Das, in dem es noch nicht für ein Für-immer reicht

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Was sie jedoch alle an diesem Abend mehrmals betont hatten, war die Tatsache, dass sie bald wieder als Band auf der Bühne stehen würden. Mit dieser Tatsache im Hinterkopf verließ Louis Tomlinson den Club, in den er seine Freunde eingeladen hatte, nachdem diese ihn bei seinem Auftritt überrascht hatten. Sie zu sehen hatte ihm unglaublich viel Kraft gegeben.

Nun aber wurde es ihm zu viel. Er brauchte Ruhe um die Ereignisse des Tages zu verarbeiten. Auf der Bühne zu stehen und damit den Wunsch seiner verstorbenen Mutter zu erfüllen hatte ihm sehr viel Kraft gekostet. Er musste sich so sehr zusammenreißen. Nun war er müde, ausgelaugt und erschöpft.

Danielle war längst ins Hotel gefahren um sich schlafen zu legen. Sie hatte mehrfach versucht ihn zu überreden sie zu begleiten. Aber er wollte nicht. Zum einen, weil er seine Brüder noch nicht gehen lassen konnte, denn wer wusste, wann sie sich das nächste Mal sahen? Zum anderen, weil er noch etwas vorhatte, bei dem er Danielle nicht gebrauchen konnte.

So verließ er kurz nach Mitternacht den Club und streifte durch die verlassenen Seitengassen. Mit den Händen in den Hosentaschen, schlich er sich hinunter in die U-Bahn, zog sich die Kapuze seines Hoodies über den Kopf um nicht erkannt zu werden. Den Kopf hielt er stets gesenkt und er vermied den direkten Augenkontakt, während er auf die nächste Bahn wartete, die ihn nach Notting Hill brachte.

Er wusste, dass er es eigentlich nicht tun und einen großen Bogen um das Viertel machen sollte. Aber ein innerer Drang zog ihn dorthin. Er musste sie einfach sehen und sich vergewissern, dass es ihr gut ging.

Leise seufzte er und senkte den Kopf. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare und schloss die Augen.

Es war Zufall gewesen. Purer Zufall, dass sie ihm über den Weg gelaufen war. Sie waren beide zur gleichen Zeit auf einem Festival gewesen. Er war spontan eingeladen worden. Sie war mit Freunden da.

Zuerst hatte er gedacht, dass er eine Fata Morgana sehen würde, als er sie zwischen all den Leuten tanzen sah. Er hatte zweimal hinsehen müssen bis er sich sicher war, dass sie es war. Einem Drang folgend, war er zu ihr gelaufen und er hatte nicht gewusst, was er sagen sollte als er schließlich vor ihr stand. Schweigend hatte er sie angesehen und sie hatte den Blick erwidert. Wenn sie über sein Erscheinen verwundert gewesen war, dann hatte sie es sich nicht anmerken lassen, stattdessen hatte sie gelacht, seine Hände ergriffen und ihn zum Tanzen bewegen. Den Rest der Nacht hatte er in einer Blase verbracht. Die Musik war nur noch dumpf in seiner Erinnerung vorhanden und auch die Umgebung verschwand. Einzig ihre Erscheinung hatte sich klar in seine Erinnerung eingebrannt. Wie sie getanzt hatte. Wie sorglos ihr Lachen geklungen hatte. Ihre Haare, die durch die Luft flogen, wenn sie sich bewegt hatte. Ihre Hand, die sich irgendwann in seine geschoben hatte und das Versprechen in ihren Augen, dass alles gut werden würde.

Am nächsten Morgen war er neben ihr wach geworden und er hatte nicht gewusst, wie er ins Bett gekommen war. Ihr war es unangenehm gewesen, wusste sie doch, dass er bereits eine neue Freundin hatte. Der Abschied war steif gewesen und dennoch hatte sie ihm ihre Telefonnummer gegeben mit den Worten: „Für den richtigen Augenblick."

Dieser Augenblick kam vor sechs Wochen, nachdem er mit seiner Mutter gesprochen hatte. Er brauchte jemanden zum Reden und sie war da.

Eleanor war immer da gewesen und auch jetzt war sie ihm eine wichtige Stütze. Er konnte einfach nicht auf sie verzichten. Sie war das Licht und er eine Fliege, die vom Licht angezogen wurde.

Die Bahn hielt. Er stieg aus und rannte die Stufen hoch auf die Straße. Von hier aus waren es noch ein paar Gehminuten, ehe er vor ihrem Wohnhaus stand. Louis spähte an der Fassade hoch. Hinter einigen Fenstern brannte noch Licht. Tief atmete er durch und sprang die wenigen Stufen zur Haustür hinauf. Er betätigte die Klingel und hoffte, dass sie noch wach war.

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