4. Elera. Weshalb man sich an die Preise gewöhnen sollte.

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Mit dem Handrücken schob ich meine schwarzen, fast hüftlangen Haare über meine Schultern nach hinten. Vor ein paar Tagen hatte ich im gleichen Raum mit den gleichen Personen gestanden, um darüber zu beraten, ob Arwid Uekescha, der vor zwei Wochen zu uns gekommen war, im Rudel aufgenommen werden sollte.

Heute aber redete ich mit dem Alpha Dachs und dem Jugendlichen Nolan über ein ganz anderes Thema.

„Wir wissen einfach zu wenig über sie. Solange wir keine Ahnung davon haben, wie stark sie sind und wonach genau sie suchen, wissen wir noch nicht einmal, ob sie überhaupt ein Interesse an uns haben.", sagte Nolan und gestikulierte dabei, wie immer wenn er über etwas Wichtiges sprach, unpassend mit den Händen herum. Ganz im Gegenteil zu unserem Alpha, der ohne sich viel zu bewegen an der Wand hinter dem Schreibtisch lehnte, an dem ich saß.

„Oder ob sie unsere Fähigkeiten kennen. Ob sie überhaupt von unserem Rudel wissen.", sprach Nolan weiter.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass wir ihnen nicht aufgefallen sind. Ich bitte dich, Nolan.", sagte ich und sah den Teenager genervt an, aber dieser kannte mich zu gut, um sich so leicht von mir überzeigen zu lassen.

„Ich kann nur spekulieren. Wir sind es eben, die keine Ahnung davon haben, mit wem wir es hier zu tun haben.", wiederholte er sich.

Mit einem Schwung stand die Tür weit offen und Polly stand mit Younes auf dem Arm im Raum. Wir starrten sie an, die anderen beiden vielleicht etwas überraschter als ich. Ich wusste, dass meine Halbschwester irre war.

„Wir haben Draußen gespielt und den Einzelgänger gesehen. Direkt vor dem Haus. Vielleicht kriegen wir ihn noch", keuchte sie und verließ schon wieder das Zimmer. Wir folgten ihr.

Wie sich zuvor herausgestellt hatte, hatte Arwid mir bei unserer ersten Begegnung zumindest zu diesem Thema die Wahrheit erzählt. Es schien sich wirklich mindestens ein Einzelgänger in unserem Revier herum zu treiben. Allerdings war es noch nicht vorgekommen, dass er sich so weit in unser Gebiet und damit fast vor die Hütte, in der wir zeitweise wohnten, getraut hatte.

Unser Rudel war recht überschaubar und die meisten fürchteten sich nicht vor einem Fremden, auch wenn sie ihm allein gegenübertreten sollten. Nur für die knapp achtzehnjährige, magere Polly, die viel zu selten trainierte und für das hilflose Junge Younes, stellte ein einzelner Wolf eine Gefahr dar.

Und zufälliger Weise dann, als diese beiden alleine vor dem Haus waren, stattete uns der nervende Unbekannte einen Besuch ab?

Ich verließ als letzte das Haus und lief Polly mit Younes, Dachs und Nolan hinterher, die schon nach wenigen Schritten die Stelle erreichten, die Polly uns zeigen wollte. Eine scheinbar zufällig ausgewählte Stelle auf der Lichtung um die Hütte herum, in Sichtweite vom Haus. Der Unbekannte war nicht mehr dort.

Angespannt suchte Polly mit den Augen den Waldrand ab und drückte dabei unbewusst das Junge an sich. Dieses versuchte gar nicht erst, sich aus ihrem Klammergriff zu lösen, sondern streckte nur die Beine in alle Richtungen aus. Die beiden waren ein kleines, weißblondes Mädchen und sein Kuscheltier. Man konnte sie eindeutig nicht ernst nehmen. Das war genauso wie damals, als Polly uns ganz aufgeregt verkündete, sie könne das Wetter beeinflussen. Nur, dass es seitdem anscheinend nie funktionierte, wenn jemand dabei war. Oder wenn sie es sonst irgendwie versuchte.

Da Dachs und Nolan sich ebenfalls umsahen, um den Gesuchten ausfindig zu machen, hielt ich es für unnötig, mich auch noch zu bemühen jemanden zu suchen, der vielleicht nur eine weitere Einbildung der überheblichen Polly war.

Ich wandte mich wieder der Hütte zu, auf deren Veranda gerade unser neuestes Rudelmitglied Arwid stand und die Hände schützend über seinen Kopf hielt, um nicht den brennenden Balken ab zubekommen, der sich oberhalb der Tür befunden hatte und nun damit drohte, auf ihn herabzustürzen.

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