32. Kapitel

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Ich bin schon vor dem alten Wolf und Leica wach, ich weiß das Solei noch lange schlafen wird, die Verletzung erschöpft ihn sehr und er macht das seither immer öfter. Ich stehe auf und verlasse das Lager, wir haben einfach auf dem Boden geschlafen, uns keine Höhlen gesucht, was für mich eine freundliche Überraschung war. Ich trotte in den Wald und suche nach Yups Spuren.

Ich denke das er sauer auf mich ist, ich habe nicht gesagt das er noch da ist und Merlin geht wahrscheinlich auch davon aus das er tot ist oder jedenfalls am anderen Ende der Welt.

Ich finde ihn schnarchend unter einem Baum. Still setze ich mich ihm gegenüber und ich warte. Meine Augen sind auf ihn starr gerichtet und ich beobachte jede Bewegung.

Blinzelnt öffnet er seine Augen und blickt sich verwirrt um. Seine Augen verfinster sich und mir fällt zum ersten mal auf, das sie sich verdunkeln wenn er wütend oder traurig ist. Er fühlt sich ausgeschlossen.

Sein Blick fällt auf mich und er springt erschrocken hoch. Mir wird heiß vor Verlegenheit, ich will gar nicht wissen was er jetzt von mir denkt.

"Yup. Hör zu..." Ich werde leiser, als er sich abwendet und einfach geht. Traurig blicke ich ihm nach, ich hab es total versaut, da bin ich mir sicher. Doch plötzlich erinnere ich mich an die Shakira die ihm knurrend den Weg versperrt hätte, die Shakira die selbst ich lieber mag. Ich spüre wie meine alte Kraft durch mich strömt. Ich renne los, springe lautlos auf seinen Rücken und drücke ihn zu Boden. Knurrend wehrt er sich, versucht wild sich zu befreien doch ich bleibe hart und warte. Nach einer Weile wird er ruhiger, sein Brustkorb hebt sich schnell und ich spüre sein Herz durch seine Rippen rasen. Auf einmal wird mir bewusst wie nah wir uns sind und ich weiche schnell zurück. Schnaubend vor Wut drückt er sich hoch. Mit gesträubtem Fell und dunklen Augen starrt er mich eindinglich an.

"Du hast mich einfach im Wald zurück gelassen, mich vergessen. Und jetzt erwartest du das ich zu dir zurück komme und dein Schoßhündchen spiele? Nein, vergiss es ich werde gehen"

Ich schreie auf, innerlich wie eine verrückte, äußerlich wie ein verletztes Tier. Diese Worte zerreißen mich. Ich stürze zu ihm, schmeiße ihn zu Boden. Ich drücke meinen Kopf an seine Schulter und bettel ihn mit geschlossenen Augen an.

"Geh nicht. Geh nicht. Geh nicht. Geh nicht" ich spüre wie er sich bewegen will, wie er versucht zu gehen doch ich zwinge ihn liegen zu bleiben. Ich lasse mich neben ihn auf den Boden fallen, die Vorderpfoten über Rippen und Schulter. Er kann nicht aufstehen.

Ich sehe voller Trauer in seine leuchtenden Augen, doch sein Blick bleibt hart. Ich spreche lautlos immer noch weiter denn ich weiß, würde ich laut sprechen wäre er irgendwann genervt und würde einfach gehen.

"Lass mich", knurrt er in einem wiederwilligen Ton der mich an früher erinnert, als er noch jung war und ich gerade erst wieder im Rudel. Er hatte mich geärgert, beschimpft und ausgelacht. Mir wird bewusst mit wem ich eigentlich die ganze Zeit befreundet war und rutsche schnell von ihm runter. Sichtlich verwundert über meinen Rückzug steht er auf, schüttelt sich die feuchten Blätter aus dem Fell und geht davon, ohne einen Blick zurück zu werfen.

Der Wald verschluckt seine dunkle Sillhouette und auch das Rascheln der Blätter verstummt irgendwann. Eine drückende Stille liegt über dem Wald. Tief in meinem Inneren weiß ich, das er recht hat, ich habe ihn zurück gelassen, ihn ausgeschlossen, es ist mein Schuld.

Ich erhebe mich mit schweren Pfoten und gehe langsam wieder zurück zu Merlin. Mein Herz verkraftet diesen Verlust nicht. Ich habe ihn gehen lassen, er war treu und er war mehr als nur ein Freund. Er war der eine Freund der mich nie imStich gelassen hat und mich nie vergessen hat.

Als ich bei dem Rudel angkomme, unterhällt sich Merlin gerade mit Leica, die ihm aufgeregt etwas erzählt. Ein sanftes Lächeln umspielt sein ergrautes Maul.

Der albino WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt