#14

829 78 13
                                    

Jin

Zu gut wie möglich versuchte ich die beiden Turteltauben zu ignorieren, als ich mit Sumi und Hobi Richtung Ausgang lief. Sumi hatte heute keine Vorlesung, musste aber irgendetwas abgegeben oder so, weshalb sie jetzt schon wieder die Uni verließ. Doch ehrlich gesagt hörte ich ihnen nur mit einem Ohr zu - meine Gedanken hingen schon wieder bei Namjoon und Eun-Mi.

Ahh~ Ich würde mir heute irgendwie Ablenkung verschaffen. Ich musste mich einfach irgendwie ablenken. Und Alkohol würde mir dabei bestimmt sehr behilflich sein, doch seitdem ich betrunken mit Namjoon geschlafen hatte, würde ich vermutlich etwas vorsichtiger damit umgehen. Zwar hatte ich mir das für Taes Party auch vorgenommen und nicht eingehalten, aber diesmal musste ich mich zurückhalten.

Wer weiß, wer dann am nächsten Tag in meinem Bett, beziehungsweise in wessen Bett ich liegen würde? Oh Gott, das wollte ich mir gleich gar nicht vorstellen. Ja, ich hatte schon mit ein paar Leuten geschlafen. Aber da war ich noch ziemlich bei Sinnen und wusste, was ich tat.

Wir drei verabschiedeten uns auf dem Parkplatz. Hobi und Sumi gingen händchenhaltend zu einem roten Auto, während ich zu meinem Range Rover ging. Ich liebte meine Karre, ehrlich. Als ich es bekam, hätte ich vor Freude heulen können. Ok, ich hatte wirklich vor Freude geweint. Aber das ging doch niemanden etwas an~

Lächelnd drehte ich mich ein letztes Mal zu dem Pärchen um, bevor ich letztendlich in mein Auto stieg. Mit Vorfreude auf mein Bett, einer großen Tasse Tee und einem Kühlakku auf meinem Kopf fuhr ich von dem großen Parkplatz wieder zu mir nach Hause. Wenigstens musste ich meinen Eltern, die sehr wahrscheinlich verwundert über mein plötzliches Aufkreuzen, während ich eigentlich Vorlesungen hatte, nicht begegnen.

Da ich wie meistens meinen Schlüssel vergessen hatte, musste ich klingeln. Zum Glück hatten wir Hausangestellte, die mir ohne Probleme öffnen konnte.

Nachdem ich fast ein paar Minuten vor unserer Eingangstüre stand und schon des öfteren geklingelt hatte, wurde ich von einem Hausmädchen hereingelassen. Sie, an den Namen erinnerte ich mich nicht, öffnete mir mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck die Tür. Da ich langsam ziemlich entnervt war, ging ich ohne ein weiteres Wort nach oben zu den Schlafzimmern. An dem Zimmer meiner Eltern hielt ich inne- waren das nicht Geräusche? Ich dachte, die beiden hätten zu tun?

So neugierig wie ich war, blieb ich vor der noch geschlossenen Tür stehen. Wie von selbst legte sich meine Hand an die Klinke und drückte sie herunter- Himmel, hätte ich das nur bloß nicht gemacht. Die Tür schwang auf und eine fremde Frau stand vor mir. Verdattert sah ich sie an, genauso wie sie mich.

"Du musst wohl Jin sein?", nervös lächelnd verbeugte sie sich leicht, was sie in ihrem momentanen Outfit nicht hätte machen sollen. Nur Unterwäsche und Verbeugen; keine gute Mischung. Reflexartig wies ich sie zurecht, dass es Seokjin hieß. Nur meine Freunde nannten mich Jin, und das war sie offensichtlich nicht einmal im entferntesten. Mit verschränkten Armen, die Frau vor mir ignorierte ich fürs erste, wandte ich mich an meinen Vater, der mich erschrocken ansah.

"Weiß Eomma davon?" "Jin, ich kann das erklären-" "Ich warte unten auf dich." Mit diesen Worten drehte ich mich auf der Stelle um und knallte die Tür hinter mir zu. Die Gedanken schossen mir nur so durch meinen Kopf; und die Auswirkungen des Schlages von Namjoon meldeten sich schmerzhaft. Mein Appa betrog meine Mutter? Aber warum? Seit wann? Ich dachte, meine Eltern wären immer glücklich gewesen. Auf einmal stellte ich unsere Familie in Frage; war es immer nur gespielt, wenn sie zusammen lachten? Waren Sie eigentlich schon seit langem getrennt?

Mit verschränkten Armen und abwartenden Blick empfing ich meinen Vater im Wohnzimmer. Er setzte sich auf das Sofa gegenüber von mir und sah mich schweigsam an, bis ich ihn auffordernd anblickte. Sogar ein Blinder könnte erkennen, dass es ihm extrem unangenehm war, seinem Sohn zu erklären, wieso er fremdging. Das war mir ehrlich gesagt ziemlich egal- ich wollte Antworten. Und zwar sofort.

"Jin, du musst wissen, dass ich deine Mutter liebe, irgendwie. Aber nach bald 30 Jahren Ehe ist das Feuer zwischen uns einfach verschwunden. Und mit Hyuna fühle ich mich wieder jung...", er unterbrach sich selbst mit einem tiefen Seufzen, "und deine Mutter ahnt etwas, weiß es aber nicht genau. Deshalb würde ich dich bitten, ihr erst einmal nichts zu sagen... Das mache ich selbst, einverstanden? Und bitte, versuch wenisgtens ein bisschen mich zu verstehen und hass mich nicht." Angespannt blickte er mich an. Nach seinem Monolog war es still, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Nur das Ticken der Uhr verriet, dass die Zeit nicht eingefroren war.

Ihn verstehen? Das könnte ich niemals. Fremdgehen war das schlimmste und abstoßenste was man in einer Ehe machen könnte- abgesehen von Gewalt- und so wurde ich auch aufgezogen. Meine ganze Kindheit wurde mir weißgemacht, dass ich, wenn ich groß war, die Frau meines Lebens finden würde und mit ihr auch den Rest meines Daseins verbringen würde. Und er selbst hielt sich nicht daran? Wie sollte er also von mir erwarten, Verständnis dafür aufzubringen? Und Eomma wusste es auch nichts?

"Du hast über das Wochenende Zeit, ihr es zu sagen. Sonst mache ich es", drohte ich meinem Vater und ging ohne auf eine Antwort zu warten nach oben in mein Zimmer. Dort angekommen schmiss ich mich in mein heiß geliebtes Bett und dachte über meine Familie nach. Nachdem Eomma das erfahren würde, würde sich vermutlich alles ändern. Was wurde aus der Firma? Würden wir weiter hier wohnen? Bei wem würde ich bleiben? Oder in eine eigene Wohnung? Würden Sie sich öffentlich trennen?

Zu viele Fragen für meinen eh schon schmerzenden Kopf. Der Schlag hatte gesessen- doch das Wissen, das mein Appa zu so etwas wie Fremdgehen ohne jegliche Schuldgefühle instande war, fühlte sich noch wie ein viel stärkerer Schlag an.

I hate you, I love you × NamjinWhere stories live. Discover now