Zeit vergeht...

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Mit einem Ruck, der mir die Luft aus den Lungen presste, landete ich auf den harten, steinigen Boden der Trainingshalle. Wie gesagt, ich wollte eben schon immer mal Basketball sein! Stefan konnte ich verschwommen an deren anderen Ende erkennen, er war gerade eben heim gekommen und sah nun Vladimir und mir beim Training zu. 

Natürlich musste er einen Kommentar zu meinem kleinen Schrittfehler abgeben: „Das muss aber schon noch ein bisschen besser werden, Prinzessin!“ Prinzessin - Eisprinzessin. So nannten sie mich. Immer. Das lag daran, dass ich selten Gefühlsregungen zeigte - wie jemand, der ein Herz aus Eis hat. Meinen Richtigen Namen verwendeten Vladimir und Stefan fast nie. Es war mir jedoch egal. Sie konnten mich ruhig so nennen, es stimmte ja, was sie mit diesen Namen in Verbindung brachten. Ich war eiskalt! So hatten es mir die Jäger damals, vor schon fast drei Jahren, das letzte Mal eingebläut: Ich darf keine Gefühle zeigen! Wer Gefühle zeigt ist schwach!

Auch wenn ich es in der ganzen Zeit, in der ich nun schon hier war – das waren doch schon zweieinhalb Jahre -  ruhig hätte ändern können, prägten einen manche Erlebnisse für die Ewigkeit. Und genau deshalb änderte ich mich nicht. Ich hatte noch einen Auftrag zu erfüllen: Aro! 

Prustend rappelte ich mich wieder auf. Das würde einen blauen Fleck geben – oder mehrere! Der Schweiß rann mir von der Stirn, ebenso waren meine Klamotten – seit nun schon fast vier Stunden Training – vollkommen nassgeschwitzt und aus meinem locker gebundenen Pferdeschwanz lösten sich mittlerweile mehr als eine Strähne. 

Fazit: Ich war mit meinen Kräften am Ende! Vladimir jedoch, der ein paar Meter weiter in Kampfstellung lauerte, schien noch topfit zu sein. Kein Wunder, er war ja auch ein Vampir! Ich denke, ich hätte mich mittlerweile schon längst verwandeln lassen, wäre ich nur nicht gegen das Gift immun. So schlimm wie die Jäger es damals dargestellt hatten, konnte das Vampirsein gar nicht sein. Ich lebte ja schließlich mit ihnen zusammen, das war auch nicht so schlimm. Eigentlich war es sogar ziemlich schön. Das coolste von allem, war aber immer noch, dass dir keiner deinen Lieblingsjoghurt im Kühlschrank zusammen aß.  

Schwer atmend nahm ich noch einmal Anlauf und stürmte mit einem kriegerischen Schrei auf Vladimir los. Dieser wartete seelenruhig bis ich bei ihm angekommen war, dann schlug er blitzschnell und mit voller Wucht zu. In Lichtgeschwindigkeit raste eine Faust in Richtung meines Kopfes. Jedoch duckte ich mich ebenso schnell unter letzterer hindurch und traf meinen Gegner meinerseits mit der Faust in den Bauch. Das verdünnte Vampirgift, das mir der Bund der Jäger damals injiziert hatte, machte mich genau so schnell wie die Blutsauger, meine Sinne waren schärfer als jemals zuvor und ich war stärker als der Durchschnittsmensch – eben diese Stärke bekam Vladimir gerade in meinem Fausthieb zu spüren – doch das ganze hatte auch einen Haken: Ich konnte Müde werden, wie gerade eben. Schlaff und ausgepowert, musste essen und schlafen. Und Luftholen. Ich war auf meine eigene Weise schwach. Schwach durch das Blut, dass in meinen Adern floss. 

Demnach hatte mich Vladimir, dem kurz die Luft weggeblieben war – die er ja nicht brauchte, weil er nicht atmen musste - auch schon wieder an der Kehle gepackt und mich elegant, schmerzhaft auf den Boden befördert, wo ich dann auch liegen blieb. 

Meine brennenden Lungen füllten und leerten in einer Geschwindigkeit, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Wie jedes Mal wenn ich mit einem der Vampire trainierte. Zwar war ich in den letzten drei Jahren schon besser geworden, als ich es mir je erträumt hätte, aber gegen einen Vampir, der mehrere tausend Jahre auf dem Buckel hatte, war selbst ich ziemlich wehrlos.

Ein uneben mäßig gepflasterter Stein des Fußbodens drückte mir nervig in den Rücken. Doch ich war so auf meine Atmung fixiert, dass ich ihn einfach ignorierte. Mit einem Rück drehte ich mich auf den Bauch, um die angenehme kälte, die von den Gemäuer ausging in mich aufzusaugen. Ich wollte nicht mehr weiter trainierten, ich wollte mich einfach nur noch in meine edle, weise Badewanne, die mit heißem Wasser gefüllt war legen und mich entspannen. Doch Vladimir schien genau der gegenteiligen Meinung zu sein, denn er stand, mich mit einem abwartenden Blick musternd und immer noch in Angriffsstellung lauernd, an derselben Stelle wie gerade eben. 

Hunter and WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt