Kapitel 32

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Leyla fand etwas Müsli und Milch, das sie sich zubereitete und ließ sich auf einen Stuhl sinken, um in Ruhe essen zu können. Die anderen Männer waren bereits unterwegs, um Firat abzufangen und Vlad und die Männer, die hier blieben, schienen noch zu schlafen. Sie sah aus dem kleinen Fenster, das dieser Raum besaß. Der Himmel wurde immer heller, allerdings in dem für Hamburg typischen grau. Still aß sie ihr Müsli und hing ihren Gedanken nach. Plötzlich schrak sie hoch. ,,Mama", flüsterte sie. Lange hatte sie nicht mehr an ihre Familie gedacht. Es waren diese kleinen stillen Momente, in denen solche Gedanken sich ihren Platz suchen. 'Warum hast du mich alleine gelassen? Ihr alle? Warum habt ihr mich nicht gesucht? Wo wart ihr, als ich euch so dringend brauchte?' Eine kleine Träne lief über ihre Wange und ihre Lippe zitterte gefährlich. Von der eiskalten Frau war plötzlich nicht mehr viel übrig. Sie schüttelte schnell mit dem Kopf, wischte sich die Träne weg und sah sich nach jemandem um, der sie gesehen haben könnte, entdeckte aber niemanden. 'Ich muss hier weg. Dringend', dachte sie sich, während sie ihre Schale wegräumte und sich auf die Suche nach den anderen machte.

Dass Leylas Eltern sie wie verrückt gesucht hatten, konnte sie nicht ahnen. Sie hatten alles versucht, von Polizei über Privatermittler bis hin zu Aufrufen im Internet. Gemeinsam mit Irinas Eltern hatten sie die Hoffnung nie aufgegeben. Jedenfalls bis zu dem Tag, an dem Irinas Leiche gefunden wurde. Sie lag am Waldrand, genau an der Stelle, die der Passant Leyla damals genannt hatte. Firats Männer hatten sie dorthin zurück gebracht, nachdem sie sie gründlich gereinigt hatten, um ihre Spuren zu beseitigen. Für Irinas Eltern war an dem Fundtag eine Welt zusammengebrochen und auch Leylas Familie traf dieser Fund tief. Wie die Mädchen waren auch die Eltern eng befreundet. Dass man von Leyla noch immer nicht die kleinste Spur gefunden hatte, raubte ihren Eltern so langsam auch das letzte bisschen Hoffnung auf ein lebendiges Wiedersehen. Firat und seine Männer ahnten natürlich, dass die Eltern ihre Töchter suchen würden, weshalb es mehrere Männer gab, die diese weiterhin beobachteten und wieder andere, die sich mit dem Polizeifunk und deren Sicherheitsnetz auskannten und durch Fehlinformationen  und ähnliches einen Fund verhinderten. Die Razzia, die damals in dem Bordell stattgefunden hatte, war einem Loch in Firats Rängen zuzuschreiben gewesen, welches kurz darauf geschlossen wurde. Idris, der von allen nur 'der Friedenswächter' genannt wurde, hatte den Polizisten geholfen und diese Hilfe mit seinem Leben bezahlen müssen.

Leyla hatte Vlad, Akim und ein paar andere gefunden und wurde gerade auf den neuesten Stand gebracht. Firat und Nick waren nicht in dem Convoy gewesen, der Tunnel wurde ebenfalls nicht wie geplant gesprengt. Die Männer waren auf dem Rückweg zum Schiff. Leylas Plan von Freiheit und einem selbstbestimmten Leben drohte wieder einmal zu zerplatzen. ,,Hatten die Frauen schon Frühstück? Und reichen die Wasservorräte noch?", fragte sie nach einer Weile. ,,Hatten sie noch nicht, aber ich kann ihnen glei-", weiter kam Akim nicht. ,,Ich mache das, wo steht das Essen?", unterbrach Leyla ihn, ,,Und du kommst mit." Akim schluckte. ,,Du sagtest, du hast alles zugemacht, dann sollte doch alles in Ordnung sein, richtig?" Er nickte schnell, drückte ihr das Frühstück in die Hand und folgte ihr hastig. Es schien, als würde Leyla durch die Gänge fliegen, so schnell ging sie. An der Tür angelangt, stellte sie das Frühstück kurz ab, um sie richtig öffnen zu können. Der Riegel war zwar zugezogen, jedoch lag das Schloss auf dem Fußboden vor der Tür. Sie riss die Tür auf und blickte in einen leeren Raum. Die Frauen waren tatsächlich entwischt. Sie funkelte ihn wütend an, ehe Akim blitzschnell reagierte. ,,Ich sag den anderen Bescheid, ich biege das wieder gerade!" Damit verschwand er hastig in Richtig des Aufenthaltsraumes. Leyla sah sich hektisch im Raum um. 'Was machen wir jetzt? Wenn sie vom Schiff entkommen sind, was zum Teufel machen wir dann?' Sie wollte gerade nach ihrem Funkgerät greifen, um mehr Männer als Wache an Deck zu schicken, als ihr Handy klingelte. Auf dem Display leuchtete eine Nummer, die sie nicht kannte. "Ja?", fragte sie emotionslos. "Nick Tschiller hier, Firat ist raus. Ich hab ihn." Firat war also nicht verschwunden, er war bei Nick. Sie könnten ihn doch noch bekommen und das Vorhaben umsetzen. Ein wenig Erleichterung machte sich in ihr breit. Sie riss sich zusammen, da niemand diese Erleichterung merken sollte und meldete sich dann wieder zu Wort. ,,Du hast zwei Minuten, mir neuen Plan zu erklären." ,,Direkter Austausch gegen meine Frauen. Jetzt! Wenn ihr ihn am Stück haben wollt, rührt sie bloß nicht an." Leyla sah sich ein letztes Mal im Raum um, ehe sie ihm dies zusicherte. ,,Niemand rührt sie an. Bring ihn mir!" Sie legte auf und flitzte wieder durch die Gänge. Endlich griff sie nach ihrem Funkgerät, um die anderen zu informieren. "Nick hat Firat, er bringt ihn her. Findet die Frauen, schnell! Und wagt es ja nicht, ihnen irgendetwas anzutun, das wird euch leid tun!" Jeder der Männer hatte sie gehört und da sie von allen etwas gefürchtet wurde, trieben sie sich gegenseitig zu noch mehr Aufmerksamkeit an.
Yalcin, der sich bereits in aller Frühe auf das Schiff geschlichen hatte, hatte es geschafft, unbemerkt in den Maschinenraum zu gelangen und suchte dort nach den Frauen. Er hatte versucht, Nick Bescheid zu geben, ihn jedoch nicht erreichen können...

Es hat schon wieder soo ewig gedauert, ich kann mich wieder nur entschuldigen ☹ Die Schreibblockade war doch noch nicht ganz überwunden. Ich hoffe, es geht jetzt wieder besser, aber versprechen kann ich leider nichts 🙈 Schönes Wochenende euch 😘

Sie nannten mich EisprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt