Changing Directions

Das, in dem er heim kommt

Zwischen den Stühlen stand auch Liam. Sein Blick war aus dem Fenster der Maschine gerichtet. Die Erde lag tausende Meter unter ihm, wobei es nicht einmal die Erde war, sondern der Atlantik. Würde sein Flugzeug jetzt abstürzen, wäre es möglich, dass er der Titanic Hallo sagen könnte.

Er lehnte sich zurück und betrachtete die Weiten des Himmels, durch den er flog. In seinem Kopf drehten sich seine Gedanken. Vor ihm lag der Vertrag, den er eingescannt und einem Anwalt geschickt hatte um ihn zu durchleuchten. Auch Cheryl hatte er eine Kopie zukommen lassen, allerdings war er sich nicht sicher, ob sie diesen überhaupt gelesen hatte. Die Antwort - und die fiel positiv aus - kam schnell. Viel zu schnell.

Ein Seufzen glitt über seine Lippen und er schloss langsam die Augen. Der Vertrag mochte gut klingen, aber doch hatte er ein ungutes Gefühl im Bauch. Es fühlte sich nicht richtig an. Irgendetwas passte ihm nicht. Zwar konnte er nicht genau benennen was es war, aber es nagte an ihm. Er griff nach seinem Handy und ließ es zwischen seinen Fingern kreisen, wobei er es immer wieder mit den Ecken auf den kleinen Tisch vor ihm aufkommen ließ. Tock. Tock. Tock. Ein Geräusch, was nervtötend war, ihm aber doch beim Nachdenken half.

Er stieß die Luft aus und öffnete seine Augen wieder. Sein Blick huschte nach draußen über das endlose Blau. In einigen Stunden würde er landen. Er würde Cheryl wieder sehen und endlich erfahren, was sie ihm unbedingt mitteilen will. Noch etwas, was ihm ein ungutes Gefühl im Magen bereitete.

Langsam rutschte er tiefer in den Sitz, zog seine Kopfhörer aus seiner Tasche und stöpselte sie in sein Handy ein. Wenige Sekunden später dröhnte Musik in seinen Kopf und vertrieb die Gedanken. Allerdings half auch das nicht lange, weshalb er wieder sein Handy öffnete und durch seine Apps scrollte. An einer blieb er hängen, öffnete sie und ließ sich von einer Stimme forttragen.

Vor gut einem halben Jahr hatte er an einem Nachmittag das Buch in die Hand gedrückt bekommen, welches ihm nun vorgelesen wurde. Er hatte mit Jules gemeinsam das Regal umgeräumt. Mit einem Lächeln dachte er an diesen Nachmittag zurück. Die Stimme in seinem Ohr wurde Nebensache, denn die Bilder von jenem Nachmittag waren so real, dass er irgendwann glaubte tatsächlich wieder mit ihr im Wohnzimmer zu sitzen. Sie sortierten ihre Bücher und sie schimpfte über ihn, wenn er ihre geliebten Bücher nicht ordnungsgemäß behandelte.

Mit einem Lächeln auf den Lippen glitt er in einen ruhigen Schlaf, der ihn die folgenden Stunden vergessen ließ. Erst als jemand sanft an seiner Schulter rüttelte, wachte er auf. Er blinzelte und sah direkt in die blauen Augen einer Flugbegleiterin, die ihn sanft anlächelte. Irritiert fummelte er seine Kopfhörer aus dem Ohr.

„Mr Payne... wir befinden uns jeden Moment im Landeanflug. Sie sollten sich besser anschnallen."

Es brauchte einige Sekunden bis die Botschaft bei ihm angekommen war. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er die letzten Stunden seines Fluges verschlafen hatte. Er streckte sich ein wenig und blickte aus dem Fenster. Es war dunkel geworden. Er stieß leicht die Luft aus und rieb sich die Augen. Eine blecherne Stimme verkündete, dass sie sich nun bald in den Senkflug begeben würden und die Gurte angelegt werden sollten. Nur widerwillig ging er der Aufforderung nach, was als nächstes folgte war das übliche Prozedere. Das Flugzeug näherte sich dem Boden, setzte auf, man applaudierte dem Piloten, ehe man sich abschnallte, seine Taschen packte und darauf wartete endlich wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.

Liam schulterte seine Tasche, verließ das Flugzeug als einer der letzten Passagiere. Eine Sonnenbrille, die verhindern sollte, dass man ihn auf den ersten Blick erkannte und ein Hoodie, den er sich tief ins Gesicht gezogen hatte, sollten verhindern, dass sein Weg durch den Flughafen zu einem Spießrutenlaufen werden sollte.