• Kapitel 1 •

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8 Jahre später:


Insel Rakin/ Neue Welt

Lenne's PoV

Die frühen Sonnenstrahlen schienen durch meine schneeweißen Vorhänge. Verschlafen drehte ich mich auf die andere Seite, doch ich konnte nicht wieder einschlafen. Ich streckte mich noch ausgiebig und stieg dann aus meinem kuschlig warmen Bett. Es würde wohl ein Tag wie jeder andere werden, aber in zwei Tagen ist mein Geburtstag, den ich mit meiner Nachbarin und einer Freundin von der Arbeit verbringe.

Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, zog ich mir ein kurzes Sommerkleid an und verließ das Haus. Einige Dorfbewohner waren schon auf den Beinen und kauften auf dem Markt frische Lebensmittel ein. "Guten Morgen, Lenne". Ich sah zur Seite, wo meine Nachbarin stand und mir einen freundlichen Blick zu warf. "Ihnen auch einen Guten Morgen", erwiderte ich ihren Gruß. Gerade in dem Moment kam eine Zeitungsmöve angeflogen. "Vielen Dank", rief ich ihr nach.

"Musst du heute wieder arbeiten, Liebes?" Arbeit! Daran wollte ich gar nicht denken. Es war so ein herrlicher Tag und deshalb hielt sich meine Euphorie in Grenzen. Aber irgendwie musste ich ja mein kleines Häuschen finanzieren. In dem steckten so viele Erinnerungen und auf keinen Fall wollte ich es aufgeben. Als allein lebender Single hätte ich in der Großstadt vermutlich bessere Chancen, aber mein Leben hier war mir ganz recht, schließlich bin ich hier aufgewachsen. "Ja", antwortete ich ihr. Mein Gesichtsausdruck verfinsterte sich.

Wenn Kaito doch nur hier wäre... Vier Jahre ist es inzwischen schon her. An diesem Tag ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Ich ging mit Kaito am Strand spazieren, als plötzlich wie aus dem Nichts ein Schiff auftauchte. Ein paar Männer sprangen von Bord, packten uns und hielten uns fest. Einer von ihnen zerrte Kaito auf ihr Schiff und ich konnte nur mit Tränen in den Augen zusehen. Ich konnte nicht schreien, nicht kämpfen und ihm nichts mehr sagen. Kaito wollte mir das selbe erspraren. Er hatte sich für mich geopfert, indem er ihnen einen Deal vorgeschlagen hatte und so konnte ich dank seiner Hilfe knapp entkommen. Ich hasste mich dafür, dass ich ihm nicht geholfen habe. Er war mein bester Freund und wir waren sogar ein bisschen verliebt. Bis heute weiß ich weder wer diese Männer waren, noch was mit Kaito geschehen war. Aber ich wollte und konnte die Hoffnung nicht aufgeben, dass er noch am Leben war. Er war irgendwo da draußen, ganz sicher.

"Stimmt etwas nicht?", fragte die ältere Frau besorgt. Sie musste wohl meinen Blick bemerkt haben. "Nein, Nein alles gut", antwortete ich hastig. Mit der Zeitung in der Hand, ging ich wieder in mein Haus. Ich wollte mich, bevor ich los musste, noch etwas entspannen, also setzte mich an meinen kleinen Küchentisch und schlug ruhig die Zeitung auf. Neugierig las ich mir jeden Artikel durch, auch in der Hoffnung, dass vielleicht etwas über Kaito drin stehen könnte.

Selbst wenn es keine guten Aussichten wären, gar nicht zu wissen, wo er war und wie es ihm ging, war unerträglich. Am liebsten würde ich mit einem Boot aufs Meer hinaus fahren und ihn suchen. Der plötzliche dumpfe Klang der großen Glocke, die inmitten unseres Dorfes stand, riss mich aus meinen Gedanken. Warum wurde sie geläutet? Ist etwas passiert? Sie wurde doch nur im absoluten Notfall geläutet und das kam noch nicht vor, außer zu Übungszwecken.

