Das, in dem sie abhaut

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Skeptisch betrachtete Jules sich im Spiegel. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum und wusste nicht, ob sie so vor die Tür treten konnte oder nicht. Ihre Hände fuhren über ihre Hüfte, die in ihren Augen viel zu breit war. Der Rock war zu knapp und das Oberteil gab mehr frei als es verbergen sollte. Die Haare hatte sie zu Dutt gebunden und alles in allem gefiel sie sich überhaupt nicht.

Ein langes Seufzen glitt über ihre Lippen und sie hob ihre Hände um den Dutt zu lösen. Ihre Haare fielen ihr nun in sanften Wellen über die Schultern. Mit den Fingern fuhr sie sich durch die Strähnen und löste kleine Knötchen. Danach öffnete sie den Reißverschluss des Rockes und ließ ihn zu Boden rutschen. Das Top zog sie sich über den Kopf und warf es auf ihr Bett. In Unterwäsche trat sie an ihren Schrank und zog sich ihre Lieblingsjeans und ein weites T-Shirt heraus, in das sie hinein schlüpfte. Die Haare strich sie sich über ihre Schulter und betrachtete sich abermals im Spiegel. So gefiel sie sich weitaus besser.

Die Tür zu ihrem Zimmer flog auf und hereintänzelte Eve. Sie trug ein knappes Paillettenkleid. Ihre Füße steckten in hohen Schuhen, in denen Jules keinen Schritt hätte machen können. „Bist du fe- Wieso hast du dich wieder umgezogen?" Empörung schwang in ihrer Stimme mit. Jules zuckte mit den Schultern. „Da war ein Fleck auf dem Top", behauptete sie und schlüpfte in ihre ausgelatschten Chucks, die ihr Outfit abrundeten.

„Ich hab bestimmt noch ein anderes", bot Eve an und stöckelte bereits wieder zur Tür, als Jules sie aufhielt. „Lass es", meinte sie seufzend. „Ich geh so."

„Bist du dir sicher?" Noch immer lag Skepsis in ihrem Blick. Statt einer Antwort, wandte sie sich um und fuhr sich durch das Haar. „Ja." Es war alles was sie sagte und sie würde sich gewiss nicht mehr umziehen.

„Der Rock stand dir echt gut. Schade. Vielleicht beim nächsten Mal." Wenn es ein nächstes Mal geben würde, schoss es ihr durch den Kopf. Damit stöckelte Eve wieder aus dem Zimmer und fummelte an ihren Haaren herum. Jules sah ihr nach, presste die Lippen aufeinander und bezweifelte, dass es ein nächstes Mal geben würde. Schon jetzt war ihr die Lust vergangen und es wurde auch nicht besser als sie die Wohnung verließ.

Eve war guter Dinge und plauderte fröhlich drauf los. Sie erzählte Jules von den Gästen, die erwartet wurden, was sie beim letzten Mal erlebt und wie sie Ben ebenfalls auf einer Party kennen gelernt hatte. Der Gedanke, dass Jules endlich in feste Hände gegeben werden musste, hatte ihre Mitbewohnerin nicht aufgegeben, sehr zu ihrem Leidwesen.

Schon als sie vor dem Gebäude standen, in dem die Party stattfand - einem alten Flachbau, in dem sie sich sonst die Geologen tummelten -, konnten sie die Musik dröhnen hören. Kurz flackerten die Erinnerungen an ihre letzte Hausparty durch ihren Kopf. Damals war sie mit Andy unterwegs gewesen und sie hatten Liam aufgelesen, den sie heimgebracht hatten.

Seitdem war sie feiern gewesen, aber es war nicht mit dem vergleichbar gewesen. Clubs und Diskotheken gaben Anlass zum Tanzen, Privatpartys - so hatte sie den Eindruck - waren zum Trinken da und auf genau so eine wurde sie jetzt geschleppt.

„Na komm schon! Die Party findet drinnen statt." Eve legte ihre flache Hand auf den Rücken von Jules und schob sie voran in das Gebäude. Sie folgten einem langen Flur, in dem sie schon einigen Partygästen über den Weg liefen, die raus wollten um zu Rauchen oder zu telefonieren - vielleicht auch anderes, aber das wollte Jules sich nicht ausmalen. Der Flur fand sein Ende und durch eine große Flügeltür gelangten sie in eine Art Halle, die sich weitläufig öffnete. Das Licht war gedämmt und so lag der gesamte Raum in einem Halbdunkeln. Man konnte kaum sein Gegenüber erkennen, geschweige denn wie groß der Raum war. Musik dröhnte aus Boxen, deren Standpunkt Jules nicht ausmachen konnte, gefühlt stand sie aber immer neben einer. In der Luft lag der Geruch von Schweiß und Alkohol. Der Boden klebte unter ihren Schuhen.

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