"Nach links?", fragte die Blonde verwirrt.
"Nein, Carrie, wo wirst du jetzt wohnen, leben?"
"Ich werde schon einen schönen Platz finden". Sie zog einen Mundwinkel hoch, ihre Augen lächelten jedoch nicht. "Bis Morgen!" Carrie ging links um die Ecke und lief die Straße entlang.
Louis folgte ihr wieder. "Carrie, übernachte wenigstens eine Nacht bei mir. Du kannst doch nicht einfach hier herumirren".
"Das ist ein total nettes Angebot, aber ich kann es nicht annehmen. Sie sind immer noch mein Lehrer", wehrte sie ab.
"Carrie, bitte, nur eine Nacht!", flehte er schon fast und sah sie verzweifelt an.
Plötzlich blieb Carrie stehen. "Warum machen Sie sich Sorgen?! Ich bin erwachsen! Ich kann auf mich selbst aufpassen!"
"Weil du dennoch einer meiner Mitmenschen bist und dazu noch eine meiner Schülerinnen bist. Vergewaltiger sind überall. Man Carrie, das Leben ist nunmal nicht so einfach, aber kein Wunder, wenn du dir nicht helfen lässt".
"Woher weiß ich bitte, dass Sie kein Vergewaltiger sind?"
"Gut, dich kann man echt nicht mehr zur Vernunft bringen". Er seufzte leise.
Carrie nickte zustimmend und drehte sich um. Sie lief lange und wusste nicht genau, wohin. Sie wollte einfach weg, sodass Louis und ihr Vater sie nie mehr fanden.
Das ist doch die richtige Entscheidung, oder? Hätte ich mit meinem Lehrer gehen sollen? Das ist verboten! Nein, ich tue gerade das Richtige...
Schließlich kam das Mädchen an einer hohen Brücke an. Sie stellte ihren Rucksack ans Geländer und sich daneben. Eine Weile beobachtete sie die Menschen, die an ihr vorbeizogen. Ein Mann stach besonders aus der Menge heraus. Er war ungefähr in Carries Alter, sehr hübsch gekleidet und mit einem makellosen Lächeln.
Er sprach sie lächelnd an: "Hey! Entschuldigung...darf ich Sie etwas fragen?" Der junge Mann sah in die Ferne."Okay, aber fassen Sie sich kurz!" Carrie blieb monoton.
"Wissen Sie, wo die Schützenstraße ist?"
"Sie gehen die Straße entlang, biegen einmal rechts ab und bei der nächsten Kreuzung müssen Sie nach links".
"Könnten Sie mir die Straße bitte zeigen?", fehlte er leise.
Carrie seufzte. "Meinetwegen" Sie warf sich ihren Rucksack über die Schulter und lief voraus.
Unsicher lächelnd folgte der Fremde ihr. "Wie ist eigentlich Ihr Name?"
"Carrie, und Ihrer?", fragte sie aus Reflex, obwohl es ihr eigentlich ziemlich egal war.
"Mein Name ist Yaw. Du kannst mich ruhig duzen!" Er lächelte leicht.
"Könnte ich, wenn ich wollte!", gab sie zurück und blieb an einem Straßenschild mit der Aufschrift 'Schützenstraße' stehen.
"Vielen Dank nochmal! Darf ich dich auf einen Kaffee oder einen Tee einladen?"
"Nein, danke!", schoss Carrie zurück, drehte sich um und lief so schnell wie möglich zurück zur Brücke. Es wurde langsam dunkel und sie brauchte dringend einen warmen Ort zum Schlafen.
Als sie an der Brücke ankam, blieb sie starr stehen. Herr Tonlinson stand am Geländer und sah gedankenlos auf den Boden. Seine Haare waren verstrubbelt, was ihn noch heißer aussehen ließ, als er eh schon war. Carrie biss sich auf die Unterlippe.
Shit! Er sieht so verdammt gut aus. Huuuh, zeig es nicht, Carrie. Du darfst keine Gefühle für deinen Lehrer bekommen!
Also stellte sie sich mit ihrer eiskalten Miene neben ihn. Sie zeigte keine Gefühle. Gar nichts.
Louis drehte seinen Kopf zu ihr und seine Augen wurden vor Erleichterung groß. "Carrie!"
"Ja, genau", stimmte Carrie neutral zu und sah die Brücke hinab auf das tosende Wasser.
"Ich hab mir Sorgen gemacht!", murmelte er leise, so leise, dass Carrie ihn nicht hörte.
"Glauben Sie, wenn man hier runterspringen würde, würde man sterben?", fragte sie nachdenklich.
"Nein, denn es gibt immer jemanden, der dich halten wird!"
"Und wenn niemand da ist? Wenn man hier nachts alleine ist und springt, würde man dann sterben?"
"Nein...", flüsterte er leise und drehte sich zu ihr. "Es ist schon dunkel draußen..."
"Würden Sie mich springen lassen?" Carrie spielte mit dem Gedanken, sich über das Geländer zu werfen. Mit ihrem Leben, wäre auch all ihr Leid zuende.
"Niemals!", hauchte Louis lautlos in die Nacht und nahm vorsichtig ihre Hand. "Ich kann dich einfach nicht hier lassen".
Carries Hand fühlte sich plötzlich warm an, als Louis sie berührte, also zog sie sie weg. Nicht, dass sie noch irgendetwas Unüberlegtes tat. "Heute Nacht lassen Sie mich hier und wenn das nicht klappen sollte, sage ich Ihnen morgen in der Schule Bescheid und dann sehen wir weiter. Okay?"
"Carrie, bitte...", murmelte er ernst und sanft zugleich.
"Vertrauen Sie mir nicht?"
"Ich vertraue den anderen Menschen nicht!"
Carrie dachte nach. Er würde bestimmt nicht aufgeben. Außerdem, was war denn ihr Plan B? Den gab es nicht. "Okay, aber nur heute und morgen lassen Sie mich in Frieden".
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I ❤ my teacher
Teen FictionCarrie war Schülerin einer Universität. Ihre Depression ließ sie schüchtern und verletzlich wirken. Normalerweise verhielt sie sich ruhig und blieb eher im Hintergrund, doch an diesem Tag bekam die Klasse einen neuen Lehrer, einen Referendar, und al...