Kapitel 12

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Mike und ich blieben noch wesentlich länger in dem Cafe als anfangs geplant. Irgendwann begannen wir das Thema zu wechseln, um uns gegenseitig abzulenken. Mir tat seine Gesellschaft unglaublich gut. Als ich heimkam war es bereits kurz vor zwölf. er brachte mich zu Tür. Gerade als ich den Schlüssel ins Schloss steckte, hielt er mich an der Schulter fest. Ich richtete mich auf, und Mike zog mich in eine tröstende Umarmung. Sein Kinn ruhte an meiner Stirn, und ich konnte die Stoppeln seines Dreitagebarts spüren. "Das wird alles wieder", murmelte er. Ich nickte. Dann ließ er mich los. "Meld dich, wenn du jemanden zum reden brauchst." Dann streichelte er Stitch kurz den Kopf, und stapfte zurück zu seinem Jeep. Ich schloss die Tür auf, und betrat unser Haus. Die Wärme umfing mich, und ich atmete instinktiv auf. Den heutigen Abend musste ich erstmal verdauen. 

Das nächste Mal, das ich von Mike hörte, war genau zwei Wochen und einen Tag später. Und es war auch der Tag, an dem Josh mich in einem tannengrünen Porsche von der Schule abholte. Ich hatte in der Zeit ohne ihn gelernt, den Schmerz weitestgehend wegzusperren. 

Als ich an diesem Morgen aufgestanden war, war mein Handy nicht wie üblich überfüllt von Nachrichten aus irgendwelchen Gruppen gewesen. Genaugenommen war da nur eine einzige. 

Hey, schon irgendwelche Pläne für heute? 

Die Nachricht von Mike überraschte mich sehr. Ich hatte nicht erwartet von ihm zu hören. Erstens hatte er eine superheiße Cheerleaderfreundin; Jess, ungefähr die Eifersucht und Zickigkeit in Person, und zweitens war mir nicht klar das seine Aussage bei unserem letzen Treffen, dass ich mich bei ihm melden könne, ein ernst gemeintes Angebot war. 

Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen, und starrte erneut auf das Display, nur um sicherzugehen. Dann tippten meine Finger eine Antwort.

Bis jetzt keine, außer die Schule.

Dann quälte ich mich aus dem warmen kuscheligen Bett, um meine morgentliche Routine anzutreten. Um halb acht verließ ich das Haus, und stieg zu Debbie in den Wagen. 

"Du siehst ziemlich durch den Wind aus", bemerkte sie nüchtern. "Bin ich auch", gab ich zu. "Mike hat mich gefragt, was ich heute vor hab." Meine beste Freundin zog eine Augenbraue hoch. "Wie kommts eigentlich, das du dir zwei heiße Kerle nacheinander anlachst, und ich nichtmal mit dem Arsch angeschaut werde?" Ich verdrehte die Augen. "Dich würden noch viel mehr wollen, wärst du nicht mit dieser Flasche zusammen. Außerdem ist Mike mit Jess zusammen, das weißt du genau. Wenn wir etwas werden, dann Freunde." Um ehrlich zu sein, überforderte mich schon allein das.

Der Schultag verlief wie gewohnt. Im Unterricht hörte ich nur mit halben Ohr zu, weil ich in Gedanken war. Die Pausen verbrachte ich alleine draußen. Ich sah den anderen beim Rauchen zu, und verlor mich in Überlegungen. In der zweiten Pause kam erneut eine Nachricht von Mike.

Jo, ich hol dich ab, ok? Ich muss dir was zeigen.

Ich starrte perplex auf mein Handy. Was, in aller Welt, wollte ein Mike Monroe mir zeigen?

Ok, ich hab um 13 Uhr aus.

In meiner Brust bildete sich dieses aufgeregte Ziehen. Ich steckte mein Handy in meine Tasche, und stapfte zurück ins Schulgebäude. 

Die letzten zwei Schulstunden vergingen quälend langsam. Ich verabschiedete mich von Debbie, und verließ die Schule. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Am Ende des Parkplatzes erspähte ich Mikes überdimensionalen Jeep. Zielstrebig schritt ich zwischen den Autos hindurch auf ihn zu. 

In diesem Moment erspähte ich ein auffälliges Auto. Schräg vor mir parkte ein tannengrüner Sportwagen. Ein Porsche. Wer an dieser Schule fuhr denn so ein Auto? Da erkannte ich wer da hinterm Steuer saß. Josh. 

Er war blass, und seine Augen wirkten glasig. Aber ich sah, das er clean war. Ich war erstarrt. Mike hupte. Er schien von all dem nichts mitbekommen zu haben. 

Und in dieser Sekunde kam alles wieder hoch. Die Wut, die Enttäuschung, Die Angst, all meine Zweifel. Ich starrte ihm direkt in die Augen. Meine Unterlippe begann zu beben, und ich spürte wie meine Augen feucht wurden. Josh sah mich an, und er wirkte gebrochen und schwach. Sein Blick allein war wie eine Entschuldigung für alles, was passiert war. Ich wollte wirklich zu ihm ins Auto steigen. Mich an ihn schmiegen. Ihm vergeben, Ihm sagen, das wir das zusammen schon hinkriegen würden. Doch ich konnte nicht.

Ich gab mir einen Ruck, und lief los. Joshs Miene hellte sich auf, als ich auf sein Auto zukam. Ich biss die Zähne zusammen, und schluckte meine Tränen hinunter. Es kostete mich alles an Überwindung, an seinem Auto vorbeizugehen. 

Ich drehte mich um, und sah Verwirrung in seinem Blick. Gefolgt von Verzweiflung. Ich wollte ihn wirklich trösten, und es brach mir das Herz, aber ich musste mich um mich selbst kümmern. Ich schaffte es einfach nicht.

Mit neuer Entschlossenheit wandte ich meinen Blick von ihm ab, nahm die letzten Meter, und stieg in Mikes Jeep. 

We'll Get Over ItWo Geschichten leben. Entdecke jetzt