"Ihr müsst alle fliehen!!! Eine Menge Marineschiffe sind hierher unterwegs. Das ist ein Buster Call!!" Meine Augen weiteten sich geschockt. Aber warum? Sie wollen wirklich Rakin und all seine Bewohner auslöschen? Ängstlich rannte ich zum Haus meiner Nachbarin und klopfte laut an der Tür, diese wurde nur wenig später geöffnet. Die alte Frau sah ebenso entsetzt aus wie ich. "Du musst dich beeilen, Lenne. Verlasse sofort die Insel", rief sie mit lauter, krächzender Stimme. "Aber was ist mit Ihnen...?"

Sie legte ihre zitternden Hände auf meine Schultern und meinte: "Mach dir keine Sorgen um mich, Kleines. Ich weiß genau, was ich tue. Jetzt beeil dich". Ich wollte ihr erneut widersprechen, jedoch wusste ich, dass das wohl nichts bringen würde. Ich zögerte noch ein paar Sekunden, dann biss ich die Zähne zusammen und rannte mit Tränen in den Augen los. Die Leute fingen zu schreien an, als man einen Kanonenschuss hören konnte. Ich musste schnell das Ufer erreichen, dort waren viele kleine Boote, mit denen ich die Insel verlassen könnte.

Um mich herum liefen die Menschen wild durcheinander, Kinder, alte Menschen, Frauen mit Babys auf den Armen und Männer, die ihre Familien zu retten versuchten. Es war ein schrecklicher Anblick, von dem ich wünschte, er wäre nur ein böser Traum, doch dann hörten wir den nächsten Kanonenschuss. Rennen! Im Moment konnte ich nichts anderes machen, als zu rennen.

Von Hindernisse wie Ästen und Dornen ließ ich mich nicht aufhalten, auch wenn sie mir die Haut zerkratzten und ich die Zähne zusammen beißen musste. Ich war schon längst außer Atem, doch ich wollte keine Pause einlegen, hier ging es schlißlich um mein Leben.

Außer Atem erreichte ich endlich das Ufer. Hoffentlich konnten die anderen Bewohner auch entkommen. An einer Versteckten Stelle fand ich ein kleines Ruderboot. Ich machte es los, setzte mich hinein und wenig später war ein weiterer Kanonenschuss zu hören. Über den Baumwipfeln konnte man schon schwarzen Rauch erkennen.

So schnell ich konnte, ruderte ich los, musste dabei aber immer wieder auf die brennende Insel zurück blicken.
Warum tat die Weltregierung uns so etwas an? Erst die Sache mit Kaito und jetzt ein Buster Call. Ohne Plan und ohne Ziel ruderte ich einfach weiter, irgendwann musste ich ja wohl eine andere Insel erreichen.
Eine Stunde war ich nun schon unterwegs und mein Magen knurrte, es war kaum auszuhalten.

Ich sah nur noch das Meer, die Wellen und den Himmel. Ich hatte keine Ahnung in welche Richtung ich überhaupt ruderte, schließlich hatte ich Rakin vorher noch nie verlassen und von Navigation hatte ich auch kaum eine Ahnung.

"Nun ist es soweit, Kaito. Ich habe Rakin verlassen und werde zu einer anderen Insel reisen", sagte ich zu mir selbst und bemerkte erst nicht, dass mir Tränen in die Augen traten. Meine Arme schmerzten schon. Weitere endlose Minuten verstrichen und als ich schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, heute noch Land zu erreichen, entdeckte ich in nicht allzu weiter Entfernung eine Insel. Endlich, endlich hatte ich es geschafft. Ich legte mit meinem kleinen Boot an einem Sandstrand an und ließ mich zu allererst in den weißen Sand fallen.

Der Strand war menschenleer, nur dahinter sah man die Lichter einer Stadt, die nach und nach angingen. Keuchend lag ich im weißen Sand, mein Kopf war voller Gedanken, die ich im Moment noch nicht ordnen konnte. Die Anspannung war noch immer zu groß, auch wenn mir langsam klar wurde, dass ich es geschafft hatte, dem Buster Call zu entkommen.

Silver Strike (One Piece)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt