "Was ist mit mir? Und wen hast du da mitgebracht?", unschuldig und auch neugierig schaute sie zu uns her. Doch ich war mir sicher, dass sie bei weitem nicht so harmlos war, wie sie gerade aussah. Seth zeigte mit einem Wink auf mich: "Das ist Elizabeth" "Liz!", fuhr ich dazwischen. Sie zwinkerte mir freundschaftlich zu: "Mich kannst du Snow nennen, Jägerin!" Ich stutzte: "Woher...?" "Ich das weiß? Kaffekränzchen im Jenseitz. Ich weiß viel über dich, Halbblut. Aber bei Weitem noch nicht alles!", geheimnissvoll lächelte sie mich an, "Aber jetzt kommt erst mal rein!" Sie drehte sich um, und deutete uns ihr zu folgen. Seth nam mich wieder auf den Arm und trug mich in ein kuschelig eingerichtetes Wohnzimmer, nachdem er die Hastüre wieder zugemacht hatte. Das Mädchen saß schon auf einem bequemen Sofa, wir ihr gegenüber. Ich begann mich zu fragen, wo sie herkam, wenn sie dort so galant platz nahm, als würde sie auf einem Trohn sitzen. "Darf ich euch etwas anbieten? Tee, Kaffe?", fragend sah sie uns an, legte dabei anmutig den Kopf schief, dann fügte sie noch hinzu, " Ich hab grad frisch Kuchen gebacken, Seth!" Die Augen meines Wolfes begannen zu strahlen: "Ein kleines Stückchen, vielleicht... Wenn es dir nichts ausmacht...Und für Liz einen Kamillentee!" Woher wusste er das nun schon wieder? - Was fragte ich. Alle geprägten Wölfe waren Stalker! Snow erhob sich federleicht und schritt mit einer Eleganz davon, dass mir nur der Mund aufklappen konnte. Wie schaffte sie das? Seth hatte mein erstaunen wohl bemerkt, und kicherte: "Hybriden haben das wohl an sich. Embry muss sich oft vor Typen durchsetzen, die sein Mädchen ins Auge gefasst haben." Hybriden? Was zum Teufel...?  Ehe ich weiter Fragen konnte, stand Blondie schon wieder mit einem Teller Kuchen und einer Tasse frischen Kamillentees vor uns, und reichte uns beides. "Also,", sie ließ sich auf ihren Platz gleiten, verschränkte die Beine und fixierte uns mit ihren wachsamen, grünen Katzenaugen, " Was kann ich für euch tun?" "Wir brauchen deine Hilfe, Snow!", Seth schob sich eine Gabel voll Kuchen in den Mund und schmatzt munter vor sich hin. " Die brauchen viele!", doch dann scheint sie zu überlegen und lächelt uns warm an, " Wegen der Prägung?" Ich nicke: "Was weißt du darüber?" "Nicht viel, nur dass eure Bindung durch irgendwas in Liz abgeblockt wird, versteht ihr?", fragend sah sie erst mir und dann Seth in die Augen. Ich schüttelte verwirrt den Kopf: "Nein, ich verstehe nicht ganz." Wie meinte sie das, durch irgendwas in mir abgeblockt? "Darf ich?", vorsichtig nahm sie meine Hand in die Ihre und schloss die Augen. Ihre schlanken Finger schlossen sich warm um meine. Snow schien sich stark auf irgendetwas zu konzentrieren. Da spürte ich es, als würde sie etwas aus mir herraussaugen. Es fühlte sich an wie elektrischer Strom, der durch meinen Körper, zu meiner Hand und zu ihr floss. Was war dieses Mädchen, denn ein Mensch war sie devinitiv nicht? "Da ist etwas in dir, Liz...Wie eine Blockade... ich kann nicht genau sehen was, aber es ist etwas. Es ist... Irgendwie, als wärst du jemand anderes!", blinzelnd öffnete sie ihre strahlend grünen Augen. "Gibt es nichts, wass man dagegen tun könnte?", schaltete sich Seth ein. Sie zuckte mit den Schultern, sogar diese kleine Bewegung war anmutig bei ihr: "Naja, ihr müsst die Blockade irgendwie brechen, das kann schon durch etwas wie einen Kuss passieren, oder durch andere Ereignisse, die sie quasi 'erschüttern' ." "Und was ist, falls das nicht gehen sollte?", fragte ich neugierig nach. Das Mädchen schaute wehleidig zu mir: " Falls wirklich nichts diese Blockade brechen kann, dann besteht die Chance, dass Seth sich noch einmal neu prägen könnte..." "Das ist unmöglich!", fährt der Wolf dazwischen. Die Blondine schüttelt den Kopf: " Nein, dafür müsste Liz jedoch... Sterben." Das letzte Wort war nicht mehr als ein hauchen aus ihren Kirschroten Lippen. Mir wurde die Bedeutung ihrer Worte erst einen Moment später bewusst. "Was?", geschockt blicke ich in ihre Katzenaugen. Man sah ihr an, dass es ihr nicht gefiel, uns diese Nachricht überbracht zu haben. Doch sie versucht mich aufzumuntern: "Irgendwie kann man, jede Blockade brechen. Ihr werdet es spühren, wenn es soweit ist!" "Du hast gesagt, man könnte sie schon mit soetwas wie einen Kuss lösen?", sie nickte. Im nächsten Moment zog ich Seth zu mir herrunter und drückte meine Lippen auf seine.

Hunter and WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt