#28 (LN)

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Jin

Am Dienstag saß ich bestimmt eine Ewigkeit in meinem Auto, bis ich mich dazu überreden konnte, endlich aufzusteigen, um nicht zu spät zu kommen. Vorsichtig verließ ich endlich das Auto und sah mich um, ob auch ja nicht Namjoon oder Eun-Mi in meiner Nähe waren. Sicher festgestellt, dass die Luft frei war, atmetete ich erleichtert auf und machte mich auf den Weg zu dem Gebäude.

Auf den Gängen ging es wie immer zu, weshalb ich mich sofort sicherer fühlte. Die Anonymität der Menge war schon etwas tolles, wenn man von gewissen Leuten unentdeckt bleiben wollte. Doch im Saal musste ich mich wohl oder übel ihm konfrontieren, aber er würde eh nicht auf mich achten. Hoffte ich mal.

Nervös schritt ich in den noch offenen Vorlesungssaal und hielt Ausschau nach Jimin, der in der vorletzten Reihe einen Platz für mich freigehalten hatte und mich dezent auffällig zu ihm winkte. Zum Glück konnte ich die gewisse Person, der ich aus dem Weg gehen wollte, in der dritten Reihe ausmachen. Deutlich entspannter wandte ich mich zu meinem besten Freund, der natürlich just in diesem Moment ganz laut meinen Namen rufen musste. Ein paar drehten sich zu ihm, so auch Namjoon und dann in meine Richtung. Mit rotem Gesicht hetzte ich zu ihm. "Sei doch nicht so laut", murmelte ich peinlich berührt und ließ mich auf den mir freigehaltenden Platz fallen. "Ja ja es tut mir ja leid", entschuldigte er sich, meinte es aber natürlich nicht wirklich so.

Namjoon hatte sich glücklicherweise seiner -blöden, nervigen- Freundin zugewandt. Man es war bescheuert, dass sie ein toller Mensch sein musste. Ja, nervig war sie, aber auch nur weil sie mit ihm in einer Beziehung war, und so gesehen etwas dafür können, tat sie ja auch nicht. Aber blöd keineswegs.
Meine verfluchte Eifersucht herunterschluckend richtete ich meinen Block und meinen Stift und sah von den beiden weg. "Wann kommt Yoongi wieder?" "Ach, erst nächste Woche, er musste noch ein bisschen bleiben", antwortete mir der Jüngere jammernd, er schien ihn echt zu vermissen, "aber wir schreiben immer." Ehe wir noch weiter darüber reden konnten, betrat unser Professor den Raum.

Anderthalb Stunden später, mein Rücken schmerzte schon und ich würde gleich wieder einschlafen, hatten wir beide zum Glück ein Pause, in der wir in das Café gleich neben unser Fakultät gingen. Und ratet mal, wer noch auf die Idee kam, hierher zu gehen? Mein aller liebstes Lieblingspärchen, Namjoon und Eun-Mi. Händchenhaltend saßen sie an einem Tisch in einer Ecke. Am liebsten hätte ich beiden vor die Füße gekotzt, so wie die beiden herumturtelten. "Können wir wo anders hingehen?", bat ich meinen besten Freund leise, damit die beiden uns nicht bemerken würden. "Nein, hier gibt es so guten Kakao", schlug er einfach meinen Vorschlag ab, setzte sich aber zum Glück an einen Tisch, der weit von dem anderen entfernt war. Seufzend gab ich nach und nahm gegenüber von ihm Platz. Jimin saß mit dem Rücken zu ihnen, also hatte ich perfekten Ausblick auf unser Traumpaar.

Wir hatten eine dreiviertel Stunde Zeit, die ich jetzt wohl in ständiger Aufregung irgendwie überstehen musste. Wieso sah er so gut aus? Wie er sich auf eine Hand abstützte und wegen irgendetwas, was Eun-Mi sagte, lächelte, was seine wunderbaren Grübchen hervorbrachte. Jimin drehte sich verwirrt um, um zum sehen, wen meine verträumten Blicke golten. "Hyung, du solltest ihn dir wirkich aus dem Kopf schlagen." "Denkst du, das weiß ich nicht?", seufzte ich und löste meinen Blick von Namjoon. "Was nimmst du?", fragte mich mein bester Freund. "Nur eine Nusschnecke und du?" "Kakao, was sonst?" Zusammen lachten wir, bis Jimin aufstand, um uns das zu holen. Zwanghaft konzentrierte ich mich auf mein Handy, um nicht wieder nach oben, direkt in sein Gesicht zu sehen. "Ach Seokjin, du auch hier?", hörte ich auf einmal die helle Stimme von Eun-Mi. Erschrocken sah ich doch nach oben, mit dem hatte ich gar nicht gerechnet.

"Ähm.. Ja?", erwiderte ich leise, ließ es aber irgendwie wie eine Frage klingen. Hinter den beiden, Namjoon sah nicht wirklich begeistert aus, konnte ich schon Jimin erkennen. Überfordert sah ich zu ihm, als er sich an ihnen vorbeiquetsche und das Tablett auf seinen Händen balanzierte. "Wir gehen dann mal wieder", verabschiedete sich Namjoon, ignorierte die Proteste seiner Freundin, und zog sie an ihrer Hand mit nach draußen. Jimin sah mich mit einem Was-zur-Hölle-war-das-Blick an, da wir mit Eun-Mi nie wirklich zu tun hatten. Schulterzuckend machte ich mich über mein Essen her, das hatte schließlich gerade eindeutig Priorität.

Gekonnt ließen wir das Thema in Ruhe und redeten über lauter belangloses Zeug, wie normale beste Freunde eben. Genau dafür mochte ich Jimin; er lenkte wunderbar ab. Und genau das brauchte ich: Ablenkung. Sonst würde ich mich am Ende nur wieder in mein Zimmer einsperren und den Rest der Woche nicht mehr aus meinem Zimmer kommen.

I hate you, I love you × NamjinWhere stories live. Discover now