dreizehn

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Ich saß still auf dem Beifahrersitz des Jeeps. Mike parkte schwungvoll aus, und fuhr über den Parkplatz. Ich spähte aus dem Fenster, uns sah, das Josh immernoch wie angewurzelt neben seinem Auto stand.

Mike bremste leicht, und kam neben ihm zum stehen. Dann ließ er das Fenster herunter. "Jo, Josh! Man, wie gehts dir? Was machst du hier?"
Ich wollte im Boden versinken. Wie konnte ihm nicht bewusst sein, dass er grade in ein einziges großes Fettnäpfchen trat?

Ich beugte mich leicht nach vorne, um an ihm vorbei aus dem Fahrerfenster sehen zu können. Kurz streiften mich dunkelbraune Augen.

Josh fuhr sich durchs Haar. "Hat sich erledigt. Ich muss dann auch." Ohne ein weiteres Wort stieg er in den Porsche, ließ ihn an, und rauschte davon. Überall auf dem Parkplatz verharrten die Leute kurz um das Auto zu bewundern.

Mike schüttelte verwirrt den Kopf, als er nun auch losfuhr. "Immerhin hat er die Finger vom Koks gelassen."

Ich sah ihn nachdenklich an. In meinem Kopf hallte ein Satz immer wieder. Hat sich erledigt.

"Wie kannst du das wissen? Er war offensichtlich auf irgendwelchen Drogen."

Mike nickte zustimmend. "Ich tipp auf Oxicodon. Oder irgend ein anderes Opiat. Aber wenn er gekokst hätte, wär er auf mich losgegangen."

"Also wusstest du, das er wegen mir hier war."

"Natürlich."

Mike bog ab, und fuhr nun schneller. Ich durfte nie wieder den Fehler machen, seine Intelligenz in Frage zu stellen. Nur weil er ein heißer Baseballspieler war, war er noch lang nicht dumm.

Er sah mich mit einem schiefen Grinsen an. "Hast du Hunger?" Ich schüttelte den Kopf. Er zuckte die Schultern. "Dann also direkt zur Kirche."

Jetzt war ich komplett verwirrt. Mike Monroe holte mich von der Schule ab, um mir eine Kirche zu zeigen? "Kirche?" Mein Blick musste sehr entgeistert sein, denn er schmunzelte wieder, während er auf einen Waldweg abbog. Ich hatte garnicht gemerkt, das wir Blackwood verlassen hatten.

Mike fuhr den Jeep sicher über einen schlecht befestigten Waldweg. Der Schnee erschwerte es nochmal.

Nach einer viertel Stunde lichtete sich der Wald, und wir hielten auf einem Parkplatz für Wanderer. "Alles aussteigen bitte", sagte Mike.

Wiederwillig öffnete ich die Tür und sprang in den kalten Pulverschnee. "Hier lang!" rief Mike und winkte mich zu sich.

Wir folgten einem Trampelpfad den Berg hinauf. Ich überlegte, was ich wohl grade tun würde, wäre ich bei Josh eingestiegen. Wiederwillig zwängte ich den Gedanken aus meinem Kopf.

"Sind gleich da", beschwichtigte Mike mich. Er hatte gut reden. Er trug eine robuste Levisjeans, einen gigantischen Parka und Wildlederboots. Ich hingegen trug wie immer Sneakers und einen Wollcardigan.

Fünf Minuten später endete der Weg. Ich staunte, denn wir standen Tatsächlich vor einer alten Kirche, die ganz allein auf der Spitze des Hügels stand. Umrundet von den kahlen Bäumen sah sie etwas bedrohlich und unheimlich aus. Die Fenster waren dunkel und schmutzig, und das Holz der Fassade sah Wettergegerbt aus.

"Nicht schlecht, was?" meinte Mike zufrieden. Ich nickte zustimmend. "Was ist das für ein Ort?"
"Ein Grundstück der Washingtons", erklärte Mike. "Wir haben hier als Kinder so viel Zeit verbracht..." Sein Blick wanderte etwas in die Ferne. "Jetzt kommt hier niemand mehr her, und das mach ich mir zu Nutzen. Komm mit!"

Er zog einen Schlüssel aus seiner Jackentasche, und sperrte die Flügeltür auf, die den Eingang darstellte. Wir traten ein.

Die Kirche war erstaunlich gut erhalten. Sie stand bis auf die Bänke und den Altar mehr oder weniger leer. Es roch nichtmal vermodert, sondern nur nach Stein, Holz und ein bisschen nach Bienenwachs. Es gab einen Orgelbalkon, den Mike über eine schmale Treppe erklomm. Ich folgte ihm. Neben der alten Orgel war eine Tür, die er öffnete. Im Raum dahinter stach mir unmittelbar ein intensiver, mir fremder Geruch in die Nase. Ich vermochte ihn nicht zuzuordnen. Wir kletterten hintereinander eine Leiter hoch, wobei Mike darauf bestand hinter mir zu klettern, um mich aufzufangen falls ich fiel. Ich verdrehte die Augen, weil mir klar war, das es wohl eher um tolle Aussichten für ihn ging.

Oben angekommen drückte ich von unten gegen die Luke, die den Weg in den nächsten Raum versperrte. Dann stieg ich, gefolgt von Mike in den Raum, der wohl der Dachboden der Kirche war.

Die schrägen Wände waren mit Holz verkleidet, das schon lange der Witterung ausgesetzt gewesen war. Es war unerwartet warm auf dem Dachboden, fast drückend. Es war sehr eng, denn beinahe der ganze Raum wurde von Pflanzenkübeln belegt.

Jetzt wusste ich, woher der fremde Geruch kam. "Sind das Cannabispflanzen?" fragte ich entgeistert. "Mhm." Mike nickte stolz. "Die besten hierzulande."

Ich starrte die großen, grünen Gewächse an, die unter einer eindrucksvollen Lampe standen.

"Warum zeigst du mir das?" fragte ich trocken. Ich war etwas perplex, das jemand, der einem Drogenabhängigen im Freundeskreis hatte, eben solche herstellte, oder in diesem Fall- züchtete.

Mike kratzte sich am Kopf. "Ich wollte dir die Alternative für Josh zeigen. Klar, psychoaktive Substanzen sind bei solchen Störungen nicht ideal, aber immernoch besser als Irgendwelche Pillen."

Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich hatte noch nie gekifft, und meine Mum hatte mir immer eingebläut, mich tunlichst davon fern zu halten.

"... auch gegen seine körperlichen Symptome würde es helfen, gegen die Gelbsucht, oder Zittern", fügte Mike hinzu.

Ich beschloss das jetzt einfach mal so hinzunehmen. Neugierig sah ich mir die Pflanzen näher an. Ich hatte sowas noch nie gesehen. "Und warum nutzt er dieses 'Geschenk der Natur' nicht?" Die Skepsis in meiner Stimme war nicht zu überhören.

"Wir haben früher alle gekifft. Chris, Ash und ich Tuns auch immernoch hier und da. Josh hat sich währenddessen nach was härterem umgeschaut."

In diesem Moment klingelte Mikes IPhone. "Fuck", stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen zusammen und bedeutete mir mit einem Finger an den Lippen zu schweigen. Dann hob er ab.

"Hey Babe... ich bin im Fit... was? Nein..."

Offensichtlich hatte Jess angerufen.

"Ja..." Mike klang, als wolle er einen Stier besänftigen. "... bin in ner halben Stunde bei dir. Bis dann, Babe."

Nachdem er aufgelegt hatte, sah er mich bedauernd an. "Du hast es gehört, die Bienenkönigin ruft."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 08, 2017 ⏰

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